Hohle Köpfe
konnte.*
* Kommandeur Mumm hingegen hielt es für angebracht, Verbrechern einen kur-
zen, ordentlichen Schreck zu versetzen, dessen Stärke davon abhing, wie fest sie an den Blitzableiter gebunden werden konnten.
»Ich habe etwas sehr Interessantes gefunden, das dich sehr interessie-
ren wird«, sagte Karotte nach einer Weile.
»Das ist interessant«, erwiderte Angua.
»Aber ich sage dir nicht, was ich meine, denn es sol eine Überraschung
sein«, fügte Karotte hinzu.
»Oh, gut.«
Eine Zeitlang gingen sie schweigend, dann fragte Angua: »Wird die
Überraschung ebenso groß sein wie die bei der Steinsammlung, die du
mir in der vergangenen Woche gezeigt hast?«
»Das war interessant, nicht wahr?« erwiderte Karotte begeistert. »Mindestens zehnmal bin ich durch diese Straße gegangen, ohne zu ahnen,
daß es dort ein Mineralmuseum gibt! All die vielen Silikate!«
»Wirklich bemerkenswert. Man sol te meinen, daß die Leute vor einem
solchen Museum Schlange stehen.«
»Ja. Es ist mir ein Rätsel, warum das nicht so ist.«
Angua erinnerte sich, daß es in Karottes Seele nicht einmal ein Spuren-
element von Ironie gab. Sie sagte sich auch, daß er keine Schuld hatte.
Immerhin war er bei Zwergen in einem Bergwerk aufgewachsen – er
hielt Steine tatsächlich für interessant. Vor zwei Wochen hatten sie eine Eisengießerei besucht. Auch das war »interessant« gewesen.
Und doch… und doch… Man mußte Karotte einfach mögen. Selbst
Leute, die er verhaftete, fanden ihn sympathisch. Auch alte Damen, die
in Wohnungen leben mußten, in denen es ständig nach Kleister und fri-
scher Farbe roch. Angua mochte ihn ebenfal s. Sogar sehr. Um so
schwerer würde es ihr fal en, ihn zu verlassen.
Sie war ein Werwolf. Entweder verbrachte man seine Zeit mit dem
Versuch, diese Wahrheit vor den Leuten zu verbergen. Oder man beo-
bachtete, wie sie auf Distanz gingen und miteinander flüsterten, sobald
man ihnen den Rücken zukehrte – obwohl man den Kopf drehen mußte,
um das zu sehen.
Karotte nahm keinen Anstoß an ihrem wahren Wesen. Aber die Reak-
tionen der anderen Leute blieben nicht ohne Einfluß auf ihn. Es bereite-
te ihm Unbehagen, daß selbst freundliche Kol egen irgendwelche Ge-
genstände aus Silber bei sich trugen. Das setzte ihm immer mehr zu. Die
Spannung in ihm wuchs, und er wußte nicht, wie er damit fertig werden
sollte.
Alles kam so, wie Anguas Vater es vorausgesagt hatte. Wenn du dich
außerhalb der Mahlzeiten mit Menschen einläßt, könntest du genausogut
in eine Silbermine springen.
»Nach der Feier im nächsten Jahr soll ein großes Feuerwerk stattfin-
den«, sagte Karotte. »Feuerwerke gefal en mir sehr.«
»Ich frage mich, warum Ankh-Morpork die Tatsache feiern will, daß es
vor dreihundert Jahren einen Bürgerkrieg gegeben hat«, meinte Angua.
Sie kehrte ins Hier und Heute zurück.
»Warum denn nicht?« erwiderte Karotte. »Wir haben gewonnen.«
»Ja, aber ihr habt ihn auch verloren.«
»Ich finde, daß man die Dinge immer von der positiven Seite sehen
soll. Ah, da sind wir ja.«
Angua sah auf das Schild, beugte sich vor und las Zwergenrunen.
»Zwergenbrotmuseum. Meine Güte. Ich kann es gar nicht abwarten.«
Karotte nickte glücklich und öffnete die Tür. Es roch nach uralten
Krusten.
»Hallo, Herr Hopkinson?« rief er. Niemand antwortete. »Manchmal
verläßt er das Museum«, fügte er erklärend hinzu.
»Wahrscheinlich dann, wenn die Aufregung zuviel für ihn wird«, erwi-
derte Angua. »Hopkinson? Das ist kein Zwergenname, oder?«
»Oh, er ist ein Mensch.« Karotte trat ein. »Und ein Fachmann für
Zwergenbrot. Es ist praktisch sein Lebensinhalt. Er hat das maßgebende
Buch über offensives Backen geschrieben. Nun, da er nicht anwesend
ist… Ich nehme zwei Eintrittskarten und lege ihm zehn Cent auf den
Tisch.«
Nichts deutete darauf hin, daß Herr Hopkinson häufig Besuch erhielt.
Staub lag auf dem Boden und auf den Vitrinen, bildete eine dicke Schicht
auf den Ausstel ungsstücken. Die meisten Exponate hatten die vertraute
Kuhfladenform, gewissermaßen ein visuelles Echo ihres Geschmacks,
aber es gab auch Brötchen, Nahkampf-Pfannkuchen, gefährlichen Wurf-
toast und eine große Auswahl an anderen Formen, ersonnen von einem
Volk, das selbst Nahrungsmittel als Waffen benutzt – auf eine sehr hin-
gebungsvolle und für den jeweiligen Gegner oft fatale Weise.
»Wonach suchen wir hier?« fragte Angua. Sie schnüffelte – ein
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