Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hohle Köpfe

Hohle Köpfe

Titel: Hohle Köpfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
Vom Netzwerk:
musterte das unwahrscheinlichste
    Spielzeug der Leidenschaft. »Ich kenne das von meinem Onkel. ›Zu
    Hause sein‹ bedeutet eine Art Empfang. Da treffen sich al die piekfeinen
    Leute und so. Man trinkt, stopft irgendwelche Leckereien in sich hinein
    und redet dabei über Literat-Uhr und ähnlich exotische Dinge.«
    »Ich habe überhaupt nichts Piekfeines zum Anziehen«, meinte Nobby.
    »Ah, das ist für dich überhaupt kein Problem«, erwiderte Colon. »Uniformen sind in Ordnung. Fügen der Sache sogar etwas Farbe hinzu. Erst
    recht dann, wenn man schneidig aussieht«, sagte er und erfand damit
    eine ganz neue Beschreibung für Nobby.
    »Tatsächlich?« Nobbys Miene erhel te sich ein wenig. »Ich hab noch
    jede Menge andere Einladungen. Piekfeine Karten, die aussehen, als hät-
    te man sie am Rand mit goldenen Zähnen angeknabbert. Sogenannte
    Abendgesellschaften und Bäl e und so.«
    Colon bedachte seinen Freund und Kol egen mit einem nachdenkli-
    chen Blick. Ihm war gerade etwas eingefal en. »Nun…«, sagte er langsam,
    »die gesellschaftliche Saison geht zu Ende. Die Zeit wird knapp.«
    »Die Zeit für was?«
    »Nun… vielleicht wollen die piekfeinen Mütter ihre piekfeinen heirats-
    fähigen Töchter an den… äh… Mann bringen…«
    »Wie bitte?«
    »Ein Graf ist nur durch einen Herzog zu übertreffen, und derzeit gibt’s
    keinen, auch keinen König. Der Graf von Ankh wäre also eine gute Par-
    tie.« Ja, auf diese Weise formuliert, fiel es leichter. Wenn man »Graf von Ankh« durch »Nobby Nobbs« ersetzte, klappte es nicht, doch »Graf von
    Ankh« klang richtig. Bestimmt gab es viele Frauen, die sich darüber freu-
    ten, die Schwiegermutter des Grafen von Ankh zu sein – selbst wenn sie
    dafür Nobby Nobbs zum Schwiegersohn bekamen.
    Nun, es gab bestimmt einige Frauen, die sich darüber freuen würden.
    Ein seltsamer Glanz entstand in Nobbys Augen. »Daran habe ich
    überhaupt nicht gedacht. Und einige der Töchter sind reich?«
    »Sicher besitzen sie mehr Geld als du.«
    »Und natürlich bin ich es der Nachwelt schuldig, dafür Sorge zu tragen,
    daß die Familie der Nobbses nicht ausstirbt«, meinte Nobby.
    Colon sah ihn mit der Besorgnis eines übergeschnappten Wissen-
    schaftlers an, der sowohl den Kopf aufgeschraubt als auch die Elektro-
    den an den Schläfen befestigt hat und nun beobachtet, wie sein Ge-
    schöpf Richtung Dorf wankt.
    »Potzblitz.« Nobbys Blick trübte sich ein wenig.
    »Ja, aber vorher ermitteln wir noch etwas«, sagte Colon. »Ich übernehme den Bereich der Schlachthäuser und du die Kröselstraße. Anschließend
    kehren wir zur Wache zurück, mit der beruhigenden Gewißheit, unsere
    Pflicht getan zu haben.«

    »Guten Tag, Kommandeur Mumm«, sagte Karotte und schloß die Tür
    hinter sich. »Hauptmann Karotte meldet sich zur Stel e.«
    Mumm saß zurückgelehnt auf seinem Stuhl und starrte aus dem Fen-
    ster. Es kam wieder Nebel auf. Das Opernhaus auf der anderen Seite
    erhob sich bereits hinter einem Schleier aus vagem Dunst.
    »Wir… äh… haben so viele Golems wie möglich überprüft«, berichtete
    Karotte und hielt unauffäl ig nach einer Flasche auf dem Schreibtisch
    Ausschau. »Es gibt kaum mehr welche. Elf von ihnen haben sich selbst
    zertrümmert oder sich den eigenen Schädel abgesägt. Gegen Mittag ha-
    ben die Leute damit begonnen, Golems zu zerschlagen oder ihnen die
    Worte aus dem Kopf zu nehmen. Eine üble Geschichte. Überal in der
    Stadt liegen Tonscherben herum. Anscheinend haben al e nur auf… eine
    Gelegenheit gewartet, Herr Kommandeur. Warum nur? Die Golems
    arbeiten, bleiben unter sich und schaden niemandem. Einige von denen,
    die sich selbst… zerstörten, haben… Botschaften hinterlassen. Darin
    bringen sie Kummer und Scham zum Ausdruck. Immer wieder ist die
    Rede von ihrem Ton…«
    Mumm antwortete nicht.
    Karotte beugte sich zur Seite und nach vorn, um zu sehen, ob eine Fla-
    sche auf dem Boden stand. »Und die Zwerge in Gimlets Feinkostbude
    haben vergiftetes Rattenfleisch bekommen, Herr Kommandeur. Mit
    Arsen vergiftetes Rattenfleisch. Ich habe Feldwebel Colon und Nobby
    mit Ermittlungen beauftragt. Viel eicht ist es nur ein Zufall, aber man
    kann nie wissen.«
    Mumm drehte den Kopf. Er atmete tief durch wie jemand, der ver-
    sucht, sich unter Kontrolle zu halten. »Was haben wir übersehen,
    Hauptmann?« fragte er. Seine Stimme schien von weither zu kommen.
    »Herr Kommandeur?«
    »Das Schlafzimmer des Patriziers. Das Bett. Der Schreibtisch.

Weitere Kostenlose Bücher