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Holidays on Ice

Holidays on Ice

Titel: Holidays on Ice Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Sedaris
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Drittklässler, durch eine Begeisterung zu verzaubern, wie man sie bei den meisten Kindern eher anlässlich einer Windpockenschutzimpfung vermuten würde. Sie waren jedoch kaum für ihre mangelnde Vitalität verantwortlich zu machen, besteht der popelige, uninspirierte Text doch nicht etwa aus federndem Dialog, sondern vielmehr aus einer stumpfen Abfolge von Ansagen.
    Maria (zu Josef): Ich bin m üde.
    Josef (zu Maria): Hier werden wir über Nacht ausruhen.
    Da ist kein Feuer, kein Geben und Nehmen, und das Publikum wird dieser leidenschaftslosen Beziehung bald überdrüssig.
    In der Rolle der Maria gelingt es der sechs Jahre alten Shannon Burke nur knapp, sich als Jungfrau auszugeben. Ihre klebrig-s üße, geziert-auftrumpfende Bühnenpräsenz schien sich auf nichts zu gründen als auf ihre ärgerliche Vorliebe dafür, das Röckchen sowie, ganz selten, die Lider zu heben. Als Josef musste Zweitklässler Douglas Trazzare ständig dazu angehalten werden, sich, obwohl der Mann, den er verkörperte, die Muttergottes, technisch gesehen, nicht geschwängert hatte, so zu benehmen, als wäre er immerhin zu so etwas fähig. Das brisante Gemenge wurde durch eine Handvoll unaufmerksamer Schäfer und ein Trio siebenjähriger Geschenkeüberbringer komplettiert, welches immerhin wirkte, als könnten die Three Stooges noch was von ihnen lernen. Was nun die Beleuchtung betraf, so hatte sich die Grundschule vom Hl. Herzen Jesu voll und ganz auf die Glühbirnen verlassen, welche von den widerwärtigen Bühnenmüttern und -vätern an- und ausgeknipst wurden, welche jenen Zombies, die dort über das Linoleum des Speisesaals taumelten, das Leben geschenkt hatten. Unter gewissen Umst änden ist elterlicher Stolz verzeihlich, er gehört aber nicht ins Theater, weil er dort dazu führen kann, dass ein Kind an ein Talent glaubt, welches in den meisten Fällen schlicht nicht existiert. Damit eine Schüleraufführung funktioniert, muss sie jeden ansprechen, egal, in welchem verwandtschaftlichen Verhältnis zu den Akteuren auf der Bühne man sich befindet. Diese Inszenierung fand mich an der Seite des gähnenden Küchenpersonals.
    Indem er auf die überdimensionierte Kiste deutete, die als Krippe diente, sagte ein ganz besonders ungenügender Heiligerdreikönig: »Uns ist ein Kindlein gebohrt.«
    Ich mir auch. Vor Langeweile in der Nase.
    Nachdem Charles St. Claire (10) letztes Jahr als Dramatiker mit »Leise rieselt der Schnee« zu den schönsten Hoffnungen berechtigt hatte, wollte er dieses Jahr zur Vorweihnachtszeit erneut den Thespiskarren besteigen, der aber war abgefahren, und so musste er sich mit einer alten Nuckelpinne namens »Das Geschenk des Rentiers« begnügen, welches zur Zeit in der Scottsfield-Grundschule gegeben wird. Der Sentimentalität der Geschichte kommt nur noch ihre Berechenbarkeit gleich, und die Dialoge füllen den Saal wie Monate alte Steaks einen Gefrierwaggon, dessen Kühlaggregat ausgefallen ist. Die Handlung, wenn ich dies Wort so locker verwenden darf, involviert einen Jungen namens Jeremy (Billy Squires), der beim Familienkamin auf raten-Sie-mal-auf-wen! wartet. Als der Weihnachtsmann irgendwann erscheint, mampft er ein paar Kekse weg und beschenkt unseren Helden mit einem Stapel High-Tech-Kostbarkeiten. Aber Jeremy will keinen Schnickschnack, Jeremy will ein Rentier. Dergestalt unter Druck gesetzt, willigt der Weihnachtsmann ein, sein altes Schlachtross Blitzen (von einer tapsigen, ungehorsamen D änischen Dogge dargestellt, die das Programmheft als »Marmaduke II« aufführt) dazulassen. Allein mit seinem ungebärdigen Schützling, kämpft Jeremy mit seinem erbsengroßen Gewissen, und ihm wird schließlich klar, dass »es vielleicht falsch ist, ein Rentier in die Abstellkammer über dem Hobbyraum meines Stiefvaters zu sperren«. Es folgt ein tränenreicher Abschied, der etwa so lange dauert, wie eine riesige Redwood-Eiche von der Aussaat bis zur vollen Reife braucht. Als der Junge das Rentier endlich wieder beim Weihnachtsmann abliefert, ist es uns längst wurscht, ob das Tier lebt oder stirbt. Ich war nur froh, dass es von der Bühne gedrängt wurde, bevor sein Verdauungssystem die achtzehn Pfund Popcorn, derer es bedurft hatte, das Riesenvieh davon abzuhalten, von der Bühne abzuwandern, bevor sein Stichwort gefallen war, verarbeitet und ausgeschieden hatte. Selbst auf die Gefahr hin, einigen unserer saumseligeren Bühnenfreunde die Spannung zu verderben, lassen Sie mich noch enthüllen, dass es sich bei

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