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Holly greift nach den Sternen

Titel: Holly greift nach den Sternen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarra Manning
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wie gelähmt da und bohrte die Nägel in ihre Handflächen, während sie in Reeds kalte Augen sah.
    »Die Masche als naiver Kinderstar zieht nicht mehr. Höchste Zeit, sich endlich der realen Welt zu stellen«, fuhr er fort.
    Die reale Welt war schrecklich, grausam, gemein und voller Leute, die aus Holly nur Geld herausschlagen wollten, wenn sie ihnen nicht zuvorkam.
    »Ich weiß nicht, wie das geht.« Hollys Stimme klang gepresst, und darin vibrierte eine Traurigkeit, die sie selbst nicht bemerkte. »Ich habe keinen Schulabschluss. Ich bin eigentlich nie richtig zur Schule gegangen. Ich hatte keinen Abschlussball. Ich hab nie einen Freund gehabt. Ich hab nie was anderes gemacht, als pünktlich jeden Tag um acht im Studio zu sein und dort vierzehn Stunden lang zu arbeiten...«
    »Ich weiß nicht, was das damit zu tun hat...?«
    »Ja, du feiner Pinkel, es gibt eine Menge, was du nicht weißt«, sagte Holly mit dieser schrecklichen Stimme, die sie gar nicht mochte. »Jeden Tag hab ich so getan, als wäre ich das typisch amerikanische, supernormale Mädchen mit einer glücklichen Familie, ganz egal wie beschissen mein Leben war. Und glaub mir, da war jede Menge Scheiße. Also sag mir nicht, ich wäre nur eine Rolle, und sag mir nicht, ich hätte mich nicht angestrengt. Ich hab vor lauter Anstrengung überhaupt keine Kindheit gehabt.«
    Holly zitterte so sehr, dass sie nur noch wegen Reed aufrecht dastand, während er aussah, als hätte ihm jemand einen Backstein auf den Kopf gehauen.
    Holly nahm alle Kraft zusammen und schob ihn weg, ihre Finger berührten für einen Sekundenbruchteil die weiche Wolle seines Pullovers, bevor sie unsicher zu ihrer Tür stakste. Sie drehte sich noch einmal um und pikste mit einem Finger in Reeds Richtung, während er sie beunruhigt ansah.
    »Ich hab vielleicht nicht in einem schäbigen Haus in New York gewohnt oder bin mit einem Trupp stinkreicher Typen durch Europa getrampt; ich musste nämlich leider Geld verdienen. Und damit du es weißt, ich war sehr gut darin. Ich hab Menschen Freude gemacht. Ich hab sie dazu gebracht, mich zu mögen, aber davon ist mir nichts geblieben außer den Kerlen, die aus mir Geld rausschlagen wollen, wie dieser Scheißkerl, der mir was in meinen Drink getan hat, damit ich ohnmächtig wurde, um dann eine Stange Geld damit zu verdienen.«
    Reed riss Mund und Augen auf, seine Arme hingen schlaff herunter und er wich einen Schritt zurück. Er erbleichte in Sekundenschnelle, was Holly vielleicht aufgefallen wäre, wenn sie mit ihrer Rede fertig gewesen wäre. Aber das war sie nicht.
    »Hör auf, mir zu predigen, weil du denkst, du wüsstest alles über mich. Du weißt gar nichts, und jetzt kannst du das erst mal verdauen, während du verdammt schnell abhaust, denn wenn du nicht in einer Minute verschwunden bist, ruf ich die Polizei, das schwör ich dir!«
    Er ging an ihr vorbei, wobei sein Ärmel ihren Arm berührte, aber dann wandte Reed den Kopf, sodass sie sein entsetztes Gesicht aus nächster Nähe sehen konnte.
    »Du meine Güte, Holly, das tut mir so leid...«, stammelte er hilflos und suchte nach den richtigen Worten, als wäre Englisch nicht seine Muttersprache. »Ich wusste ja nicht... ich hab...«
    »Wieso bist du noch hier?« Holly schloss die Augen, weil sie seinen Anblick keine Sekunde länger ertrug.
    Erst als sie hörte, wie die Wohnungstür leise geschlossen wurde, legte sie den Kopf in den Nacken und stieß einen langen, schmerzerfüllten Schrei aus.

21
    A ls Holly am nächsten Morgen aufwachte, war ihr immer noch nach Schreien zumute. Dieser Ärger, der in ihr wie heftiges Sodbrennen wütete, war eine seltsame Erfahrung.
    Holly hätte sich am liebsten alle ihre weltlichen Besitztümer geschnappt und zerrissen (mit Ausnahme der Prada- Stiefel), bis es in ihrem Zimmer genauso chaotisch aussah wie in ihr. Aber dazu hätte sie aufstehen müssen. Doch sie würde nie wieder aufstehen. Wozu auch? Es gab keinen Grund. Ihr Leben war sinnlos, genau wie Reed es gesagt hatte.
    Schon bei dem Gedanken an ihn knirschte sie mit ihren sauteuer überkronten Backenzähnen. Er war der erste Mensch, den sie je gehasst hatte, aber sie hasste auch die Tatsache, dass das Reed zu etwas Besonderem machte, weil er das gar nicht verdiente.
    Sie wälzte sich ein bisschen von einer Seite auf die andere, trat mit den Beinen um sich, weil die Bettdecke sie störte, und rollte sich dann wieder zu einem unruhigen Schlaf zusammen, der dadurch gestört wurde, dass jemand die Tür

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