Holly greift nach den Sternen
ist Candys Bruder, das sind noch mal eine Million Gründe mehr, ihm nicht zu vertrauen. Findest du nicht, dass er richtig stechende Augen hat?«
»Nein.« Laura seufzte. »Ich finde, er hat wunderschöne verträumte Augen, aber ich hab nun mal rein gar nichts mit ihm im Sinn.«
»Okay, sollen wir eine Pause machen?«, rief der Fotograf. »Ich möchte was an der Beleuchtung verändern, während ihr euch umzieht. Und danach fände ich es gut, wenn ihr weniger quatschen und mehr arbeiten würdet, bitte.«
Holly sah Laura wütend nach, die bereits vom Set schlenderte.
»Ich muss schrecklich dringend mal wohin«, rief sie über die Schulter zurück.
Mit erhobenen Armen stand Holly geduldig da, während ihr das Kleid ausgezogen wurde. Dann wickelte sie sich in einen weißen Frotteemantel, um ihre Blöße zu bedecken.
Laura schlängelte sich selbst aus ihrem Kleid, dann setzte sie sich in ihrem weißen Spitzenslip auf den Hocker und knabberte an einer Möhre.
»Du solltest dir was anziehen«, flüsterte Holly und nickte in Richtung des Friseurs und des Visagisten. »Hier sind Männer.«
Laura grinste verschmitzt und sah auf ihre Brustwarzen hinunter.
»Das sind keine Männer«, erklärte sie. »Das sind Profis aus der Modeindustrie. Das ist etwas total anderes.«
Es war leichter für Holly, sich selbst im Spiegel anzuschauen als diese Quadratmeter blasses, kurviges, halb nacktes Laura-Fleisch. Sie betastete vorsichtig ihre Haare, denn sie hatte sich immer noch nicht an die untoupierte Weichheit gewöhnt. Doch Derek hatte darauf bestanden, dass sie seine Anordnungen befolgte. Und dazu gehörte eine vollständige Überholung ihres äußeren Erscheinungsbilds. Eigentlich war es eher eine Unterholung. Falsche Wimpern, Bräune aus der Tube und jedes hellere Blond als Honigblond waren streng verboten.
»Du bist achtzehn«, hatte er streng erklärt und Hollys entsetztes Jammern ignoriert. »Du musst jetzt altersgemäß aussehen und nicht wie ein fünfunddreißigjähriges Partygirl. Ohne diesen ganzen Blondinen-Schnickschnack bist du sehr hübsch.«
Derek meinte es gut, aber er war ein schrecklich schlechter Lügner, denn ohne die schlauesten Tricks der Schönheitsindustrie sah Holly so aufregend aus wie eine Pellkartoffel. Deshalb hatte Amber Hollys Haar schon gefärbt, als Holly erst fünf war, und als sie sechs wurde, auch die Brauen und Wimpern, und ab dem achten Lebensjahr hatte sie sie alle zwei Wochen in einen Kosmetiksalon geschickt.
Holly trug mittlerweile sogar Kleider von der Stange. Zuerst hatte sie Derek wegen dieser Grausamkeit rausschmeißen wollen, aber jetzt brachten alle Frauenzeitschriften Fotoreportagen über Hollys neuen Kleiderstil. Außerdem waren diese Sachen viel billiger als Designermodelle.
»Deine Sommersprossen sind so süß«, sagte Laura und katapultierte Holly damit abrupt zurück in die Gegenwart, wo sie nur noch die Brustwarzen ihrer Mitbewohnerin sah. »Ich glaube, wir müssen wieder zurück auf den Set.«
Während des restlichen Shootings benahm sich Laura tadellos, aber sobald sie hinten im Taxi saßen, fing sie wieder davon an.
»Na, wirst du dich jemals wieder mit Candy vertragen?«, fragte sie. »Du solltest ihr noch eine Chance geben. Ihr geht es deshalb ziemlich mies.«
Dann hatte Candy aber eine merkwürdige Art, das zu zeigen. Holly zerbrach sich den Kopf bei der Suche nach einem winzigen Zeichen, dass Candy irgendwo Reue zeigte, aber ihr fiel nichts ein. »Candy ist deine Freundin, nicht meine.«
Das stimmte.
Obwohl das Mieterinnentreffen mit einer Kriegserklärung geendet hatte, waren Laura und Candy immer noch richtige Freundinnen, die sich gegenseitig die Fußnägel lackierten und zusammen shoppen gingen. Der einzige Grund, weshalb nicht Candy an Hollys Stelle dieses Freundinnen-Shootings mitgemacht hatte, war ihr Erscheinen im Konkurrenzblatt im gleichen Monat. Und Lauras Freundinnen aus Manchester steckten mitten in Examen und »hatten nicht ganz das richtige Aussehen für die Illustrierte Moda .«
Eigentlich hatte Hollys Name ganz unten auf der Liste gestanden, aber Derek hatte sie gezwungen, den Job anzunehmen.
»Hör mal, wenn du und Candy es im selben Zimmer aushalten könntet, wäre die Atmosphäre in der Wohnung nicht mehr so mies«, sagte Laura. »Sieh mal, du kriegst es doch auch mit Irina hin und die ist ja nun wirklich das mieseste Stück aus Miststückhausen.«
»Irina wird oft missverstanden«, sagte Holly bestimmt. »Das ist die
Weitere Kostenlose Bücher