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Holt, Anne - Hanne Wilhelmsen 5

Holt, Anne - Hanne Wilhelmsen 5

Titel: Holt, Anne - Hanne Wilhelmsen 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred
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gegen die Wand.
    »Ich habe dich höflich um Hilfe gebeten«, sagte sie dann verbissen. »Bisher
    hast du mich allerdings nur beleidigt. Deiner Ansicht nach bin ich häßlich,
    mager und schlecht frisiert. Von mir aus. Im Moment habe ich andere Sorgen
    als mein Aussehen. Ist das klar?«
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    Sie brüllte so laut, daß ihre Spucke nur so spritzte, und knallte bei jedem
    zweiten Wort mit der Hand auf die Schreibunterlage. Iver Feirand riß den
    Mund auf und hob die Handflächen.
    »Reg dich ab. Also wirklich. So war das doch nicht gemeint.«
    Kopfschüttelnd wollte er sich erheben. »Sitzenbleiben. Bitte.«
    Hanne fuhr sich mit den Fingern durch die Haare und zwang sich ein Lächeln
    ab.
    »Tut mir leid. Ich schlaf im Moment so gut wie nicht. Bleib hier, bitte.«
    Iver Feirand schien zu zögern, setzte sich dann aber wieder; wachsam und
    bereit, beim kleinsten Anzeichen eines neuen Ausbruchs aufzuspringen und
    den Raum zu verlassen.
    »Ich hab nie was mit Evald Bromo zu tun gehabt«, sagte er tonlos. »Hast du
    sonst noch Fragen?«
    Hanne stand auf und schloß die Tür. Dann blieb sie stehen, stemmte die rechte
    Hand in die Seite und starrte aus dem schmutzigen Bürofenster. Die
    Frühlingssignale des Osterwochenendes waren ein Strohfeuer gewesen. Der
    Regen strömte nur so, und es schien schon zu dämmern, obwohl noch nicht
    einmal Mittag war.
    »Können wir nicht noch einmal anfangen?« sagte sie und hörte selbst, wie ihre
    Stimme zitterte. »Ich muß einfach mit dir reden. Ich war blöd und jähzornig,
    und das tut mir leid.«
    »Na gut.«
    Feirand schien das ehrlich zu meinen. Er setzte sich bequemer hin, schlug die
    Beine übereinander und faltete die Hände über seinen Knien.
    »Mir tut es auch leid.«
    Hanne Wilhelmsen fing an der Stelle an, an der sie die ganze Zeit hatte
    beginnen wollen. Sie erzählte, daß sie zu
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    mindest Grund zu der Vermutung hatten, daß Sigurd Halvorsrud seine
    Tochter mißbrauche. In kurzen Zügen trug sie dann die Tatsachen vor, die sie
    hier zur Sprache bringen mußte. Es stand fest, daß Evald Bromo pädophil war
    und schon lange kleine Mädchen mißbraucht hatte. Es bestand weiterhin
    Grund zu der Annahme, daß die Morde an Doris Flo Halvorsrud und Evald
    Bromo auf das Konto desselben Täters gingen oder daß es zumindest zwischen
    beiden Morden einen Zusammenhang gab. Die eigensinnige Behauptung des
    vom Dienst suspendierten Oberstaatsanwalts, ein gewisser Stäle Salvesen habe
    den Mord begangen, hatte einen kräftigen Schuß vor den Bug erhalten, als
    selbiger Salvesen im Skagerrak aufgetaucht war, stark geprägt vom
    mehrwöchigen Aufenthalt in der See. Jetzt saß Halvorsrud stumm wie ein
    Fisch im Hinterhof und war seit dem Vortag zu weiteren vier Wochen
    Untersuchungshaft verdonnert worden. Seine Fingerabdrücke im Keller der
    Vogts gate 14 hatten den Untersuchungsrichter überzeugt. Die Verhandlung
    hatte zwanzig Minuten gedauert, und Halvorsrud hatte es nicht einmal der
    Mühe wert befunden, dort überhaupt vorgeführt zu werden.
    »Wir wissen, daß Halvorsrud eine ganz besondere Beziehung zu seiner
    Tochter hat«, endete sie. »Wir sind ja daran gewöhnt, daß es der Familie arg
    zu schaffen macht, wenn jemand ins Gefängnis muß. Das gilt vor allem für
    gutangepaßte Menschen, um es mal so zu sagen. Aber dieses Mädchen ist
    einfach psychotisch geworden. Das Seltsame ist, daß die Verhaftung ihres
    Vaters für sie schlimmer zu sein schien als der Mord an ihrer Mutter.«
    »Vielleicht ist sie einfach ein Papakind«, sagte Feirand trocken. »Von der
    Sorte gibt's doch genug.«
    »Schon«
    Hanne suchte in der obersten Schreibtischschublade nach einem Teebeutel.
    Sie fand einen, legte ihn in ihre Tasse und
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    fluchte, als die Thermoskanne kein heißes Wasser mehr hergab.
    »Aber ist es nicht so, daß Übergriffe gegen Kinder in beiden Richtungen
    wirken können?« fragte sie. »Daß das Kind paradoxerweise dem Übergreifer
    näherkommt als andere Kinder ihren Eltern?«
    »Da muß man ganz klar unterscheiden.«
    Iver Feirand nickte und stahl eine Zigarette aus der Packung, die auf dem
    Tisch lag.
    »Ein Übergriff von Fremden ist das eine. Das kommt natürlich vor. Es ist
    traumatisierend, entsetzlich und in einigen Fällen fatal. Aber das Kind kann
    leichter darüber sprechen. Es bringt dem Täter keine Loyalität entgegen, und
    obwohl ihm oft mit Tod und Verderben gedroht wird, kommt die Wahrheit
    doch leichter ans Licht.«
    Er ließ drei Rauchringe zur Decke

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