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Holt, Anne - Hanne Wilhelmsen 5

Holt, Anne - Hanne Wilhelmsen 5

Titel: Holt, Anne - Hanne Wilhelmsen 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred
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protestiert. Hanne müsse nun wirklich nicht mitkommen. Sie
    könne ja doch nichts tun. Es sei vergeudete Zeit. Hanne hatte am Vorabend
    noch lange an ihrem Bett gesessen; die Krankenschwester hatte nicht nur
    freundlich versucht, sie aus dem Zimmer zu bekommen, in dem Cecilie im Bett
    lag und fast mit der weißen Bettwäsche verschmolz.
    »Wenn du nur hier bist, wenn ich aufwache«, hatte sie gebeten und dabei ihre
    Finger ganz leicht über Hannes Handrücken wandern lassen. »Und das
    passiert erst am späten Nachmittag. Dann kommst du, ja?«
    Aber sie lächelte trotzdem, als Hanne am Mittwochmorgen um sieben eintraf.
    Ihr Gesicht zeigte eine vergessene Freude; ein Auge schloß sich schneller als
    das andere, weil ihr Lächeln ein klein wenig schief war.
    »Da bist du«, mehr konnte sie nicht sagen, dann wurde sie abgeholt, weil sie
    zur Operation bereitgemacht werden mußte. »Du bist doch gekommen.«
    Hanne Wilhelmsen schloß die Augen. In ihr herrschte ein Gedankenchaos, das
    sie erschöpfte. Eine halbe Stunde lang hatte sie versucht, einen
    Kriminalroman zu lesen, doch
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    der war unrealistisch und langweilig. Also versuchte sie, sich auf den Mord an
    Doris Flo Halvorsrud zu konzentrieren. Doch vor ihrem inneren Auge sah sie
    nur die Frau ohne Kopf, umgeben von tiefer schwarzer Finsternis.
    Obwohl sie sehr unbequem saß, war sie offenbar eingenickt, denn plötzlich
    fuhr sie hoch.
    »Hier steckst du also.«
    Polizeipräsident Hans Christian Mykland trug ein rotkariertes Flanellhemd
    und eine blaue Hose, die aus den siebziger Jahren stammen mußte. Sie wies
    eine eingenähte Bügelfalte auf. Uber dem Oberschenkel, wo sich der Stoff
    straffte, als Mykland sich neben ihr in den Sessel setzte, wimmelte es nur so
    von verschlissenen Noppen. Sie hätte ihn fast nicht erkannt.
    »Ich trage nicht immer Uniform«, er lächelte. »Und ich dachte irgendwie, ich
    könnte nicht herkommen, ohne mich umzuziehen.«
    Hanne Wilhelmsen starrte schweigend seine Schuhe an. Sie waren braun und
    offenbar zusammen mit der Hose gekauft worden. Ihr war schwindlig, und sie
    konnte nicht begreifen, woher er wußte, daß sie hier war.
    »Wann ist das Ganze wohl überstanden, was haben sie dir gesagt?« fragte er
    und schaute sich um. »Gibt es hier in der Nähe einen Kaffeeautomaten?«
    Hanne war noch immer stumm. Der Polizeipräsident legte ihr die Hand auf
    den Oberschenkel. Hanne Wilhelmsen mit ihrem tief verwurzelten
    Widerwillen gegen Berührungen von Menschen, die sie nicht gut kannte,
    schüttelte fast unmerklich den Kopfüber die Geborgenheit, die seine Hand
    ausstrahlte. Sie wärmte, und Hanne wäre am liebsten wieder eingeschlafen.
    »Hier«, sagte er und bot ihr eine Pastille an. »Eine Zigarette wäre dir natürlich lieber, aber du mußt dich hiermit zufrieden geben. Haben sie gesagt, wann sie
    fertig sind?«
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    »Gegen zwei«, murmelte Hanne Wilhelmsen und rieb sich das Gesicht. Sie
    konnte sich noch immer nicht vorstellen, warum der Polizeipräsident
    gekommen war. »So ungefähr, wenn alles nach Plan geht.«
    »Wie fühlst du dich?«
    Er zog seine Hand zurück und drehte sich auf dem Stuhl um, damit er
    Blickkontakt zu ihr hatte. Sie wich aus und schlug die Hände vors Gesicht.
    »Es geht schon«, sagte sie in ihre Handflächen, sie schien wie durch einen
    Dämpfer zu sprechen.
    Der Polizeipräsident lachte, ein leises Lachen, das leicht von den Betonwänden
    widerhallte.
    »Hast du je zugegeben, daß es dir mal nicht gut geht?« fragte er. »Hast du je
    geantwortet... zum Beispiel: Nein, jetzt geht es mir im Grunde absolut
    dreckig?«
    Hanne gab keine Antwort, aber sie ließ immerhin die Hände sinken und zwang
    sich eine Art Lachen ab. Danach schwiegen beide für lange Zeit.
    »Mein Sohn ist gestorben«, sagte Hans Christian Mykland dann plötzlich.
    »Mein ältester Sohn. Vor vier Jahren. Ich dachte, ich müßte selbst auch
    sterben. Wirklich. Im wahrsten Sinne des Wortes. Ich konnte nicht schlafen.
    Ich konnte nicht essen. Wenn ich an die Monate nach Simens Tod
    zurückdenke, dann glaube ich auch, daß ich nicht viel gefühlt habe. Ich habe
    fast alle Zeit gebraucht, um mich auf...«
    Er lachte wieder, und endlich sah Hanne ihn an.
    »Ich habe mich auf meine Haut konzentriert.«
    »Auf dein Haus?« fragte Hanne und hüstelte.
    »Nein. Auf meine Haut. Ich habe versucht, die Grenzen dessen zu finden, was
    ich selber bin. Sie zu fassen zu bekommen, meine ich. Es war ziemlich
    faszinierend. Ich konnte die ganze Nacht

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