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Holt, Anne - Hanne Wilhelmsen 5

Holt, Anne - Hanne Wilhelmsen 5

Titel: Holt, Anne - Hanne Wilhelmsen 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred
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den Tisch und schaute darauf herunter. Dabei kaute er
    auf seiner Unterlippe herum. Als Hanne weiterhin schwieg und nur hilflos mit
    der Flasche in der Hand dastand und die Wand über Billy Ts Kopf anstarrte,
    sagte er: »Wir könnten zum Beispiel wieder einen Spaziergang machen. Die
    Luft hier muß doch lebensgefährlich für die Zähne sein. Sie kommt mir
    geradezu ätzend vor.«
    Er versuchte ein Lächeln.
    »Ein Spaziergang wäre schön«, sagte sie überraschend schnell. »Ich würde
    mir gern die Staure-Brücke näher ansehen. Wie lange brauchen wir bis
    dahin?«
    »Keine Ahnung«, sagte Billy T. und erhob sich. »Aber ich habe jede Menge
    Zeit. Halbe Stunde vielleicht? Komm.«
    Er streckte die Hand aus, als sie um den Tisch bog und an ihm vorbeikam. Sie
    griff nicht danach. Vor der Tür wartete Karianne Holbeck.
    »Ich habe etwas, das. . . «
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    »Das muß warten«, fiel Hanne ihr ins Wort. »Können wir es morgen
    erledigen?«
    »Nein, ich fürchte, ich habe einen Fehler gemacht und.. . «
    Hanne schaute auf die Uhr. Dann seufzte sie tief und merkte dabei, daß sie
    ärger stank als je zuvor. Beschämt preßte sie die Arme an den Leib, in der
    Hoffnung, etwas von dem Geruch einzusperren. Dann winkte sie Karianne, ihr
    zu folgen.
    »Wir sehen uns in einer halben Stunde«, sagte sie zu dem wartenden Billy T.
    Obwohl die Temperatur draußen auf sieben Grad gesunken war, riß Hanne ihr
    Bürofenster sperrangelweit auf. Dann bot sie Karianne Holbeck eine
    Schokobanane aus der Emailleschüssel an, die Cecilie ihr zu ihrem 20.
    Jahrestag geschenkt hatte.
    »Was ist denn los?« fragte sie und ließ sich in ihrem Sessel so weit
    zurücksinken, wie das überhaupt nur möglich war.
    Karianne Holbeck berichtete von dem Gespräch mit dem Mann, dessen
    Namen sie nicht kannte, den sie für einen Türken hielt und der vielleicht einen
    Laden in Grünerlokka hatte. Sie schlug verlegen die Augen nieder, als sie ihren
    möglicherweise katastrophalen Patzer schilderte: Der Mann könne über
    Informationen verfügen, daß Halvorsrud korrupt war, aber sie habe vergessen,
    sich Namen und Adresse des Anrufers nennen zu lassen. Leider. Es täte ihr ja
    so leid.
    Hanne Wilhelmsen schwieg lange. Im Zimmer wurde es jetzt sehr kalt, und
    widerwillig schloß sie das Fenster und nahm wieder Platz. Dann nötigte sie
    Karianne Holbeck noch eine Schokobanane auf. Die nahm sie, spielte aber da-
    mit herum, bis die Schokolade schmolz und sie sich verlegen die Finger
    ablecken mußte.
    »Es spricht für dich, daß du Bescheid sagst«, fing Hanne
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    an, ihre Stimme war monoton und fremd, als presse sie einen auswendig
    gelernten Satz aus sich heraus. »Vermutlich spielt es keine Rolle. Er kommt
    doch am Montag. Bist du sicher, daß er deinen Namen verstanden hat?«
    »Ziemlich sicher«, erwiderte Karianne Holbeck erleichtert. »Aber ob er
    wirklich kommen wird, wissen die Götter. Besonders zuverlässig hat er sich
    nicht angehört.«
    »Nicht«, sagte Hanne und hob fast unmerklich die Augenbrauen. »Wie ist das
    zu verstehen? Kannst du Leuten anhören, ob sie zuverlässig sind?«
    »Tja«, sagte Karianne und rutschte auf ihrem Stuhl hin und her.
    Hanne fiel wieder auf, daß ihre Kollegin sich auf eine ganz eigene Art die
    Haare über die Schulter warf. Diese Bewegung war auf anziehende Weise
    feminin, erinnerte zugleich jedoch an kleinmädchenhafte Verantwortungsver-
    weigerung.
    »Ich weiß nicht so recht«, sagte Karianne dann. »Meiner Erfahrung nach
    nehmen Leute aus diesen Gegenden Verabredungen nicht so genau wie wir.
    Die Uhr hat für sie irgendwie nicht dieselbe Bedeutung.«
    Hanne Wilhelmsen war es jetzt egal, daß sie wie eine Pennerin roch. Sie
    verschränkte die Hände hinter ihrem Nacken, hob die Ellbogen wie Flügel und
    musterte ihre Kollegin durch ihren langen Pony hindurch. Dann spitzte sie den
    Mund, schnalzte kurz mit der Zunge und sagte: »Und wer bitte sind >wir    »Was?«
    »Wer sind >wir    »Naja. . . «
    »Und wo liegen >diese Gegenden    Welt?«
    »So war das nicht gemeint«, sagte Karianne und rieb sich

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    einen roten Fleck auf der Wange, der rasch wuchs. »Ich meinte doch nur. . . «
    Mehr sagte sie nicht. Hanne Wilhelmsen wartete.
    Sie ließ ihre Arme sinken und beugte sich vor. Sie griff zu einem Stift und
    malte Kreise und Trapeze auf die Einladung zu einem Gewerkschaftstreffen.
    Sie ließ sich Zeit. Die Kreise

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