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Holt, Anne - Hanne Wilhelmsen 5

Holt, Anne - Hanne Wilhelmsen 5

Titel: Holt, Anne - Hanne Wilhelmsen 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred
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können einfach nicht die
    ganze Nacht wachbleiben. Und diese Sessel sind einfach unbrauchbar.«
    Flinke, geübte Hände manövrierten das schwere Bett neben das von Cecilie.
    Hanne erhob sich und stand hilflos und wie eingeklemmt am Fenster.
    »Geht es Ihnen einigermaßen?«
    Die Schwester streichelte Cecilies Kopf und vergewisserte sich ein weiteres
    Mal, daß der Tropf richtig eingestellt war. Sie summte leise und wartete die
    Antwort nicht ab. Dann war sie wieder verschwunden.
    »Leg dich hin.«
    Cecilie nickte zum frischgemachten Bett hinüber. Hanne setzte sich
    versuchsweise auf die Bettkante. Ohne etwas anderes auszuziehen als ihre
    Schuhe, legte sie sich vorsichtig auf die Decke.
    Ich wünschte, ich wüßte, wieviel Zeit dir noch bleibt,
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    dachte Hanne Wilhelmsen. Ich wüßte so gern, wieviel Zeit wir noch haben, bis
    du sterben mußt.
    Aber das sagte sie nicht laut, und niemals würde sie wagen, danach zu fragen.
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    Eivind Torsviks Fingerjagten über die Tastatur. In einer halben Stunde hatte
    er fünf Mails an unterschiedliche Adressen verschickt, alle im Ausland.
    Sie begriffen es nicht. Sie konnten nicht genug. Sie waren nicht so tüchtig wie
    er, und ihre Geduld reichte nicht aus. Aber er war vollständig abhängig von
    ihnen. Nur wenn sie über Landesgrenzen hinweg zusammenarbeiteten,
    konnten sie auf Erfolg hoffen. Auf den Sieg. Denn darum ging es doch: Sie
    führten einen Kampf. Einen Krieg.
    Warten, schrieb er. Es ist bald so weit, aber wir müssen noch warten.
    Auf den entsprechenden Befehl warten.
    Die Götter allein wußten, ob sie gehorchen würden.
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    Thea Flo Halvorsrud war erst sechzehn. Da sie seit einer Woche nichts mehr
    gegessen hatte, war sie in ziemlich schlechter Verfassung. Ab und zu trank sie
    einen Schluck aus dem Wasserglas auf ihrem Nachttisch, das immer wieder
    nachgefüllt wurde. Die Mahlzeiten, die ihr viermal am Tag gebracht wurden,
    rührte sie allerdings nicht an. Tante Vera, die Schwester ihrer verstorbenen
    Mutter, stand kurz
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    vor dem Zusammenbruch. Sie hatte zweimal versucht, für ihre Nichte
    psychiatrische Hilfe zu holen. Beim ersten Versuch war sie gebeten worden,
    sich mit der Patientin beim psychiatrischen Notdienst einzufinden. Da die
    Kleine nicht aufstehen wollte, half ihr das nicht weiter. Beim zweiten Mal - sie hatte Himmel und Erde in Bewegung gesetzt und sich geweigert, aufzulegen,
    ehe Hilfe versprochen worden war — erschien ein junger Arzt mit Pickeln und
    schmalen, nervösen Händen. Thea hatte ihn keines Blickes und noch viel
    weniger eines sinnvollen Gesprächs gewürdigt. Am Ende hatte der Arzt mit
    resignierter Geste etwas über Zwangsbehandlung gesagt.
    Das kam nicht in Frage.
    Tante Vera hatte Karen Borg angerufen.
    »Ich weiß einfach nicht mehr, was ich machen soll«, sagte Theas Tante und
    führte Anwältin Borg ins Gästezimmer, wo die Sechzehnjährige in einem Meer
    aus rosa Kissen in einem weißlackierten, breiten Einzelbett lag.
    »Ich spreche wohl besser allein mit ihr«, sagte Karen Borg leise und winkte
    der wohlmeinenden, verstörten Tante, das Zimmer zu verlassen.
    Tante Vera wischte sich die Augen und ging rückwärts durch die Tür.
    Das Zimmer war hell und groß und rosa. Die Kommode war altrosa, die Tapete
    kleingeblümt, und die Vorhänge hatten hellrote Falbeln. Auf der Fensterbank
    saßen fünf knall-rosa Kuscheltiere - drei Kaninchen, ein Bär und etwas, das
    wohl ein Nilpferd vorstellen sollte - und starrten blind ins Zimmer. Karen Borg
    dachte dankbar an Häkon, der sie dazu überredet hatte, das Zimmer ihrer
    Tochter grün und blau zu streichen.
    »Hallo«, sagte sie ruhig und setzte sich in einen Sessel, der am Bett stand.
    »Ich bin Karen Borg. Die Anwältin deines Vaters.«
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    Diese Information machte keinen nennenswerten Eindruck. Das Mädchen
    krümmte sich in Embryostellung zusammen und zog sich die Decke über den
    Kopf.
    »Ich soll dich ganz herzlich von deinem Vater grüßen. Ich habe vorhin mit ihm
    gesprochen. Er macht sich Sorgen um dich.«
    Eine leichte Bewegung unter der Decke konnte andeuten, daß die Kleine
    immerhin zugehört hatte.
    »Gibt es etwas. . . gibt es irgend etwas, das ich für dich tun könnte, Thea?«
    Keine Reaktion. Jetzt lag das Mädchen totenstill da und schien nicht mehr zu
    atmen.
    »Thea«, sagte Karen Borg. »Thea! Schläfst du? Hörst du, was ich sage?«
    Plötzlich warf das Mädchen sich im Bett herum. Ein Kopf kam zum Vorschein.
    Blonde, fettige Haare standen nach allen

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