Holunderküsschen (German Edition)
Stelle“, kreischt Katja. „Se r gej, gib Gas! Meine beste Freundin wartet auf mich.“
16. Julias Facebook Status: Ist wieder Single
„Was willst du jetzt machen?“ Katjas Augen stechen unter der weißen Schicht auf ihrem Gesicht unnatürlich blau hervor.
„Keine Ahnung. Mir einen neuen Job suchen und mein Leben noch einmal von vorne b e ginnen. Ohne Männer. Nur ich.“
„Das sind die besten Voraussetzungen, um einen Mann kennenzulernen“, antwortete Katja fröhlich und gießt sich einen Ingwertee ein. „Aber das war eigentlich nicht, was ich meinte. Ich wollte eigentlich wissen, was du mit der Einladung machst?“
Ich halte ihr wortlos meinen Becher vor die Nase. Stumm füllt sie ihn auf. Es ist bereits meine dritte Tasse. Wenn ich mich bewege, fühlt es sich in meinem Magen wie bei Seegang an.
„Harald, du auch noch ein Tässchen?“ Katja hält die Kanne hoch in Haralds Richtung.
Der winkt ab. Harald liegt auf Katjas Sofa. Seine Füße stecken in übergroßen, grauen Hau s schuhen auf deren Spitze der Eselskopf aus dem Animationsfilm Shrek sitzt. Wenn Harald mit den Zehen wackelt, wackeln automatisch die Eselsohren mit. Katja und ich haben ihm die Schuhe nach unserem letzten gemeinsamen Video-Abend geschenkt bei dem Harald darauf bestanden hat Shrek an zusehen . Und wir feststellen mussten, dass zwischen dem Esel und Harald gewisse P a rallelen zu finden sind. Harald trägt die Hausschuhe seitdem mit viel Würde. Heute ist Mädel s abend. Sergej ist nicht eingeladen . S chließlich ist er ein echter Mann – was man von Harald nicht behaupten kann. Harald hat sogar die meisten weiblichen Attribute von uns dreien. Von Harald stammen auch die Anti-Falten-Masken auf unserem Gesicht. Er hat sie aus seinem Laden mitg e bracht, wo er seit neuestem auch eine Kosmetiklinie verkauft. Alles völlig natürlich, ohne Min e ralöle, Konservierungsstoffe oder Parfum. Laut Hersteller sollen die Masken wahre Wunder vol l bringen und man soll hinterher um mindestens zehn Jahre jünger aussehen.
„Liebelein, das Zeug kann man auch löffeln, so gesund ist das“, meint Harald, als wir uns gegenseitig den weißen Brei ins Gesicht schmieren.
„Dann können wir doch gleich Quark, Honig und etwas Olivenöl nehmen. Altes Hausrezept von meiner Oma . Die hatte bis zu ihrem Tod eine Haut wie ein Babypopo.“
„Sie will doch wohl nicht meine hochwertigen Masken mit dem Brei vergleichen, den sich ihre Oma zurecht gemischt hat. Hier ist zum Beispiel Hyaluronsäure drin“, belehrt mich Harald. „Das puffert ihre kleinen Fältchen um die Augen richtiggehend auf. Nachher siehst du nichts mehr davon.“
„ Hyaluronsäure! Voll Natur eben.“ Ich kratze mich am Kinn. „Sag mal, juckt das bei euch auch so?“
„Nee, wieso?“ Katja sieht neugierig zu mir, während sie sich eine California Roll mit den Stäbchen angelt und in ihrem Quarkgesicht verschwinden lässt.
„Bei mir prickelt es so komisch auf der Haut“, maule ich und wische mir angewidert die weißen Reste an meinem Finger in der Serviette ab. „Urg. Das Zeug hat so eine schleimige Ko n sistenz.“
„Das ist nicht schleimig, das ist eine geschmeidige Konsistenz, Liebelein“, sagt Harald und zieht die fein gezupfte Augenbraue nach oben. „Die Wirkstoffe dringen gerade in ihre unteren Hautschichten ein. Wenn sie morgen zu ihrer Premiere geht, wird sich jede Frau fragen wie sie es anstellt noch so jung auszusehen.“
„Du tust ja gerade so, als ob ich steinalt aussehe“, murre ich. „Außerdem gehe ich da nicht hin.“
„Sie macht Witze, oder?“ Harald reißt die Augen unnatürlich weit auf, was ihn wie ein Zombie aussehen lässt, der in den Quarktopf gefallen ist.
Ich schüttele den Kopf. Ein paar weiße Kleckse fallen auf den Boden.
„Aber das ist doch albern“, meldet sich Katja zu Wort und reicht mir ein Tuch. „Das ist der Mega-Event des Jahres. Alles, was im Verlagswesen Rang und Namen hat wird anwesend sein. Und du willst nicht hin. Das nenne ich bescheuert.“
„Nenn es wie du willst, aber ich bleibe dabei.“ Ich bewege meine Stirnmuskeln in der Hof f nung, dass dadurch das Jucken weniger wird.
„Papalapap!“ Harald wedelt mit der Hand. In den kleinen Härchen auf seinen Fingerrücken hängen kleine weiße Cremereste wie Schimmel. „Das ist sie mir schuldig, schon alleine wegen ihrer Haare. Endlich hat sie die Gelegenheit meine Frisur der Öffentlichkeit zu präsentieren und will sich drücken. Auf keinen Fall!“ Er
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