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Holunderküsschen (German Edition)

Holunderküsschen (German Edition)

Titel: Holunderküsschen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Gercke
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verschränkt entschlossen die Arme vor der Brust und zieht einen Schmollmund.
    Ich seufze. Das Telefon klingelt. Mit spitzen Fingern hangele ich nach dem Hörer. Es ist Chris.
    „Wann treffen wir uns morgen?“
    „Jetzt fängst du auch noch damit an“, murre ich.
    „Wieso?“
    „Weil ich eigentlich nicht vorhabe hinzugehen.“
    „Das ist ein ...?“
    Im Hintergrund läuft irgendein Gejaule auf Arabisch. So laut, dass ich Chris kaum verstehe.
    „Was?“
    „Ich sagte, das ist wohl ein Scherz?“
    Wenn ich so eine Musik den ganzen Tag hören müsste, würde ich wahnsinnig werden.
    „Nein, kein Scherz. Ich hab einfach keine Lust.“
    „Das kannst du mir nicht antun. Du weißt wie ich ...“
    Der Sänger im Hintergrund schmettert Töne zu denen ich noch nicht einmal unter Folter fähig wäre.
    „... solche Events hasse. Und ich gehe auch hin. Du hast mir schließlich die ganze Sache eingebrockt.“
    Jaul, jaul! Das Jucken in meinem Gesicht hat sich zusammen mit der Musik ins Unerträgl i che gesteigert.
    „Okay, okay. Ich komme.“ Hauptsache, ich muss das Gejaule nicht länger ertragen.
    „Cool. Bis morgen.“
    „Bis morgen“, antworte ich matt und lege auf.
    „Liebelein, ich komme mit“, verkündet Harald im Ton der Endgültigkeit.
    „Auch okay, wenn du mir nur hilfst dieses Zeug von meinem Gesicht herunterzubekommen. Ich halte das Gejucke nämlich keine Sekunde länger aus.“
    Ich stürze zum Waschbecken. Das Zeug klebt wie Pech auf meinem Gesicht. Ich rubbele wie ein Weltmeister. Die schleimige Flüssigkeit läuft mir in die Augen. Ich blinzle hektisch, sehe alles nur noch durch einen milchigen Schleier.
    „Oh Gott, ich werde blind!“, höre ich mich schreien. Das Zeug brennt wie Hölle. Tränen schießen mir in die Augen. Irgendwas scheppert als ich dagegen stoße und es krachend zu Boden geht.
    „Julia , mach die Augen auf“, höre ich Katjas Stimme.
    „Ich kann nicht“, jammere ich.
    „Ach Göttle, wie sieht sie denn aus?!“ Haralds Stimme klingt panisch. „Da sind die Augen ja noch das kleinste Problem.“
    „Was ist? Was ist mit meinem Gesicht?“ Panik befällt mich. Mein Atem geht stoßweise. „Katja, Harald! Redet mit mir!“ Ich ziehe mich am Waschbecken hoch und versuche im Spiegel einen Blick auf mein Gesicht zu erhaschen.
    „Mensch , Harald ! “, zischt Katja.
    „Ich wollte ja nur ... ich hab doch nur ...“
    „Alles okay, Süße. Was Harald meinte, ist, dass dein Gesicht ein bisschen rot ist.“
    Schweigen.
    „Was meinst du mit »rot«?“
    „Nun ja, rot eben. Ich glaube, du hast die Maske nicht so gut vertragen.“
    „Scheiße!“
    „Kannst du wieder was erkennen?“
    Ich öffne vorsichtig die Augen und mache sie sofort wieder zu. Es brennt, als ob mir jemand Chili ins Auge gerieben hätte.
    „Krankenhaus. Wir müssen sofort ins Kr ankenhaus mit ihr“, panikt Harald. „Oh Gott, ich glaube ich kriege gleich keine Luft mehr . Das ist zu viel für meine Nerven.“
    Mein Blutdruck dürfte mittlerweile auch die gesunden Werte überschritten haben. In G e danken sehe ich mich schon mit schwarzer Brille und einem Stock durch die Straßen von Ha m burg tapsen.
    „Lies doch mal den Beipackzettel. Vielleicht steht da was Interessantes drin“, schlägt Katja vor. Lautes Rascheln. Haralds pfeifender Atem.
    „Alles okay, Pumbi?“ Die besorgte Stimme von Katja.
    „Meine Haut juckt und ist tomatenrot. Meine Augen brennen wie verrückt und ich werde wahrscheinlich blind. Aber sonst ist alles okay.“ Ich lasse die Arme hängen. „Wenigstens bra u che ich jetzt nicht mehr zu dem dämlichen Empfang.“
    „Ich glaube, ich kriege keine Luft mehr“, keucht Harald.
    „Reiß dich zusammen“, faucht ihn Katja an. „Am besten wir spülen noch mal Julias Gesicht ab.“ Ich höre wie sie den Wasserhahn anstellt. „Harald, schon was gefunden?“
    Lautes Stöhnen, gefolgt von einem dumpfen Schlag.
    „Oh mein Gott, Harald!“  Katja lässt meinen Arm los und stürzt davon.
    „Was ist los? Katja, was ist passiert?“ Ich öffne vorsichtig meine Augen. Durch einen we i ßen Schleier sehe ich , wie Katja sich über etwas großes Schwarzes am Boden beugt.
    Harald! Er liegt wie ein Käfer auf dem Rücken, alle Viere von sich gestreckt.
    „Scheiße!“, flucht Katja. „Julia, ich brauche Hilfe. Der Typ ist schwer wie ein Elefant.“ Gut, dass Harald ohnmächtig ist. Das würde er ihr nie verzeihen.
    „Moment.“ Ich drehe den Hahn auf und spritze mir eine Ladung Wasser ins Gesicht.

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