Holunderküsschen (German Edition)
großartigsten Me n schen, die ich kenne. Sie hat jede freie Minute mit uns verbracht, auch wenn es viel zu wenig war.“ Benni seufzt. „Aber Kindererziehung gehört nicht zu ihren Stärken, ebenso wenig wie das Einbeziehen ihrer Mitmenschen in ihre Pläne.“ Er lächelt ein bisschen. „Jedenfalls wurde mir als junger Mann relativ schnell klar, dass ich nicht sofort im Verlag anfangen, sondern auf eigenen Füßen stehen wollte. Arianne ging es genauso. Also habe ich, gegen den Willen meiner Mutter, eine Fotografenausbildung begonnen und Arianne hat angefangen, als international gefragtes Model zu arbeiten. Wir haben uns in dieser Zeit viel mit Mutter gestritten.“
Während er spricht, fallen mir die Zeitungsartikel über Elisabeth Hirsekorn wieder ein. Eine eiskalte Geschäftsfrau, kein Wort über ihre Familie oder Kinder.
„Weißt du, sie hat nur versucht uns zu schützen und dabei nicht gemerkt, wie wir langsam erwachsen wurden.“
Ich sehe ihn an und kann den Schmerz in seinen Augen sehen.
„Als ich schließlich meine ersten Aufträge und Erfolge als Fotograf hatte, hat meine Mutter schließlich eingesehen, dass ich glücklich bin mit dem was ich tue und mir das Studio angeboten. Ich habe blauäugig zugesagt, entgegen Ariannes Warnungen. Weißt du, meine Schwester hatte schon immer ein gutes Gespür für die Pläne unserer Mutter. Zu dir meinte sie übrigens, du wärst genau die richtige Frau für mich ...“ Er sieht mir tief in die Augen und mein Herz fängt an zu stolpern.
Wir schweigen eine Weile. Ich versuche alle Puzzlesteinchen im Kopf zusammenzusetzen. Langsam fügt sich alles zu einem Bild.
„Und dann kamst du und bist durch mein Leben getrampelt. Du hast mich einfach umg e hauen mit deiner Art."
Ich spüre wie ich rot werde.
„Als du dann im Zug so plötzlich verschwunden bist ohne einen Namen, eine Adresse oder Telefonnummer zu hinterlassen, dachte ich, ich sehe di ch nicht wieder. Und dann tauch st du plötzlich bei der Holiday Dream auf und ich war so froh, dich wieder gefunden zu haben."
„Aber warum hast du mir all das nicht schon viel früher erzählt? Schließlich hattest du mehr als eine Gelegenheit dazu."
„Aus dem gleichen Grund weshalb du mir verschwiegen hast, dass du verlobt bist."
Touche! „Das war total bescheuert von mir, aber ehrlich ... ich war mir dessen selbst nicht mehr bewusst", verteidige ich mich und verdrehe reuig die Augen.
„Du hast mein Leben völlig auf den Kopf gestellt. Ich weiß, du glaubst mir nicht. Aber du bist letztendlich der Grund, warum meine Mutter sich zu diesem Schritt entschlossen hat. Sie war sehr von dir beeindruckt, als du ihr in unserem Meeting deinen Vorschlag unterbreitet hast. Die Idee, das Konzept der Holiday Dream einer Verjüngungskur zu unterziehen, hat sie veranlasst über einen Generation en wechsel nachzudenken. Leider hat sie es versäumt, mich und Arianne von ihren Plänen rechtzeitig zu informieren." Er seufzt. „Für mich kam diese Neuigkeit genauso überraschend wie für dich. Ich wusste, dass es dich verletzt. Ich wusste, dass du das Gefühl ha t test, ich schließe dich aus meinem Leben aus. Aber ... es ist einfach so, dass ich die ganze Sache selbst erst einmal verdauen musste."
„Aber ... warum hast du nicht ... weshalb wolltest du mich nicht mehr sehen?"
„Wer hat denn gesagt, dass ich dich nicht wiedersehen wollte? Natürlich wollte ich dich wiedersehen. Ich war nur so durcheinander. Ich brauchte einfach ein bisschen Zeit mir über alles klar zu werden. Und als du mir erzählt hast, dass du verlobt seist und zu Johann zurückkehrst, ist mir mein Herz in die Hose gerutscht. Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Du warst verletzt und unerreichbar für mich geworden." Er sieht mir in die Augen.
„Äh ... und ...", sage ich und sehe weg. „Deswegen bist du einfach ..."
„Ich wollte nicht wie ein schlechter Verlierer in deinen Augen dastehen, indem ich dich bi t te bei mir zu bleiben."
„Aber ich ...", stottere ich und streiche mir eine Haarsträhne glatt. „Ich habe mich von J o hann ..."
„Hier bist du." Bennis Schwester steht plötzlich bei uns und legt Benni die Hand auf die Schulter. Sie ist groß, viel größer, als ich sie in Erinnerung habe. Ihre Haut ist makellos, ihr G e sicht ist klassisch schön. Der gleiche warme Braunton der Augen, der fein geschwungene Mund. Wie konnte ich nur so blind sein und die Ähnlichkeit zwischen den beiden nicht erkennen?! Die Frau auf den Fotos in Bennis Atelier
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