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Holunderliebe

Holunderliebe

Titel: Holunderliebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Tempel
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Unkrautsammlung.«
    Ich winkte ihm zum Abschied zu. »Ich bestimmt nicht! Bis nachher!«
    Und während ich mich wieder in Richtung des alten Klosters auf den Weg machte, hörte ich, wie Simon seine Kundin freundlich begrüßte. Und dabei stellte ich mit einem Mal fest, dass ich mich wahnsinnig auf diesen Abend freute. Wann hatte das letzte Mal ein Mann für mich gekocht, der nicht mein Vater war? Erik ganz bestimmt nicht. Der hielt es für den Gipfel an Romantik, wenn er die Pizza eigenhändig bestellte.

12.
    B ärlauchsüppchen mit Käsestangen!«
    Lächelnd stellte Simon mir einen tiefen Teller vor die Nase, der eine aromatisch duftende Suppe enthielt, und deutete auf einen Korb mit warmen Blätterteigstangen, die mit goldgelbem Käse überzogen waren.
    »Greif zu, die Dinger schmecken am besten warm.«
    Ich schnappte mir eine Stange, biss herzhaft ab und tauchte gleichzeitig meinen Löffel in die cremig grüne Suppe.
    »Selbst gesammelt?«, fragte ich.
    Simon schüttelte den Kopf. »Nein. Den hat mir eine meiner Kräutersammlerinnen heute mitgebracht, sozusagen als Dreingabe zu den vielen wilden Kräutern aus dem Wald und vom Feld. Ich hatte noch Blätterteig in der Tiefkühltruhe und Sahne im Kühlschrank – da war es nicht schwer, die heutige Vorspeise festzulegen. Schmeckt es dir?«
    »Lecker!«, bestätigte ich ihn. »Was hat sie sonst noch gebracht?«
    »Nichts Aufregendes. Junge Brennnessel und Birke. Spitzwegerich und Gänseblümchen. Die erste Schafgarbe. Löwenzahn. Solche Dinge.«
    »Und was machst du damit? Machst du wirklich aus allem und jedem Tee? Und wofür soll der gut sein?« Ich konnte mich nicht beherrschen, ich war viel zu neugierig. Wann hatte ich das letzte Mal einen Mann getroffen, der von Kräutern und Pflanzen mehr verstand als ich selber?
    Simon lachte. »Bevor ich dir antworte: Was hättest du lieber? Echten Rebensaft, auch Wein genannt – oder lieber einen Kräutertee von einer meiner Hausmischungen? Du darfst dich entscheiden, ich würde mein Menü nie ohne ein Getränk reichen.«
    »Eigentlich kann man mich immer zu einem Wein überreden, aber ich habe Angst, dass mir meine Grippe zu merkwürdigen Träumen verhilft. Dann ist Alkohol wahrscheinlich keine gute Idee.« Ich deutete auf sein Regal mit den Teedosen. »Aber ich freue mich sehr, wenn du mir eine deiner Wunderdrogen gibst.«
    Er lachte. »Da ist nichts Wundersames dran. Aber wenn du Probleme mit dem ruhigen Schlaf hast, dann gebe ich dir ein wenig Baldrian, Melisse und Kamille. Und hoffe, dass du mir nicht einfach einschläfst.«
    Mit den ruhigen, wohlüberlegten Bewegungen, die ich schon am Vormittag beobachtet hatte, mischte er mir seinen Tee, brühte ihn auf und ließ ihn ziehen. Fast hatte ich schon das Gefühl, er hätte meine Frage überhört, als er sich endlich wieder hinsetzte, mir meinen Tee reichte, und antwortete.
    »Immer nur Tee? Nein, das wäre mir zu langweilig. Du hast dich in meinem Laden noch nicht genügend umgeschaut, sonst hättest du gesehen, dass ich einen Teil der Kräuter einfach im Büschel anbiete – und aus anderen Seifen koche oder Cremes mache. Wieder andere wandern in Speiseöl, das man dann zum Würzen einsetzen kann. Tinkturen, Mazerate, Hydrolate – vor mir ist nichts sicher. Manches probiere ich aus, verwerfe es wieder und beschließe, dass es niemals in den Handel kommen sollte. Wieder anderes entwickelt sich zu einem echten Verkaufsrenner. Fichtenspitzenhonig oder Löwenzahnsirup kommen bei meiner Kundschaft so gut an, dass ich regelmäßig im Herbst ausverkauft bin. Jetzt ist es an der Zeit, wieder neue Sachen zu machen.« Fast verlegen zuckte er mit den Schultern. »Es macht mir Spaß, mit dem zu arbeiten, was mir die Natur so freigiebig schenkt.«
    »Das klingt wunderbar«, bestätigte ich ihn. »Ich selbst bin auch glücklicher, wenn ich in meinem Garten bin, als wenn ich in der Uni in alten Büchern lese.«
    »Warum studierst du dann Geschichte?« Er sah mich aufmerksam an. »Es gibt doch Studiengänge, die deinen Interessen sehr viel mehr entgegenkommen würden, oder nicht?«
    Ich zögerte. Meine Begründung für das Geschichtsstudium klang schon vor meinen eigenen Ohren etwas merkwürdig. Ob ich das wirklich einem anderen erzählen sollte? »Na ja, es ist so, dass ich das Gefühl habe, ich müsste das studieren …«, begann ich zögernd.
    »Wer zwingt dich denn?«
    »Irgendwie denke ich, dass es in der Vergangenheit eine Antwort auf meine Fragen geben muss. Auf

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