Holy Shit
»Schwanzgrotte«, »Fickmonster«) empfinden, erscheint den anderen als Kinderkram. Anmachende Vokabeln muss man einfach ausprobieren. Manche wirken umwerfend, andere nur umwerfend komisch.
Warum uns die schmutzigen Wörter so erregen können? Es hängt mit ihrer schon erwähnten starken emotionalen Qualität zusammen, dazu mit der Hirnregion, in der sie gespeichert sind. Das rationale, konventionalisierte, kontrollierte Verhalten, wie es der Frontallappen anstrebt, wird durch das limbische System heftig irritiert, es unterstützt außerdem die Ausschüttung von allerlei hilfreichen Hormonen. Das muss nicht immer zu befriedigenderem Sex führen, aber es könnte. Insofern ist Dirty Talk eine Variante, die mal einen Versuchwert wäre! Unter dem Laken freuen sich schon – es gibt ja auch poetische Bezeichnungen – Omar der Zeltmacher und die Palmen-Oase.
Ganz im Bild dank »Bild«?
Da die vielverkaufte Zeitung Bild zu allem eine Meinung hat und zu bilden versucht, verwundert es wenig, auch zu Dirty Talk aufschlussreiche Hinweise ebendort zu finden. Tipps zum Thema gibt man diskret auf dem Onlineportal Bild.de . Die Autorin Meike Meyruhn verspricht durch Dirty Talk einen »zusätzlichen Lustkick auf Ihre elektrisierten Körper«, wichtiger noch: Sie scheidet in einer Gegenüberstellung klar und sauber, was beim Dirty Talk »super« geht und was »gar nicht«. Mit viel Sensibilität für die heikle Situation beginnt sie ihre Empfehlungsliste nicht gleich mit Schmutzigkeiten der höchsten Grade. Ein wenig überrascht dabei aber doch das erste Beispiel: »Habe mich schon den ganzen Tag auf dich gefreut.« Wenn das Dirty Talk ist, haben extrem viele Menschen damit Erfahrung. Auch »Du machst mich wahnsinnig.« oder »Noch eine Bewegung, und ich flippe aus.« wirken noch wenig schmutzig. Die Empfehlung, es mit »Leck meine Mumu.«, »Reit mich wie ein Pony.« oder »Du bist eine Granate.« zu versuchen, hört sich höchstens nach einem Vorspiel in Sachen Dirty Talk an. Viel gewagter als »Ja, mach weiter. Genau so. Das ist schön.« oder »Fass mich fester an, ja, genau so.« wird es nicht, wenn man von »geil« oder »Er gehört nur dir. Lutsch ihn!« absieht. Wirklich dreckig wird das Bettgeflüster erst mit der zweiten Liste, die von Ausdrücken abrät . Hier bietet die Expertin für Dirty Talk Lustigkeiten und Kuriositäten wie »Du machst mich so heiß, ich könnte meine Eier auf dir braten.« oder »Dein Sperma schmeckt sch…, schluck den Mist doch selbst.« und »Du Stute, ich bock dichjetzt auf!« – das ist immerhin tierisch kreativ.
Weitere Beispiele sorgten garantiert für Aufregung beim Sex, allerdings nicht unbedingt für die gewünschte. Oder hörten Sie gern »Irgendwie riecht das hier ganz komisch.«, »Ej, komm schon, Babe! Bei mir kannst du noch richtig was lernen!« oder »Bin schon drin!«? Dass sich ein Komikklassiker wie »Gib mir Tiernamen!« in die Negativliste verirrt hat, erscheint mir seltsam. Schließlich ist – vielleicht noch vor Dirty Talk – Humor im Bett eine prima Einstellung.
PS Wer viel mehr wissen möchte über die unglaublich reiche Welt der Ausdrücke für alle beim Sex beteiligten Körperteile und die meisten Tätigkeiten dabei, dem sei »Dirty Words. The Story of Sex Talk« von Mark Morton heißestens empfohlen: lehrreich, anregend für Körper und Geist, dazu klug.
Die Schwanzhymne beim Gala-Dinner
Die folgende Filmszene aus Monty Python’s Flying Circus ist ein echter Klassiker des Dirty Talk made in Britain und belegt, mit welch extraordinärer Sprachlust diese Truppe arbeitete: Stellen Sie sich Eric Idle als leger, doch stilvoll gekleideten Pianisten in einem piekfeinen, altmodisch plüschigen Restaurant vor. Der Saal ist voll. Beim Gala-Dinner sitzen die Herren im Frack, die Damen in festlicher Robe. Da beginnt Idle, sein Lied ganz nonchalant witzig zu singen und zu spielen. Die Dinnergesellschaft zeigt sich entzückt, glänzend amüsiert, kichert zustimmend und spendet schließlich freundlichsten Applaus. Was da beklatscht wird? Ein Couplet voll ordinärster umgangssprachlicher Penisbezeichnungen.
Unmöglich, den Text wörtlich zu übersetzen, selbst wenn es manch einer schon versucht hat. Ich baue auf Sprachkenntnisseoder Sprachneugier der Leserinnen und Leser, die hier ihren Spezialwortschatz im Englischen erweitern könnten, und präsentiere lieber das Original:
The Penis-Song
Isn’t it awfully nice to have a penis
Isn’t it frightfully good to have a
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