Holz und Elfenbein
sich eines Bessern. Immerhin war Federico heute an seiner rechten Hand operiert worden. Auf der anderen Seite machte ihm Federico nicht den Eindruck, dass er noch viel Schmerzen verspüren würde, in seinem gegenwärtigen Zustand: Federicos Körper war erschöpft und würde nicht mehr lange durchhalten. Noch ein paar Minuten, dann wäre er so weit.
Noch ein letztes Mal hob Alexis seine Hüfte an und ließ sich auf Federico nieder. Auch ihn störte es nicht mehr, dass er Federicos bestes Stück so ganz ohne Vorbereitung und Gleitmittel in sich aufnahm. Kurz nur hielt der brennende Schmerz an, dann stützte er sich auf Federicos Schultern ab.
Er fühlte sich trunken vor Lust und Leidenschaft. Als ob er zu viel Whisky intus hätte, nahm er die Welt nur noch verschwommen war. Doch eines blieb die ganze Zeit hinweg klar: Federicos grüne Augen, die nicht eine Sekunde den Blick abwandten und ihn gefangen hielten.
Er stöhnte irgendwelchen Nonsens an Federicos Hals als er sich zu ihm hinabbeugte und spürte wie sein Partner endlich in ihm kam – einen schwachen, leisen Schrei auf den Lippen. Und dann ließ er sich von seinem Körper treiben, noch ein paar Sekunden länger und wenig elegant landete er auf Federicos Körper. Doch statt sich zu beschweren, klopfte ihm der nur müde auf die Schulter.
»Danke.«
»Stets zu Diensten... Mylady«, prustete Alexis los und rollte sich von ihm herunter, »sollte erneut ein Bedürfnis dieser Art auftreten, dann...«
»Depp!«
27
»Nein, Alexis. Doch nicht so!«
Zum dritten Mal in der letzten halben Stunde erhob sich Federico von seinem Platz am Fenster und beugte sich über Alexis‘ Schulter.
»Ab Takt 66 musst du die Melodie besser betonen und außerdem das Staccato könnte auch besser herausgearbeitet sein.«
Nur mit Mühe unterdrückte der Angesprochene ein leidvolles Stöhnen, während Federico eifrig mit seinem Finger auf dem Notenblatt die Schwierigkeiten der Stellen hervorhob. Alexis hatte sich ja gedacht, dass es schwierig werden dürfte zu Hause an ihrem Flügel zu üben wenn Federico daneben saß und ihn ständig verbesserte. Dass dies aber so häufig vorkommen würde, das hätte er nicht gedacht und es nervte ihn gewaltig. Natürlich wusste Alexis, dass er sich mit der Waldstein-Sonate von Beethoven ein anspruchsvolles Stück Klavierliteratur herausgesucht hatte. Anspruchsvoll selbst für einen Konzertpianisten, ganz zu schweigen für einen Organisten wie ihn. Doch Alexis hatte sich schließlich noch nie vor Herausforderungen gedrückt und er brauchte auch diesen Nervenkitzel und Reiz um das Beste aus sich herauszuholen.
»Federico«, seufzte er. »Ich bin nun einmal kein Pianist. Dir muss doch klar sein, dass ich mich in diesem Punkt nie mit dir messen könnte« , erklärte er, während er wieder zu spielen begann. Von daher war Federicos Kritik nicht ganz unangebracht, aber jetzt so kurz vor der Prüfung würde Alexis auch keine grundlegenden Änderungen mehr an seiner Interpretation der Sonate vornehmen.
In Wahrheit würde er jetzt auch lieber seine Orgelwerke einstudieren. Einfach weil es ihm viel mehr Spaß machte und Federico dann nichts mehr kritisieren könnte.
Da war er extra zu seinen Eltern gekommen damit er diese letzten Tage vor der Prüfung in Ruhe verbringen und in aller Abgeschiedenheit sich auf die letzten Feinheiten seines Vortrags konzentrieren konnte. ›In Ruhe‹ hieß nun einmal nicht, dass sein Freund an ihm herummäkelte als ob Alexis noch nie zuvor ein Klavier auch nur angefasst hätte.
»Ist schon klar, aber trotzdem«, verteidigte Federico seine Kritik. »Außerdem willst du doch der Beste sein, oder nicht?«
Alexis ignorierte die weiteren Zurechtweisungen. Eigentlich meinte es Federico ja nur gut mit ihm in dem er Ratschläge gab. Vorgestern hatte Alexis ihn ja sogar darum gebeten, da war er über eine besonders kniffligen Stelle gestolpert und hatte seinen ursprünglichen Fingersatz über den Haufen geworfen. Außerdem war es für Federico auch Ablenkung und Zeitvertreib den Übungsstunden von Alexis beizuwohnen.
Zwar hatte Federico seine Physiotherapie begonnen und kräftigte seine Hand mit den Übungen, die ihm aufgetragen worden waren. Doch ans Klavier setzen durfte er sich noch lange nicht. Was Federico wohl insgeheim gehofft hatte und ihm zu schaffen machte, auch wenn er es nicht offen sagte. Außerdem musste er sich noch der zweiten Operation unterziehen, die im nächsten Monat anstand. Nebenher bildete sich Federico in
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