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Holz und Elfenbein

Holz und Elfenbein

Titel: Holz und Elfenbein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanya T. Heinrich
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Musiktheorie weiter und versuchte sich im Komponieren, aber das füllte ihn bei weitem nicht so aus wie sein geliebtes Klavier. Dabei waren die Klaviersonaten, die Federico in den letzten Wochen komponiert hatte, wirklich sehr gut gelungen. Alexis wusste, dass er in der Beurteilung von Federicos Arbeit voreingenommen war und so hatte er die Noten heimlich kopiert und sie seinem Freund Frank zukommen lassen. Frank hatte Musikwissenschaften studiert also würde er wohl am besten beurteilen können, ob Federicos Werk das Zeug dazu hatte jemals aufgeführt zu werden.
    Doch alles in allem fiel Federico so langsam die Decke auf den Kopf. Damals am Konservatorium war jeder Tag von ihm bis auf die letzte Minute verplant gewesen: Vorlesungen, Übungsstunden, Stunden zum Selbststudium. Ganz zu schweigen von den zahlreichen Reisen zu Wettbewerben und Meisterkursen. Verglichen dazu lebte Federico jetzt geradezu ruhig und zurückgezogen.
    Ja, Alexis hatte Verständnis für die Lage seines Partners, doch die permanenten Verbesserungen nagten an seinen Nerven. Zumal es seit vier Tagen beinahe das einzige Gesprächsthema zwischen ihm und Federico war.
    »Was ist das denn wieder für ein Fingersatz?«
    Alexis zuckte zusammen, er hatte nicht bemerkt wie Federico erneut neben ihn getreten war.
    »Nein, Alexis du musst es anders machen.« Federico zückte einen Bleistift, nahm sich das Notenheft und begann eifrig einen neuen Fingersatz einzutragen. »Siehst du, wenn du hier den Ersten nimmst und dann einen stummen Wechsel...«, setzte Federico von Neuem an und warf einen Blick auf die Notenblätter.
    »Nein!«
    »Was denn?«
    »Hör auf damit Fedri. Ich werde nie so ein begnadeter Pianist wie du sein und deshalb nützen mir deine Ratschläge rein gar nichts.« Zum Glück hatte sich Alexis noch beherrschen können und dies mit ruhiger Stimme vorgebracht.
    »Außerdem will ich mir jetzt keinen neuen Fingersatz mehr aneignen. Meiner tut es auch.«
    Federico öffnete den Mund, dann schloss er ihn wieder.
    »Okay.« Es klang leicht verstimmt. Aber so herrschte wenigstens eine halbe Stunde Ruhe im Raum, wenn man von Federicos Seufzen und Hüsteln absah, das er sich nicht verkneifen konnte, sobald Alexis es wieder einmal an Ausdrucksstärke fehlen ließ.
    Doch dann kam es, wie es kommen musste. »Ich würde dir wirklich raten an den Trillern zu üben. Als ich die Sonate damals gespielt habe...«
    Alexis riss endgültig der Geduldsfaden. »Verdammt noch mal, dann mach es doch selbst«, platzte es aus ihm heraus. Federico erwiderte nichts, aber man konnte deutlich erkennen, wie er die Kiefer aufeinander presste und seine Augen zusammenkniff. Dann stand er auf und ging einfach hinaus. Die Tür ließ er mit so einem lauten Knall ins Schloss fallen, dass es wohl das gesamte Haus mitgehört hatte.
    Erst jetzt wurde Alexis klar, was ihm da herausgerutscht war. »Oh, shit .« Er könnte sich die Zunge dafür abbeißen. Alexis klappte die Abdeckung der Klaviatur zu. Jetzt hatte er erst recht keine Lust mehr zu üben.

    Federico ignorierte die verwunderten Blicke von Alexis‘ Eltern als er in sein Zimmer hinaufging. Mit Sicherheit hatten sie die Tür gehört und fragten sich nun, was vorgefallen war. Was sollte er sagen?
    Etwa: »Euer Sohn hat überhaupt kein Taktgefühl. Er kann keine Kritik vertragen und verliert leichter die Fassung als ein Kind in der schlimmsten Trotzphase!« Nein, dieser letzte Vorwurf war nicht ganz fair. Alexis war verständlicherweise etwas dünnhäutig so kurz vor seiner letzten Prüfung. Er hatte sich ganz schön ins Zeug gelegt und sein Programm für die Prüfung war mehr als nur ambitioniert.
    Und doch, was ärgerte Federico diese letzte Bemerkung. Alexis hatte doch seinen Ratschlag eingeholt, aber jetzt war es auf einmal zu viel und er sollte wieder den Mund halten? Sollte das einer verstehen.
    Alexis‘ Eltern waren mittlerweile von ihrem Kuraufenthalt in Indien zurückgekehrt. Federico konnte sich wirklich nicht beklagen, sie hatten ihn sehr freundlich behandelt und bemühten sich redlich ihm hier ein zu Hause zu bieten. Wie ihn überhaupt die ganze Familie Arrowfield so freundlich aufgenommen hatte. Vielleicht lag es daran, dass er und Catherine, die Jüngste der vier Geschwister, gleich alt waren und Elizabeth und David ihn deshalb mehr als Sohn behandelten als der Freund und Liebhaber von Alexis. So wurde Federico gerügt wenn er mit Alexis Französisch sprach. Er wäre hier in England, also solle er auch Englisch

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