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Holz und Elfenbein

Holz und Elfenbein

Titel: Holz und Elfenbein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanya T. Heinrich
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oberlehrerhaft«, mäkelte Federico.
    »Nun, ich bin ja auch sieben Jahre älter. Also steht mir das zu«, bemerkte Alexis spitz und sie lachten. »Es ist nur gut gemeint«, versicherte er dann.
    »Ich weiß, aber ich kenne das nicht. Es gab nie jemandem mit dem ich so geredet hätte und der mir seinen Rat anbietet. Claude ist zwar ein guter Freund, aber wir unterhalten uns selten über ernstere Themen.«
    Alexis verstand. Federicos Eltern hätte ihrem Sohn sicherlich ins Gewissen geredet, aber sie waren nun einmal tot. Diesen leeren Platz hatte niemand im Leben des Pianisten ausfüllen können. Nicht, dass Alexis den Platz von Federicos Eltern einnehmen wollte. Gott bewahre. Er wollte mehr als ein großer Bruder oder Ratgeber sein.
    Er beobachtete wie sich Federico durch die Haare fuhr und sein Glas abstellte. »Hast du eigentlich einen Freund?«, wollte er wissen.
    Die Frage überraschte Alexis, weil sie so aus dem Nichts gegriffen schien. Er schwenkte den Whisky in seinem Glas und betrachtete die Brechung des Lichts in der bernsteinfarbenen Flüssigkeit. »Nein, nicht mehr. Es hat nicht funktioniert zwischen uns und deshalb bin ich überhaupt erst nach Genf gekommen. Ich hatte einen Tapetenwechsel dringend nötig.«
    »Was ist passiert?«
    »Oh, er hat mich betrogen und angelogen.«
    Federico erwiderte nichts, schien aber nicht so recht mit dem Gesagten etwas anfangen zu können.
    »Glaubst du, nur weil wir schwul sind, gebe es keinen Streit und gescheiterte Beziehungen? Das ist nicht anders als bei euch Heteros. Wir sind ja auch nur Menschen.«
    Langsam nickte Federico und legte den Kopf zurück an die Lehne. »Kann es überhaupt funktionieren?«, fragte er weiter. »Eine Beziehung zwischen zwei Männern?«
    Mit Sicherheit war es der Alkohol der Federico so leichthin über dieses Thema reden ließ, aber Alexis war froh, dass er dem anderen seine Ansichten darlegen konnte.
    »Es ist mit Sicherheit schwieriger«, gab er zu. »So eine Beziehung ist immer und jeden Tag Belastungen ausgesetzt. Aber mit Sicherheit geht es... mit dem richtigen Partner.« Er stützte seinen Kopf in die Hand und betrachtete Federico. Ach, er würde es so gerne mit Federico probieren, ob die Hoffnung wirklich berechtigt war.
    Doch Federico starrte nur in die Luft und runzelte die Stirn. »Wie merkt man es? Ich meine, wo hört die Freundschaft zu einem Mann auf und wo fängt die Liebe an?«
    Alexis gab sich nicht der Hoffnung hin, dass Federico diese Frage in Bezug auf sich selbst gestellt hatte. »Die gleiche Frage, könntest du auch einem Mädchen stellen. Und in beiden Fällen würde ich sagen, das hängt vom Einzelfall ab.«
    »Mhm.« Offensichtlich fand Federico diese Antwort wenig befriedigend.
    Schließlich forderte der Schlaf doch seinen Tribut und Alexis schreckte auf als er erneut eingenickt war. Federico saß neben ihm, der Mund stand halb offen und auch er schlief, den Kopf auf unbequeme Weise in den Nacken gelegt. Wenn sie so weitermachen würden, hätten sie morgen früh beide höllische Kreuzschmerzen. Zumal Alexis glaubte, dass ein ausgewachsener Muskelkater im Anzug war. Federico hatte ihn ganz schön gefordert. Eine Nacht zusammengekauert auf der Couch würde da nicht gerade dienlich sein. Er schaltete den Fernseher aus, verkorkte die Whiskyflaschen und schob die Gläser zur Seite.
    Vorsichtig zog er Federico in die Höhe und schlang einen Arm um dessen Hüfte. »Soll ich heimgehen?«, fragte dieser schlaftrunken, richtete sich auf und legte eine Hand auf Alexis‘ Schulter um sich abzustützen.
    »Was wäre das für eine Gastfreundschaft?«, erwiderte Alexis empört. »Du kannst natürlich bei mir schlafen.« Sie tappten den kurzen Gang entlang zum Schlafzimmer.
    »Es mag merkwürdig klingen, aber ich war gern bei dir«, gestand Federico und sah ihn an. Ihre Gesichter waren nur wenige Zentimeter voneinander entfernt und Alexis strich ihm einige vorwitzige blonde Strähnen aus dem Gesicht.
    »Willst du mich jetzt küssen?«, raunte Federico leise.
    »Was?«, machte Alexis schwach und schluckte. Als ob er über die Antwort dieser Frage noch lange nachgrübeln musste.
    »Am Freitag hast du es getan.« Federico lehnte sich an den Türrahmen.
    »Da hätte ich mich besser unter Kontrolle haben sollen«, murmelte Alexis und blickte zu Boden. Dabei fiel ihm jedoch die Veränderung auf, die in Federico vorgegangen war. Vielleicht war es nur ein Bedürfnis, das durch den Alkohol verstärkt wurde, aber ganz unmerklich hatte Federico

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