Holz und Elfenbein
Form unter dem dünnen Stoff der Retroshorts allzu deutlich zu erkennen war. Claude würde jetzt mit Sicherheit einen Kommentar à la ›knackiges Stück Fleisch‹ oder ›wohlgeformt und perfekt‹ loslassen. Federico hingegen schwieg, auch wenn er sich Claudes imaginären Kommentaren durchaus anschließen konnte.
»Willst du frühstücken?« Alexis sah auf und Federico konnte gerade rechtzeitig in seine Tasse schauen. Allerdings bemerkte er Alexis‘ verschmitztes Lächeln. Warum würde es ihn nicht wundern, wenn Alexis absichtlich in Unterwäsche durch die Küche lief?
»Sind die Gerüchte über das englische Frühstück wahr?« Gebratener Speck, gebackene Tomaten, Spiegeleier und noch diese weißen Bohnen in Soße, da stellte sich Federicos Magen schon vom Hörensagen quer und das sagte er auch.
Alexis lachte. »Okay... Ahm, wie wär es mit Porridge?«
»Bitte?«
Alexis kramte nach einer passenden französischen Übersetzung. »Haferbrei.«
»Urks.« Federico machte ein angewidertes Gesicht. »Dann lieber Spiegeleier.«
»Hab leider keine Eier da. Porridge schmeckt wirklich gut. Wir essen das schließlich seit Jahrhunderten. Willst du duschen? Dann koche ich es so lange.«
Der Haferbrei sah genau so aus, wie ihn sich Federico vorgestellt hatte. Zögerlich rührte er mit dem Löffel in der breiigen, gräulichen Masse herum und beobachtete Alexis, der mit sichtlichem Genuss das Porridge verzehrte. Er wollte es jedoch auch nicht unangetastet stehen lassen, jetzt wo sich Alexis so viel Mühe damit gegeben hatte.
Alexis grinste und als Federico sich erkundigte, was denn so lustig sei, nahm er nur einen Löffel des Breis und beugte sich quer über den Esstisch. »Mund auf!«
»Wa..?« Schon hatte er den Löffel im Mund und es war köstlich! Überrascht riss Federico die Augen auf. Es schmeckte süß. Alexis musste Zucker und Zimt dazugeben haben. Außerdem noch Rosinen und kleine Stückchen Baiser! Genüsslich schloss Federico die Augen. »Okay, das ist wirklich ziemlich gut.« Wer hatte auch gedacht, dass Alexis kochen konnte.
»Dachte mir, dass du eine Naschkatze bist«, stellte Alexis befriedigt fest.
»Sieht man es mir an?« Federico löffelte nun eifrig das Porridge. Es war mit Sicherheit nicht das traditionelle Rezept für den Haferbrei, aber wen scherte das schon. Da war es wieder, dieses Gefühl von Zufriedenheit und Unbeschwertheit, das er schon gestern Abend verspürt hatte. Nicht umsonst hatte er zu Alexis gesagt, er hätte diese Stunden genossen. Es war wie mit einem großen Bruder. Alexis hörte ihm zu, gab ihm Ratschläge, aber neckte ihn auch und sie stritten sich, wie gestern Morgen. Eben ganz so wie sich Federico eine Beziehung zu einem Bruder vorstellen würde.
Alexis verweigerte ihm auch eine Schmerztablette als ihn Federico danach fragte. Sein rechtes Handgelenk gab wieder dieses bohrende Pochen von sich. Dabei müsste Alexis doch wissen, dass dies Federico nicht im Mindesten davon abhalten würde sich dann eben erst am Campus eine Tablette zu holen. Ob er sie jetzt oder in einer Stunde einnahm, machte doch schließlich keinen Unterschied.
Aber Federico ließ das Thema fallen, stattdessen meinte er. »Was soll ich Dekan Haylen sagen? Bestimmt weiß er es inzwischen, dass ich nicht nach Brüssel möchte. Als ich das letzte Mal bei ihm war, bin ich schlussendlich einfach aus dem Sprechzimmer gegangen und habe die Tür hinter mir zugeknallt.« Federico hielt kurz inne. »Kam nicht so gut an.«
Alexis kratzte währenddessen den Kochtopf aus, um ja keinen Rest des Haferbreis vergeuden zu müssen. »So jemandem wie Haylen musst du immer die Vorteile auf die Nase binden, die er an einer bestimmten Situation hat. Also jammere ihm nichts vor, das bringt rein gar nichts.«
»Aha.« Federico wischte sich den Mund mit der Serviette ab. »Ich möchte demnach, dass Lucrezia das Konservatorium vertritt, weil...«
»... weil du gerne für ein paar Wochen kürzertreten willst damit sich die Beschwerden in deiner Hand bessern, weil sonst der vielversprechendste Nachwuchspianist seiner Generation vielleicht nie mehr wieder Klavier spielen wird.«
»Vergiss es Alexis«, erwidert Federico kalt. Nie und nimmer würde er dies zugeben, zumal Alexis hier einmal wieder schamlos übertrieb. So schlimm war es nun bei weitem auch wieder nicht.
»Na gut, ich dachte, ich versuche es wenigstens noch einmal.« Alexis löffelte noch etwas Porridge und schien zu überlegen. »Sag, dass es nicht gut ist, wenn sich
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