Holz und Elfenbein
Duschen. Lucrezias bissige Worte vom Mittag kamen ihm in den Kopf. Hatte sie nicht behauptet, Federico hätte Probleme mit seiner Hand? War Federico deshalb so aufgebracht gewesen, weil Lucrezia mit diesen Worten einen wunden Punkt berührt hatte? Unbestreitbar gab es für einen Pianisten nichts Schlimmeres als eine verletzte Hand, mit der er nicht mehr spielen konnte. Die Schmerzmittel und Federicos Verhalten beim Fechten ließen nur den Schluss zu, dass es in der Tat Schwierigkeiten geben musste.
Es überraschte ihn als sich Federico zu ihm gesellte und ebenfalls anfing sich zu duschen. Alexis war nicht mehr so wütend auf den Pianisten wie noch am Nachmittag, doch nichtsdestotrotz, er konnte schweigen. Er würde Federico auch nicht nach den Tabletten fragen, oder nach sonst etwas. Federico schien gute Ratschläge nicht gerne annehmen zu wollen und einmal am Tag als arrogant und unausstehlich betitelt zu werden reichte Alexis. Welche Ironie, da stand Federico nackt neben ihm und Alexis starrte nur stoisch auf seine Füße als er sich die Haare wusch. Nicht einen Blick würde er riskieren! Nein. Oder doch? Egal ob wütend oder nicht, es stand nicht irgendein Mann neben ihm, sondern Federico.
› Ganz gefährliches Terrain, Arrowfield‹, mahnte er sich selbst in Gedanken und versank sich in die Betrachtung der weißen Kacheln an der Wand.
Zaghaft richtete Federico das Wort an ihn: »Alexis?«
»Mhm?«, brummte er unverbindlich um zu signalisieren, dass er zuhörte.
»Sprich mit niemandem darüber.«
»Worüber?«, verwirrt blickte Alexis auf.
»Das, was du gerade gesehen hast.«
»Aha«, machte Alexis etwas überrumpelt. Wenn er jetzt Federico in einer peinlichen oder kompromittierenden Situation ertappt hätte. - Vor seinen Augen formte sich die Szene eines Federicos, der klatschnass unter der Dusche stand und sich einen runterholte. Alexis drehte den Mischer der Dusche auf kalt. In so einem Fall hätte er Federicos Bitte durchaus nachvollziehen können, aber er hatte doch nur sein Handgelenk gekühlt und das war eine harmlose Tatsache sofern... Er hielt inne und wieder gingen ihm Lucrezias giftige Worte durch den Kopf. Sicherlich gab es bereits Gerede auf dem Campus, ob Lucrezia recht hatte mit ihrer Behauptung. Jetzt verstand er Federicos Dilemma. Sollte jetzt auch noch Alexis diesen Gerüchten Nahrung geben, würde Federico mehr und mehr in Erklärungsnot geraten.
Alexis stellte die Dusche aus, wickelte sich ein Handtuch um die Hüften und rieb sich mit einem anderen die Haare trocken.
»Dann lag Lucrezia gar nicht so falsch«, sagte er ruhig und konnte deutlich beobachten wie Federico zusammenzuckte als er diese Worte sprach. Unwillkürlich wanderte Alexis‘ Blick von den Schultern abwärts zu tieferen Körperregionen. Federico hatte einen wunderschönen Rücken, befand er. Der Pianist war zwar schlank, bestand aber nicht nur aus Haut und Knochen, auch wenn ihm sicherlich ein oder zwei Kilo mehr auf den Rippen nicht geschadet hätten. Schmale Hüfte, fester, knackiger Hintern. Alexis sah gerade noch rechtzeitig auf als Federico sich umwandte, so dass er nicht dabei ertappt wurde wie er Federicos Anatomie so eingehend begutachtete.
Federicos Gesicht wirkte eingefallen und müde als er nach seinem Handtuch griff und beiläufig stellte Alexis fest, dass er es mit der linken Hand tat.
»Wie schlimm ist es?«, fragte er freiheraus und dachte an die Tabletten, die er in Federicos Tasche gesehen hatte.
Grüne Augen blickten ihn flehentlich an. »Bitte, du darfst...«, begann Federico erneut doch Alexis schnitt ihm das Wort ab.
»Keine Sorge, von mir erfährt niemand auch nur ein Wort. Versprochen.«
»Danke.« Verlegen lächelte Federico und schnippte sich ein paar Wassertropfen von den Fingern. »Es ist nicht so ernst wie es aussieht. Ich kann immer noch ein Konzert durchspielen. Ich hatte das schon einmal im letzten Frühjahr. In ein bis zwei Wochen ist alles wieder okay. Es ist nur eine leichte Reizung.«
Federico bemerkte Alexis‘ skeptischen Gesichtsausdruck. »Was?«
»Bei einer ›leichten Reizung‹ krümmt man sich nicht auf dem Boden und ist leichenblass dabei.«
Diese Bemerkung erntete nur ein genervtes Augenrollen bei Federico. »Du übertreibst.«
»Ganz und gar nicht.« Sie gingen in den Umkleideraum zurück. Wieder schwiegen sie und nur das Rascheln der Kleidung war zu hören als sie sich umzogen.
»War ich das etwa?« Federico deutete auf einen rötlichen Streifen an Alexis‘
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