Holz und Elfenbein
stürzen.
»Alexis!«
»Ja?«
»Jérôme steht halbnackt in der Küche.« Federicos Gesichtsausdruck war dabei auf eine sehr amüsante Art und Weise ausdruckslos.
»Oh«, lachend drückte Alexis den Kopf in das Kissen.
»Sag nicht einfach ›Oh‹!«, ahmte Federico seinen britischen Akzent nach. »Ich weiß ja, dass Claude sich schon lange in Jérôme verguckt hatte, aber ihn jetzt in diesem Zustand in der Küche zu sehen ist etwas gänzlich anderes.«
»Ja, das hatte ich dir vergessen zu sagen.« Alexis hatte in der Tat nicht daran gedacht, diese Entwicklung Federico mitzuteilen. Obwohl, er hatte es ja nicht mit hundertprozentiger Sicherheit gewusst, dass Claude und Jérôme noch eine extra Trainingseinheit auf dem Matratzenlager eingelegt hatten.
»Jérôme hat mich gestern beim Training angemacht. Ich habe ihn dann an Claude verwiesen.«
»Deshalb wolltet ihr gestern noch ausgehen? Du Kuppler!«
Alexis richtete sich auf einen Ellbogen auf und blickte zu Federico, der die Tür so intensiv anstarrte, als ob er einen Röntgenblick hätte. Als ob ein wildes Tier oder fremdes Alien hinter der Tür lauern würde und er es sich zweimal überlegen müsste wieder über die Schwelle zu treten.
»Jetzt zier dich nicht so.«
»Die beiden haben da drüben...« Federico deutete auf die Wand, unfähig das Geschehene in Worte zu fassen.
»Wir doch auch.« Alexis zog nur eine Schulter hoch und legte sich hin.
Federico schüttelte langsam den Kopf. »Das nächste Mal übernachten wir wieder bei dir.«
12
»Nein. Ich sagte nicht die Nummer 25, sondern Nummer fünfzehn, die Rotweinsauce... Nein, ganz sicher habe ich das nicht so geordert!«
Federico rollte mit den Augen und fragte sich unwillkürlich, ob denn seine Aussprache so undeutlich war oder ob etwas mit der Telefonverbindung nicht stimmte. Nachdem er den Leuten vom Catering also nun zum dritten Mal in Folge die Bestellung heruntergebetet hatte, war er versucht das Handy ganz abzuschalten und in die hinterste Ecke des Raumes zu pfeffern.
Das hatte er nun davon, dachte Federico während er sich wieder vor den Flügel setzte und versuchte sich zu sammeln.
Als ihm damals vor zwei Wochen Madame Dupal erzählt hatte, Professor Vipatchi würde nach Genf kommen, hatte er ja noch nicht ahnen können, dass die Organisation des Konzertabends und des anschließenden Stehempfangs mit Umtrunk komplett an ihm hängen blieb. Angefangen von der Bestuhlung und Beleuchtung bis hin zum Catering und der Einladung der lokalen Presse. Keiner der Professoren hatte sich verantwortlich dafür gefühlt und die Leute von der Verwaltung hatten schon ohnehin genug zu tun. Federico war also das Opferlamm, dem die Bürde aufgelastet worden war sobald er nur den leisesten Hauch von Interesse an der Organisation des Events gezeigt hatte. Nun, wenigstens hatte man ihm dann auch freie Hand gelassen was das Konzertprogramm anging. Und hatte nicht sogar der Dekan höchst selbst ihn gelobt und sich äußerst beeindruckt gezeigt? In Bezug auf Dekan Haylen musste Federico auch ein bisschen auf ›gut Wetter‹ machen, wie sich Alexis so treffend ausgedrückt hatte.
Eine Handvoll der besten Musiker des Konservatoriums würde Stücke zur Aufführung bringen. Unter anderem auch Claude und Alexis. Federico hatte keinerlei Skrupel empfunden als er die beiden mit auf das Programm gesetzt hatte. Zusammen mit Claude würde er ein Stück für Klavier und Violine spielen. Er wusste, dass Claude schon lange den Wunsch hegte, einmal mit ihm zusammen aufzutreten. Alexis würde seine Bearbeitung der ungarischen Rhapsodie Nr. 2 von Franz Liszt auf der Orgel zum Besten geben und diesem Programmpunkt vorangestellt war Federicos Interpretation eben genau jenes Stückes. Dekan Haylen fand dies einen ganz ›wunderbaren Einfall‹ und brannte schon darauf dieses ›spannende Experiment‹ zu hören.
Auch wenn der Mann ihn sonst nervte, durch Federicos Engagement ließ er ihn wenigstens mit zusätzlichen Konzertterminen und Aufführungen in Ruhe. So hatte der ganze zusätzliche Arbeitsaufwand wenigstens diesen einen positiven Aspekt. Sah man von dem netten Nebenverdienst ab, denn Federico hatte die Organisation keineswegs umsonst übernommen. Es war nicht viel Geld, aber für Federico ein schönes Plus in seinen Finanzen und bei seinem äußerst mageren finanziellen Polster war er um jeden noch so kleinen Zusatz dankbar.
Außerdem hatte er das Gefühl, dass er es Professor Vipatchi schuldete. Diese äußerst
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