Holz und Elfenbein
Vater verstand.
»Ist das klug? Das grenzt schon an Bestechung.« Es grenzte nicht nur an Bestechung, streng genommen war es genau das. Jedoch auf der anderen Seite war Dekan Haylen nun einmal ein Kapitalist und schnell bereit für eine großzügige Spende eine Gefälligkeit zu erweisen. Das war bekannt.
»Und was wird dein Freund dazu sagen?«, fuhr es am anderen Ende der Leitung fort.
»Federico wird mir die Hölle heiß machen, sobald er es erfährt.« Da machte sich Alexis keinerlei Illusionen. »Aber dazu muss es ja nicht kommen.«
»Alexis Elijah Arrowfield, sag mir nicht, dass das nur einer deiner Anflüge von übertriebenen Mitleid und dem Wunsch nach Wiedergutmachung ist.« Die Stimme seines Vaters hatte einen strengen Ton angenommen.
Alexis war ehrlich entrüstet: »Dad!«
»Du kannst ja mit deinem Geld machen, was du willst, aber sei dir über die Konsequenzen im Klaren! Falls du Federico wirklich liebst, dann wäre es mehr als schäbig sich jetzt von ihm zurückzuziehen. Falls es an uns liegt, dann...«
»Es liegt ganz sicher nicht an euch!«, beeilte sich Alexis schnell zu widersprechen. Nein, seine Eltern hatten ihn doch immer unterstützt und akzeptiert.
»Glaubst du, er will nur dein Geld?«
»Was? Federico? Nein, ganz sicher nicht!« Nichts läge Federico ferner.
»Dann sehe ich keinen Grund, warum du dich von ihm zurückziehst.«
Alexis konnte ihm da so ein paar Gründe nennen, aber beließ es bei einem halbherzigen Seufzen. Ihr Gespräch wandte sich wieder unverfänglicheren Themen zu und als Alexis aufgelegt hatte, war es längst Zeit ins Bett zu gehen.
Gleich am nächsten Tag ließ er sich einen Termin bei Dekan Haylen geben. Alexis wusste nicht, ob es sein Name war oder seine neu gewonnene Popularität, die ihm die Türen öffneten. Die Sekretärin hatte ihn quasi gleich durchgewunken und ehe er sich versah, saß er Haylen schon gegenüber. Zum Glück hatte er mit so einem Fall gerechnet und das Geld noch am Morgen in sein Portmonee gesteckt.
»Was kann ich für Sie tun, Monsieur Arrowfield? Sie haben auf dem letzten Konzert uns alle überrascht. Mein Kompliment.«
Haylen verstand es einem Gesprächspartner das Gefühl zu geben willkommen zu sein. Alexis verstand nicht so recht, warum Federico immer solche Schwierigkeiten mit dem Mann hatte. Einigermaßen entspannt lehnte sich Alexis in seinem Stuhl zurück und betrieb unverfänglichen Smalltalk bevor er zu dem wahren Grund des Gesprächs kam. Auch Haylen hatte dies bemerkt und legte in gespannter Erwartung die Fingerspitzen aneinander. In diesem Augenblick wirkte er eher wie ein listiger Fuchs, der sich vor einem Kaninchenbau auf die Lauer gelegt hatte.
»Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie Federico Batists restliche Konzerte in diesem Semester absagen könnten.« Gerade heraus und schnörkellos.
»Ich verstehe nicht.«
»Das tun Sie sehr wohl.« War Alexis zuvor noch freundlich und unbekümmert gewesen, so wurde er jetzt bestimmend. Er wusste, was er wollte. Er wusste den Preis. Haylen konnte es sich sparen mit ihm zu spielen. »Es wäre für ihn förderlich diese Last nicht auf seinen Schultern zu wissen. Er braucht dringend eine Pause vom Konzertbetrieb.«
»Es ist nicht zu leugnen, dass die Belastung für ihn recht hoch ist. Jedoch muss er seine Pflicht tun.«
»Haben Sie ihn nicht unlängst als einen der besten Nachwuchspianisten des Jahrzehnts bezeichnet?« Alexis erinnerte sich noch zu gut an das Interview, das der Dekan gegeben hatte und erst kürzlich in einem Magazin zu lesen gewesen war.
»Das ist richtig. Monsieur Batist hat ein großes Talent, die nötige Disziplin und eine stabile gesundheitliche Konstitution.«
Alexis vermied es sorgsam bei diesem letzten Punkt in der Aufzählung nicht das Gesicht zu verziehen.
»Seine Interpretationen sind schon jetzt außerordentlich!«, dozierte Haylen mit sichtlicher Freude.
»Dann sind wir einer Meinung«, stellte Alexis fest. »Und um diesen Zustand weiterhin zu erhalten, wäre eine Pause dringend erforderlich.«
»Warum sollte das ausgerechnet Sie so sehr interessieren? Sie überschreiten hier sämtliche Grenzen von Kollegialität.«
»Nun das ist richtig. Einigen wir uns darauf, dass ich ein großes Interesse an Federico Batists gegenwärtiger Entwicklung habe. Mehr muss ich, glaube ich, nicht sagen.« Zeit für sein schlagkräftigstes Argument. Er zählte Haylen, der dies mit großen Augen verfolgte, die dunkelblauen Scheine à 100 Franken auf den Tisch.
Weitere Kostenlose Bücher