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Holz und Elfenbein

Holz und Elfenbein

Titel: Holz und Elfenbein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanya T. Heinrich
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erinnerte sich noch gut, Federico hatte davon gesprochen, dass er kurz vor einem Zusammenbruch stünde. Gerade in dieser Situation hatte es dem Pianisten gut getan mit Alexis zusammen zu sein und bald darauf waren die beiden auch ein Paar geworden.
    »Damals hatte ich zum ersten Mal solche massiven Probleme mit meiner rechten Hand. Es hat sich wieder gebessert, aber vor dem Konzert für Professor Vipatchi ist es mit einem Mal schlimmer geworden. Ich dachte, mit Schmerzmitteln bekomme ich das in den Griff, so wie früher auch, aber da ist mittlerweile nichts mehr zu machen.«
    Geschockt blieb Claude stehen und starrte Federico an. Das hatte er nicht gewusst. »Deshalb konntest du nicht am Konzert teilnehmen?«
    »Ja.«
    »Aber ich habe den Schnitt an deinem Finger doch gesehen.« Einigermaßen verwirrt setzte sich Claude wieder in Bewegung.
    Traurig verzog Federico den Mund zu einem halbherzigen Lächeln. »Ja, ich habe es absichtlich gemacht. Niemand weiß das mit meiner Hand – abgesehen von Alexis und jetzt du.«
    »Großer Gott, Fedri!« Claude zog den Freund in eine enge Umarmung, wobei sie fast den Glühwein über ihre Jacken verschütteten. Er wollte sich nicht einmal ausmalen, wie verzweifelt Federico hatte sein müssen, um solch drastische Maßnahmen in Erwägung gezogen zu haben. Auch sah er wie schwer sich Federico tat, diese Sache zu beichten. Nein, er würde Federico keinerlei Vorwürfe machen. Er konnte sich denken, dass Alexis dies bereits zu Genüge getan hatte.
    »Hast du es ihm gesagt?«
    »Ich war zuerst bescheuert genug zu glauben es ihm verheimlichen zu können. Natürlich hat Alexis mich durchschaut und er war ziemlich direkt als er mir gesagt hat, was er davon hält.«
    Claude musste sich eingestehen, dass er in diesem Punkt Alexis recht geben musste. »Und seitdem...«
    »Ja, seitdem...« Federico zog die Schultern hoch. »Es ist nicht so, dass er es mir nicht verziehen hätte. Das ist nicht das Problem.«
    »Aber du brauchst ihn. Jetzt mehr denn je! Du warst ein ganz anderer Mensch als du mit ihm zusammen warst.« Er fasste Federico an der Hand und blickte ihn offen an. »Er tat dir gut.«
    »Genau das ist das Problem. Alexis weiß, dass ich ihn brauche.«
    »Wenn er dich wirklich liebt, dann sollte er dir beistehen. Es heißt doch, in guten wie in schlechten Tagen!«
    »Wir sind doch nicht verheiratet! Ich kann es ihm nicht verübeln, dass er jetzt zögert. Ich weiß nicht, ob ich mir so eine Bürde auferlegen würde, wäre ich an seiner Stelle. Claude, womöglich sieht es für mich nicht gut aus.«
    Claude erschrak. Das klang ja so, als ob Federico unheilbar krank wäre. Krebs hätte oder so etwas in der Art. Seine Probleme mit der Hand jetzt Hin oder Her, es gab weitaus schwerwiegendere Diagnosen. Doch Federico war nun einmal aus ganzem Herzen Pianist. Dies aufgrund einer Verletzung an der Hand aufgeben zu müssen, war für ihn gleichbedeutend mit einer tödlichen Krankheit.
    »Ich war gestern beim Arzt.« Federico sprach es mit solcher Resignation aus, dass sich Claude scheute zu fragen, was das Resultat dieses Arztbesuches gewesen sein mochte.
    »Die Entzündung in meinem Handgelenk ist schon längst chronisch geworden. Überhaupt war er überrascht, dass ich so lange durchgehalten habe nachdem das Ausmaß der Schäden klar war.«
    »Was soll das heißen?«
    »Ich habe eine chronische Sehnenscheidenentzündung. Ich bekomme jetzt regelmäßige Injektionen und vor allem muss ich das Gelenk ruhig halten.«
    »Aber du musst doch Klavier spielen. Du hast noch Konzerte vor Weihnachten.«
    »Ja, und das ist mein Problem!«, gestand Federico. »Ich muss einen Grund finden die Konzerte zu streichen. Die Wahrheit kann ich Dekan Haylen unmöglich sagen, dann bekomme ich doch gleich das Stipendium entzogen. Nach der Therapie wird es mir besser gehen, ich brauche nur etwas mehr Zeit bis das Kortison anfängt zu wirken.«
    »Willst du es ihm verheimlichen? Das kann doch nicht gut gehen.«
    »Das hätte auch aus Alexis‘ Mund stammen können.« Federico verdrehte die Augen und warf seinen leeren Becher in den nächstbesten Mülleimer am Wegesrand. »Das weiß ich doch auch. Falls es sich mit dem Beginn des Sommersemesters im Frühjahr nicht bessert, dann werde ich es ihm auch sagen, aber keineswegs vorher!«
    Das hieße ja Federico musste noch fast vier Monate diesen Eiertanz aus Täuschung und Ausreden vollführen. Claude bezweifelte, dass Federico das bewerkstelligen konnte, aber er schwieg. Er

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