Holzhammer 02 - Teufelshorn
jetzt nicht so wahnsinnig groß gewesen war, wenn man die örtlichen Bekleidungsgewohnheiten kannte.
Er wusste genau, wer mit dieser Nachricht aus dem Kreis der möglichen Täter ausschied: Max Saumtrager und Alois Seiler. Der Max hatte aber sowieso keine Aktien in der ganzen Sache drin. Dem konnte es völlig egal sein, wo der DSV in Zukunft trainierte. Er hatte den Job seines Lebens schon gefunden, und zwar im Bergsportgeschäft in Berchtesgaden. Warum er überhaupt bei der Tour dabei gewesen war, war Holzhammer inzwischen auch klargeworden. Man hatte ihn als Führer mitgenommen. Das war nämlich das Einzige, was Holzhammer ohne jeden Zweifel über die Reihenfolge der Wanderer herausbekommen hatte: Max war vorangegangen. Er war schon am Einstieg zum Kleinen Teufelshorn gewesen, als zwischen den Hörnern der Unfall passierte. Da er somit nicht der Mörder sein konnte, wurde er im Grunde zum einzigen Zeugen, auf den man sich halbwegs verlassen konnte.
Den anderen Nicht-Mammut-Träger wollte Holzhammer nicht so schnell vom Haken lassen: Alois Seiler. Der konnte dreimal selber abgestürzt sein und die falsche Jacke angehabt haben – Holzhammer mochte ihn nicht. Und er traute ihm nicht.
Und noch eins wurde Holzhammer beim Latte macchiato an der Seelände bewusst: Er wollte gern mit Christine sprechen. Die bekam den Seiler ja demnächst frei Haus geliefert. Und Zilinsky mit seiner weichen Birne war eh schon in ihren Händen. Ja, wenn er mit den Schiffern gesprochen hatte, würde er sich mit Christine beraten.
Mit Seiler hatte er immer noch nicht sprechen können, der Stationsarzt im Krankenhaus hatte es wegen der Gehirnerschütterung verboten und ihn auf morgen vertröstet.
Schließlich legte das Boot mit seinen beiden Zeugen an. Über Funk hatten sie schon erfahren, dass Holzhammer auf sie wartete, und so kamen sie gleich an seinen Tisch. Die Schiffer waren ziemlich entspannte Typen, denn ihre Arbeitsplätze bei der Königsseeschifffahrt waren sicher und stellten fast so etwas wie eine Erbpfründe dar. Da kam man von außen kaum herein.
Ja, sie hatten die Gruppe zur Salet gefahren, mit dem kleinsten Schiff der Flotte, und zwar Freitagnachmittag gegen vierzehn Uhr, sie waren also gegen vierzehn Uhr dreißig an der Salet gewesen. Der Aufstieg zur Wasseralm war für Geübte eine Sache von zweieinhalb Stunden, sodass jede Menge Zeit blieb, die Alm zu erreichen, sich einzurichten, zu kochen und dann zum gemütlichen Teil überzugehen.
«Ist euch denn bei die Leut nix aufgefallen?», fragte Holzhammer. «Haben die gestritten, hat einer besonders bös geschaut, war einer besonders z’wider? Worüber haben die g’redt?»
«Na ja, gut Freind warn’s ned alle», sagte der ältere Schiffer. Der jüngere nickte dazu. Beide trugen ein weißes Hemd und eine blaue Hose.
«Wer jetzt – geht’s etwas genauer?», fragte Holzhammer.
«Die Ehepaare ham halt gestritten», volontierte der jüngere Schiffer.
«Wie, miteinander oder gegeneinander?»
«Ein jeder mit der Seinigen», antwortete der Ältere.
Zumindest schien es sich um eine gesicherte Information zu handeln. Auch wenn es nicht besonders interessant war. Eher gelangweilt fragte Holzhammer weiter: «Und um was ging es da wohl?»
«Also der Seiler und sei Frau, die ham über Geld g’redt. Und gestritten», sagte der Jüngere.
«I hob ned so vui mitkriagt, i war am Ruder», sagte der Ältere.
«Der Stranek und sei Frau, die haben sich mehr so angeschwiegen. Und ab und an kam die Giftspritze, mal von eam, mal von ihr», erklärte der Jüngere weiter. «Ich glaub nicht, dass die ein spezielles Thema hatten. Die ham sich einfach ned mehr mögen.»
«Und der Zilinsky und der Seiler oder der Gössl und der Stranek, die ham nix g’sagt? Ned gestritten?»
«Ned wirklich, ned dass i wüsst.»
«Ist euch sonst noch was Interessantes aufgefallen? Denkt’s halt nach.»
Beide Schiffer legten demonstrativ für eine Sekunde den Kopf schief. Dann schüttelten sie synchron die Häupter.
«Guad, dann war’s des. Dank euch schön», entließ Holzhammer die beiden Zierden der bayerischen Seenschifffahrt. Die zwei stapften zurück zu ihrem Schiff. Der Ältere ging ans Ruder, der Jüngere blieb auf dem Steg stehen und öffnete die Kette, hinter der sich bereits die Passagiere der nächsten Fahrt versammelt hatten.
Holzhammer zahlte. Aber er blieb noch einen Moment sitzen. Er wollte den Moment hinauszögern, in dem er wieder die Anwesenheit seines Chefs ertragen
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