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Holzhammer 02 - Teufelshorn

Holzhammer 02 - Teufelshorn

Titel: Holzhammer 02 - Teufelshorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fredrika Gers
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Landkreis. Nur einige Physiotherapeuten und viele der Schwestern. Natürlich gingen auch einige Einheimische nach dem Abitur studieren und kamen als Arzt oder Anwalt zurück. Und viele kamen zurück – sagte jedenfalls Matthias. Denn die Berchtesgadener zog es heim in die Berge, selbst wenn sie Städte wie München, Berlin oder Buenos Aires kennengelernt hatten. Doch wie viele Akademiker brauchte man schon in Berchtesgaden? Es gab keine Hightech-Firmen, keine Verwaltungssitze, sondern nur ein paar kleine produzierende Unternehmen und den Tourismus. Und natürlich gab es Bürgermeister – nach Meinung mancher sogar viel zu viele Bürgermeister. Es hatte bereits eine Initiative gegeben, die Gemeinden des inneren Landkreises zusammenzulegen, um Verwaltungskosten zu sparen. Das Bürgerbegehren war jedoch abgeschmettert worden, wie nicht anders zu erwarten. Nur deshalb gab es überhaupt noch einen Bischofswieser Bürgermeister Zilinsky, über den sie so wenig wusste. Sie überlegte, ob sie Matthias anrufen sollte, um ihn nach Zilinsky zu fragen. Er war die verlässliche Auskunftsstelle für alles Mögliche und Unmögliche im Talkessel.
    Das Telefon klingelte und riss sie aus ihren Überlegungen. Matthias war dran.
    «Kannst du Gedanken lesen? Ich wollte dich gerade anrufen», sagte sie.
    «Du weißt doch, alles ist mit allem verbunden. Und ganz besonders meine Gedanken mit dir. Was wolltest du denn?»
    Diese esoterische Version der Quantentheorie hatte Christine schon öfter gehört, nicht nur von Matthias. Ihr Vater, der Physiker, rotierte wahrscheinlich in seinem Grab. Aber es gab Schlimmeres. Zum Beispiel Leute, die ihren Kindern Zuckerkügelchen gaben, anstatt mit ihnen zum Arzt zu gehen.
    «Hast du ein paar Minuten Zeit? Ich wollte fragen, was du über Zilinsky weißt. Der ist nämlich gerade hier gelandet. Da dachte ich, ein bisschen Background könnte nicht schaden.»
    «Zilinsky ist ein Lagerer», informierte Matthias sie.
    Als werdende Einheimische konnte Christine mit diesem Wort bereits etwas anfangen. Auf jeden Fall erklärte es den so unbayerischen Nachnamen des Bürgermeisters. Nach Kriegsende waren im Bischofswieser Ortsteil Winkl viele Flüchtlinge aus Böhmen untergekommen. Teilweise in bestehenden Kasernen, deren Bewohner sich ein paar Tage vor dem Einmarsch der Amerikaner in Luft aufgelöst hatten, teilweise in notdürftig errichteten Baracken, die inzwischen natürlich längst verschwunden waren. «Du meinst seine Eltern?», fragte sie.
    «Ja natürlich. Er selbst ist wohl ungefähr so alt wie wir. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder.»
    «Ein ganz schöner Aufstieg – mit nichts hergekommen und jetzt Bürgermeister.»
    «Wie man’s nimmt. Ich glaub nicht, dass es besonders viele Kandidaten für den Job gegeben hat. Da braucht man nur bei der Freiwilligen Feuerwehr zu sein, im Trachtenverein und bei den Weihnachtsschützen, dass einen die Leute kennen, dann natürlich in der CSU, damit man überhaupt a Chance hat. Dann stellt man sich am Wochenmarkt hin und schüttelt jedem die Hand, schon ist man im Gemeinderat. Und irgendwann ist man Bürgermeister. Wer will denn schon Bürgermeister von Bischofswiesen sein?»
    Da war sie wieder, die typische Animosität zwischen den einzelnen Gemeinden, die für Christine ein reiner Witz war. Konkret gefragt, behaupteten die Einheimischen zwar, es sei nur Spaß. Das behaupteten sie auch bei den allfälligen Österreicherwitzen, die den Ostfriesenwitzen in Christines Heimat teilweise bis aufs Wort glichen. Aber wie immer steckte irgendwo tief darunter eine vermeintliche Wahrheit, die sich durch ständige Wiederholung manifestierte. Im Gehirn bildeten sich entsprechende Verknüpfungen, und diese Assoziationen verfestigten sich mit jedem Aufruf, mit jeder Erwähnung, jedem Erzählen und jedem Hören. Die Sprache bestimmt das Bewusstsein.
    «Alles klar, auf jeden Fall vielen Dank. Ich bin dann pünktlich zu Hause», sagte sie.
    «Fein, aber bis dahin setzt du sicher noch ein paar gute Ursachen.»
    «Selbstverständlich. Ich tu alles, damit ich im nächsten Leben eine Gämse werden darf», antwortete sie. Matthias verklärte ihre Tätigkeit. Christine selbst sah das viel kritischer und hatte ihm das auch schon öfter gesagt.

    Hauptwachtmeister Franz Holzhammer war im Dienst, auch wenn ein Außenstehender das nicht unbedingt vermutet hätte, so wie er da im Eiscafé an der Seelände saß, einen Latte macchiato vor sich. Die italienische Familie, die das Café seit

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