Holzhammer 02 - Teufelshorn
sollte er gewiss nicht ungeschoren davonkommen. Selbst wenn es Überstunden erforderte. Und wenn es hart auf hart kam, würde er sogar zum allerletzten Mittel greifen.
«Da sitz ma jetzt», sagte Matthias. Er hatte keine Ahnung, ob Hias eigentlich wusste, dass er etwas mit seiner Verhaftung zu tun hatte – wenn auch unabsichtlich. Er hoffte, dass sein Cousin es nicht wusste. Aber dann würde er sich fragen, wieso ausgerechnet Matthias über seine Verhaftung informiert war und hier erschien. Nun, möglicherweise wusste der Bürgermeister, dass Holzhammer und er sich häufiger trafen, und nahm an, dass der Hauptwachtmeister Matthias informiert hatte.
«I sitz – du ned», antwortete Hias. Er hatte also seinen Humor noch nicht komplett verloren. Ein Glück.
«Hast schon den Anwalt angerufen?», fragte Matthias.
«Bist wahnsinnig?», antwortete Hias. Mehr brauchte er nicht zu sagen, es war klar, was er meinte. Ein Anwalt bedeutete, die Sache an die große Glocke zu hängen. Hias hoffte, dass die Sache sich auch so aufklären ließ, dass man die Angelegenheit beinahe ungeschehen machen konnte. Wenn erst ein Anwalt eingeschaltet war, würde drei Tage später alles in der Zeitung stehen. So lange brauchte der Berchtesgadener Anzeiger in der Regel von der brandheißen Nachricht bis zum Druck.
«Werd scho», sagte Matthias, «lass uns überlegen.» Dass er an die Unschuld seines Cousins glaubte, brauchte er nicht zu erwähnen.
«Was moanst, was ich hier seit heut Morgen mach», antwortete Hias. «Zwoa Sachen san auf jeden Fall interessant: Zum einen ist es schon ein sehr praktischer Zufall, dass des jetzt so kurz vor der Wahl aufkimmt.»
«Du meinst, die Roten wollen dir was in die Schuhe schieben?» Hias war natürlich bei der CSU, sonst wäre er ja nicht Bürgermeister geworden. Matthias hingegen war Wechselwähler, zumindest bei Bundestags- oder Landtagswahlen. Bei Kommunalwahlen stand er zu seinem Cousin, das war Ehrensache.
«Des ned. Aber überleg mal, was passieren würde, wenn ich plötzlich weg vom Fenster wäre. Ich mein, rechtzeitig vor der Wahl.»
Matthias verstand: «Dann würde die CSU einen anderen Kandidaten aus dem Hut zaubern.»
«Genau, und das wäre?», fragte Hias.
«Keine Ahnung.» Matthias war nicht in Stimmung für Ratespiele.
«Na, Mensch, der Seiler natürlich!» Der Bürgermeister tat gerade so, als müsste das jeder wissen.
Matthias konstatierte, dass sich Hias und Holzhammer in ihrem Misstrauen gegen den Seilbahnbetreiber offensichtlich einig waren.
«Der Seiler will also Bürgermeister werden, nicht schlecht. Aber nachweisen müsst ma’s halt können. Und der Holzhammer hat mir gesagt, dass der Seiler sogar behauptet, du hättest was mit dem Mord am Stranek zu tun. Also du hast eam ned nur Geld überwiesen, sondern ihn dann, als alles gelaufen war, auch noch zum Schweigen gebracht. So ungefähr.»
«Ja, ganz großes Kino», antwortete Hias. «Aber woaßt wos, die Sache mit dem DSV war eh gelaufen. Ein jeder denkt, ich hätt da Wunder was draht, aber in dem Fall war des gar ned notwendig. Der Stranek wollt nämlich vom Götschen weg, um jeden Preis.»
«Um jeden Preis? Wieso denn das?» Matthias merkte plötzlich, dass er furchtbar unbequem saß, auf dem harten Holzstuhl, den Holzhammer ihm hingestellt hatte. Er stand auf und lehnte sich an das Gitter, das ihn von Hias trennte.
Hias antwortete: «Weil Straneks Frau was mit dem Xaver Gössl hat. Oder zumindest hatte. Mit dem Gössl vom Götschen. Das hat er mir selbst erzählt. Sonst weiß es fast niemand, sie waren wohl sehr vorsichtig. Aber Stranek hat die beiden im Sommer im oberen Lifthäuschen erwischt. Und er fand es wohl ärgerlich, einem Kerl, der mit seiner Frau schiebt, auch noch jede Saison Geld zu überweisen.»
«Kann man irgendwie verstehen.» Matthias überlegte. Xaver Gössl war der Seilbahnbetreiber vom Götschen und betrieb auch die Wirtschaft an der Talstation. Das hieß dann ja, dass der Gössl sogar zwei Motive gehabt hatte, den Stranek umzubringen. Nicht nur Geld, sondern auch Liebe.
«Wie ernst war es denn mit der Stranekerin und dem Gössl?», fragte Matthias.
«Keine Ahnung. Was ich gehört hab, ist die eh recht leicht zum haben.»
«Na gut, sagen wir, der Gössl wollte die liebe Frau Stranek ganz für sich. Das wäre ein weiteres Motiv, dem Stranek was anzutun. Aber er hätte überhaupt kein Motiv, dir etwas anzuhängen. Außer dass in deiner Gemeinde der Jenner steht.»
«Das ist leider wahr,
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