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Holzhammer 02 - Teufelshorn

Holzhammer 02 - Teufelshorn

Titel: Holzhammer 02 - Teufelshorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fredrika Gers
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stellte sich ihm in den Weg: «Bitte fotografieren, vor dem Watzmann, ja.»
    Selbstverständlich, dazu war er ja da. Mit geübtem Auge und international verständlichen Gesten dirigierte Holzhammer die Schar, bis alle im Bild zu sehen waren und hinter ihnen unverkennbar der Watzmann aufragte.
    Und dann noch ein Foto mit der ganzen Gruppe und dem deutschen Polizisten, ja. Das hatte er kommen sehen. Holzhammer stellte sich zur Gruppe. Zwei zierliche Koreanerinnen – oder woher auch immer sie waren – hängten sich links und rechts an seine breiten Schultern. Ein weiterer Passant wurde zum Abdrücken eingespannt. Holzhammer stellte sich vor, wie dieses Bild mit ihm und dem Watzmann zu Hause in Korea auf dem Kamin stehen würde. Hatten Koreaner Kamine? Keine Ahnung. Jedenfalls passierte es ihm oft, dass er fotografiert wurde. Dabei trug er nur eine stinknormale Polizeiuniform und keine Tracht. Vielleicht sah er irgendwie typisch aus. Aber typisch für was und durch was? Touristen waren eben rätselhafte Wesen. Zu diesem Schluss war er schon vor langer Zeit gekommen.
    Holzhammer kam am Edelweiß vorbei, dem nagelneuen Hotel in der Ortsmitte. Was war das für ein Theater gewesen, bis das Ding endlich stand. Wenn man es genau bedachte, gab es bei allem, was in Berchtesgaden neu gebaut werden sollte, erst mal Ärger. Und das Ergebnis war auch immer gleich: Am Ende wurde es doch gebaut. Wo heute das Edelweiß stand, hatte jahrelang das alte Hotel Post vor sich hin gemodert, ein unübersehbarer Schandfleck mitten im Ortszentrum. Mehrere potenzielle Investoren hatten sich die Ruine angeschaut und dann abgewunken. Bis dieser Österreicher kam, mit einem Haufen Geld und Hotelerfahrung. Ausgerechnet ein Österreicher. Schon das war für einige Grund genug, sich aufzuspulen. Als der erste Entwurf des neuen Hotels im Berchtesgadener Anzeiger abgedruckt wurde, gab es einen Aufschrei der Empörung. Das Ding war allerdings wirklich etwas überdimensioniert. Einen Versuch hatte der Hotelier ja frei gehabt, das waren halt so die Spielchen. Es wurde nachgebessert und bald ein neuer Plan mit zurückgesetzten Obergeschossen vorgelegt, der dann von allen Seiten gutgeheißen wurde.
    Außer einigen Querulanten, aber die gab’s ja immer. Nur eine kleine Irritation hatte es dann noch während der Bauzeit gegeben. Zum Ensemble gehörte nämlich auch ein denkmalgeschütztes Gebäude, der Triembacher Hof. Dessen Fassade sollte laut Denkmalamt unter allen Umständen erhalten bleiben. Die Bauarbeiten begannen, das Gebäude wurde entkernt, nur die Fassade stand noch historisch wertvoll in der Gegend herum. Doch eines schönen Nachmittags fiel plötzlich ein großes Stück herunter. Es fiel sauber nach innen, nicht auf die Straße. Und «wie durch ein Wunder», wie der Berchtesgadener Anzeiger schrieb, wurde dabei unter den Bauarbeitern niemand verletzt. Keiner hatte sich in der unmittelbaren Gefahrenzone befunden. Noch am gleichen Tag wurde wegen «Gefahr im Verzug» auch der Rest der historischen Fassade von einem einheimischen Bagger abgerissen.
    Holzhammer kam zum Weihnachtsschützenplatz. Die Terrassen der umliegenden Gastbetriebe waren gut besetzt. Wer es bayerisch wollte, ging zum Ochsen, Kaffee und Kuchen gab’s beim Café Forstner, und Aperol Spritz trank man auf der Terrasse des Edelweiß. Holzhammer nahm allen Mut zusammen. Nur noch wenige Meter trennten ihn vom Tengelmann.
    Er straffte den Rücken, nahm die Hände aus den Hosentaschen und zog die Jacke glatt. Dann betrat er den Supermarkt, in dem seine Frau Marie an der Kasse saß. Hinter ihr stauten sich Feriengäste mit Saftflaschen und Einheimische mit Leberkas. Konspirativ nahm er Blickkontakt auf. Er konnte davon ausgehen, dass Marie wusste, was die Stunde geschlagen hatte – dass es sich um einen dringenden dienstlichen Notfall handelte, wenn er sie während der Arbeit aufsuchte. Tatsächlich machte sie eine Durchsage per Mikrophon, dass sie abgelöst werden wollte, ohne dass Holzhammer ein Wort sagen musste.
    Schweigend führte sie ihn in einen Hinterraum, wo sie ungestört waren, und schloss die Tür. Bevor er etwas sagen konnte, fragte sie auch schon: «Na, wo brennt der Hut?»
    Holzhammer erzählte ihr, was seit dem Morgen vorgefallen war. Hias unschuldig verhaftet, Seiler ein Denunziant, andere Zeugen ohne Substanz oder Gedächtnis. Faserspuren von den falschen Leuten. Der Chef völlig verblendet. Matthias mit einer Riesenwut auf ihn und er selbst mit nichts in der Hand.

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