Holzhammer 02 - Teufelshorn
Arbeit draußen bei den Rabatten überließ sie dem Gärtner, so etwas erinnerte sie zu sehr an ihre Kindheit auf dem Bauernhof. Aber der grüne Daumen war ihr geblieben, und es machte sie stolz, wenn als schwierig geltende tropische Pflanzen bei ihr bestens gediehen.
Aber selbst das hatte ihr Mann ihr verdorben. Genau hier pflegte er zu rauchen, seine Asche überall zu verteilen und die Kippen entweder direkt in der Blumenerde oder in leeren Marmeladengläsern zu entsorgen. Die deponierte er dann rund um die Blumenkästen. Und wenn ein Glas voll war, dann warf er es nicht etwa weg, sondern fing einfach ein neues an. Immer wieder fand Hilde diese widerlichen Hinterlassenschaften zwischen ihren Pflanzen.
Was ihr Mann auch machte, er machte es so, dass es die maximalen Emissionen erzeugte. Wo er ging und stand, hinterließ er Schmutz, Geräusche, Gestank. Von den Spritzern in der Toilette bis zu den Krümeln auf der Couch. Niemals hob er etwas Herumliegendes auf, niemals warf er etwas weg, niemals rückte er etwas zurecht. Es war, als wäre er fernab jeder Zivilisation im Wald aufgewachsen. Selbst beim Sex grunzte er wie ein Wildschwein.
Natürlich hatten sie längst getrennte Schlafzimmer, schon deshalb, weil Holger unerträglich schnarchte. Außerdem musste sie dann nachts nicht die Toilette im ersten Stock benutzen, auf der er seine Sitzungen abzuhalten pflegte. Jeden Tag saß er mehrmals stundenlang auf dem Klo. Warum und wieso, konnte er ihr nicht erklären. Manchmal spielte er dort Handyspiele oder führte Telefonate. Und immer, wenn sie ihn um etwas bat oder sie zusammen aus dem Haus gehen wollten, kam von ihm unweigerlich die Ansage: «Vorher muss ich kacken.» Sie wollte das nicht wissen, sie wollte das nicht hören, und vor allem wollte sie nicht ihr halbes Leben damit vertun, darauf zu warten, dass ihr Mann seinen Stuhlgang erledigte.
Oft hatte sie sich gefragt, ob er sich im beruflichen Umfeld zusammennahm oder ob das alles dort nur aufgrund mangelnder Gelegenheit nicht auffiel. Wahrscheinlich Letzteres. Ski-Ereignisse fanden an der frischen Luft statt, und es gab währenddessen selten Suppe. Also kein Anlass zu schlürfen, die frische Luft verwehte seine Gerüche, rauchen war kein Problem. Seinen eigentlichen Job, den Skiverband zu vertreten und die Aktiven bei der Stange zu halten, nahm er wohl in angemessener Weise wahr. Sport ging ihm schließlich über alles.
Aber wenn er nicht irgendwo in der Weltgeschichte an Sport-Events teilnahm, dann saß er breit im Wohnzimmer, stopfte sich die empfindlichen Kissen aus Wildseide, die sie so gerne mochte, rücksichtslos hinter den Kopf und verfolgte jegliche Sportsendung, die mit Pay-TV zu empfangen war, auf dem riesigen Fernseher. Am Wochenende fingen diese Fernseh-Sessions bereits morgens an. Und natürlich drehte er den Ton auf Stadionlautstärke auf, sodass sie auch auf der Terrasse nicht verschont blieb.
Ja, ihr Mann war ein Störfaktor gewesen. Optisch, akustisch, olfaktorisch und sogar hydrologisch. Denn wenn er badete, stellte er das Wasser so heiß ein, dass man durch den Dampf hindurch kaum etwas erkennen konnte und das Wasser hinterher noch stundenlang von den Wänden troff. Anschließend trug er dann ein Herrenparfüm auf, das für Hildes Nase nicht nur aufdringlich war, sondern geradezu nach Klostein roch. Wahrscheinlich kam es vom Rauchen, dass sein Geruchssinn derartig verkümmert war.
Das alles war jetzt vorbei. Endlich war ihr schönes Heim perfekt. Endlich war ihr Mann weg. Plötzlich musste sie lachen. Es war wie in dem schlechten Witz einer Einrichtungszeitschrift, wo es hieß: «Werfen Sie alles aus Ihrer Wohnung hinaus, was Sie stört oder was nicht dazu passt.» Und wo die Frau dann ihren Mann rauswirft.
Seit Jahren hatte sie nach einer Lösung gesucht, wie sie den Mann loswerden und das Geld behalten konnte bis – ja bis zu dieser Bergtour. Als sie ihn da vor sich neben dem Abgrund tapsen sah, mehr von männlichem Ego getrieben als von bergsteigerischem Interesse oder gar Talent, hatte sie plötzlich ihre Chance gesehen. So war sie aufgerückt zu ihrem Mann, der selbstverständlich vor ihr ging, obwohl er sie im Grunde nur aufhielt. Sie war die Sportlichere von beiden. Er hingegen war durch Beziehungen zu seinem Job gekommen und nicht aufgrund einer eigenen erfolgreich beendeten Sportkarriere. Ein kleiner Schubs, und sie war alle Sorgen los – fast.
Holzhammer stapfte zu Fuß die Maximilianstraße entlang, als sein Handy
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