Homeland: Carries Jagd: Thriller (German Edition)
wollten.
Zuerst überredete sie Joanne, ihr zu helfen, aber das genügte nicht. Ihnen lief die Zeit davon. Der Anschlag stand wahrscheinlich kurz bevor. Deshalb suchte sie Yerushenko in seinem Büro auf. »Was gibt’s?«, fragte er und blickte auf.
Sie erklärte es ihm. Alles. Erzählte ihm von Dima und Nightingale in Beirut. Von Julias Warnung. Von den verschwundenen Daten. Und dass Dima unter dem Decknamen Jihan Miradi nach New York kommen werde. Sie sprachen zwei Stunden darüber, und anschließend mobilisierte er seine gesamte Abteilung, erlaubte ihr sogar, sein Büro zu benutzen und Fotos und Notizen an eine Anschlagtafel zu heften.
»Sie überraschen mich«, gestand sie ihm. »Nach meiner Versetzung und allem hätte ich nicht erwartet, dass Sie mich unterstützen.«
»Es hat nichts mit Ihnen zu tun«, erwiderte Yerushenko. »Es fügt sich einfach alles zusammen. Eine Doppelagentin mit Verbindungen zum syrischen Geheimdienst und vielleicht zur Hisbollah, die möglicherweise am Angriff auf eine CIA -Mitarbeiterin beteiligt war. Hinzu kommt, dass diese Dame jetzt in meiner Abteilung arbeitet und dass die Einschätzungen anderer keineswegs ein Evangelium für mich sind – ich bilde mir lieber ein eigenes Urteil über meine Leute. Und dann kommt diese Doppelagentin plötzlich in die Staaten, kurz nach dem Vorfall in Abbasiya, wohnt im Waldorf Astoria, wo zufällig gerade eine große Veranstaltung mit dem Vizepräsidenten der Vereinigten Staaten läuft. Da müsste ich doch bescheuert sein, es nicht ernst zu nehmen.«
Sie begannen, nach Dimas möglichem Begleiter zu suchen. »Glaubt mir, sie ist immer mit einem Mann zusammen«, sagte Carrie den Kollegen. Sie ging davon aus, dass es sich um je manden handelte, der entweder in den letzten zwei Monaten in die US A gekommen war oder bis zu der Fundraising-Veranstaltung eintreffen würde. Als Erstes nahmen sie sich die Liste des Außenministeriums und der Zoll- und Grenzschutzbehörden vor.
»Wir suchen nach einer Verbindung«, teilte sie den Mitarbei tern des OCSA mit. »Nach Männern, die von Beirut abfliegen oder die sich in Beirut aufhielten und von woanders einreisen. Nach jemandem mit irgendeiner Verbindung zum syrischen Geheimdienst oder nach Damaskus. Nach einer Person, die, in welcher Weise auch immer, mit Nightingale oder Dima zu tun hatte oder sich zumindest zur selben Zeit in derselben Stadt aufhielt. Jeder noch so unscheinbare Zusammenhang kann uns weiterhelfen.«
Da ihnen nur wenige Tage bis zu der Veranstaltung blieben, arbeiteten sie in Schichten rund um die Uhr. Die Verpflegung holten sie aus der Cafeteria oder aus den Automaten am Gang. Nach drei Tagen kamen bloß noch vier Kandidaten infrage: Mohammed Hegazy, ein ägyptischer Arzt, der einen Bruder in Manhattan besuchte, Ziad Ghaddar, ein libanesischer Geschäfts mann, der im Best Western Hotel beim Flughafen JFK wohnte, Bassam al-Shakran, ein jordanischer Pharmavertreter, der sich in den letzten zwei Monaten sowohl in Bagdad als auch in Beirut aufgehalten hatte, vor drei Tagen aus Amman eingetrof fen war und bei einem Cousin in Brooklyn wohnte, und als Letzter Abdel Yassin, ein junger Jordanier mit einem Studentenvisum fürs Brooklyn College.
»Welcher ist für dich der wahrscheinlichste Kandidat?«, fragte Saul sie am dritten Tag. Sie saßen in Yerushenkos Büro, wo inzwischen die ganze Pinnwand mit Notizen, Unterlagen, Fotos und Screenshots zugepflastert war, zwischen denen die mit Filzstift gezogenen Verbindungslinien wie das Netz einer Amok laufenden Spinne aussahen.
»Die beiden Jordanier«, antwortete sie und tippte auf ihre Fotos. »Der Cousin des Vertreters lebt in Gravesend. Hier.« Sie ging zu dem Stadtplan von New York und deutete auf das zu Brooklyn gehörende Viertel. »Der andere besucht das Brooklyn College in Flatbush. Das ist nicht weit voneinander entfernt. Joanne hat herausgefunden, was der Cousin macht.«
»Und?«, fragte Yerushenko.
»Das wird Ihnen gefallen. Er hat eine Firma für Fitnessgeräte. Laufbänder, Beinpressen, solche Sachen. Sie verkaufen die Geräte und reparieren sie auch.«
»Hat das Waldorf Astoria ein Fitnessstudio?«, fragte Saul.
Sie nickte. Die beiden Männer sahen einander an.
»Sagen Sie jetzt nicht, das Waldorf gehört zu seinen Kunden«, warf Yerushenko ein.
»Einer der wichtigsten«, betonte sie. »Sie haben sogar Zugang zum Hotel.«
Erneut betrachteten sie die Wandtafel. Es gab zwei Verbindungslinien zwischen den Jordaniern, denn beide
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