Homeland: Carries Jagd: Thriller (German Edition)
der gepanzerte Wagen geradeaus weiterfuhr.
»Sie müssen zur Glasfabrik«, erklärte Dempsey. Dort hatten die Marines eine vorgeschobene Operationsbasis errichtet. Sie selbst wollten zu einer Polizeiwache im Al-Andalus-Viertel, die sie als Basis benutzen konnten. Während sie der schmalen Straße folgten, kamen zwei irakische Männer im weißen Kaftan und mit einer Kufiya auf dem Kopf, AK 47-Gewehre im Arm, aus einem Café, setzten sich mit fingerhutgroßen Kaffeetassen an einen Metalltisch und musterten die vorbeifahrenden Amerikaner. Dempsey beschleunigte, ging aber gleich wieder vom Gas.
»Shit«, murmelte er.
»Was ist?«, fragte Virgil.
»Der Steinhaufen da vorne an der Ecke«, sagte er.
»Was ist damit?«
»Ich weiß nicht. Vielleicht ein Sprengsatz.« Dempsey blickte nach links, rechts und nach hinten. »Lässt sich schwer umfahren. Haltet eure Körperteile fest, an denen euch was liegt.« Er raste dicht am Gebäude auf der anderen Straßenseite entlang, so weit wie möglich von dem Steinhaufen entfernt.
Carrie hielt den Atem an, ohne den Blick von dem Trümmerhaufen zu wenden. Jeden Moment erwartete sie die Explosion, dann waren sie vorbei, bogen ab und sahen zu ihrer Überraschung ein paar Jungs, die mit einem Lumpenbündel auf der staubigen Straße Fußball spielten. »Wow.« Carrie atmete auf und beobachtete die Kinder. Im Gegensatz zu anderen Orten im Irak winkte ihnen keines zu. Sie spielten ein fach weiter, obwohl sie den Humvee sehr wohl registrierten, der jetzt erneut beschleunigte und in einer Staubwolke verschwand.
Sie erreichten schließlich die Polizeiwache, die von Sandsäcken umgeben und von irakischen Polizisten mit AKM -Sturmgewehren besetzt war. Carrie sah einen Iraker auf dem Dach an einem leichten Maschinengewehr. Sie stiegen aus und gingen ins Haus, wo Dempsey sie mit Hakim Gassid, dem Polizeikommandanten, bekannt machte.
»Haben sie euch auch schon angegriffen?«, fragte Dempsey. Polizeiwachen waren bevorzugte Ziele der al-Kaida, weil nur die irakischen Sicherheitskräfte und die US -Marines sie von der völligen Kontrolle über die Stadt trennten. Es verging kein Tag, an dem nicht irgendwo eine Wache angegriffen und Polizisten getötet wurden, häufig mit Mörsern, Granaten und im provisierten Sprengsätzen.
»Zweimal, diese Woche allerdings noch nicht, Allah sei Dank«, antwortete Gassid.
Einige Minuten später verließen Carrie in schwarzer Abaya und Warzer in weißem Kaftan und karierter Kufiya im traditionellen Muster des Dulaimi-Stammes die Wache durch die Hintertür und fuhren mit einem Motorroller auf die andere Seite des Flusses. Ihr Problem bestand darin, wie sie mit Walid Karim, dem sie den Codenamen »Romeo« gegeben hatten, in einer belagerten Stadt in Kontakt bleiben sollten. Tote Briefkästen, verschlüsselte Nachrichten oder Einweghandys waren keine geeigneten Mittel an einem Ort, wo die al-Kaida jedes Handy überprüfte – selbst die von Leuten, denen sie eigentlich traute – und wo man jederzeit ums Leben kommen konnte, wenn man im falschen Moment die Straße überquerte.
Warzer fiel zum Glück eine Lösung ein: ein Teehaus beim Souk in der Nähe des Busbahnhofs, das Romeo zu bestimmten Zeiten aufsuchen würde. Es gehörte Falah Khadim, dem Onkel eines Cousins von Warzer. Für zehntausend US -Dollar war er bereit, das Risiko einzugehen. Und das durfte nicht gering eingeschätzt werden, denn Abu Nazir hatte schon aus weit geringeren Anlässen Leuten den Kopf abgeschnitten.
Aus dem Lautsprecher eines nahe gelegenen Minaretts kam der Aufruf des Muezzins zum Nachmittagsgebet, dem Asr, als sie mit dem Motorroller zu Onkel Falah fuhren. Die Straßen waren trotz der ständigen Schießereien und Explosionen recht belebt.
Da Carrie als Frau das Teehaus nicht betreten durfte, ging Warzer alleine hinein, um Falah herauszuholen. Solche Orte waren im konservativen Ramadi ausschließlich Männerdomänen, wo man den starken irakischen Tee trank, Wasserpfeifen rauchte und Domino oder Tawla spielte.
Eine Gruppe von Männern kam auf Carrie zu, als sie vor einem Geschäft für Hidschabs und andere Frauenkleidung stand. Sie schienen es eilig zu haben, waren alle mit AKM -Sturm gewehren bewaffnet, und bevor sie zur Seite treten konnte, rempelte einer der Männer sie an. »Almaderah«, entschuldigte er sich.
»La Mushkila«, antwortete sie – kein Problem –, und dann blieb ihr plötzlich das Herz stehen. Es war Abu Ubaida höchst persönlich. Sie erkannte ihn sofort
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