Homicide
Stadt Baltimore. Und dann helfe Ihnen Gott, mein Lieber, weil ein skrupelloser Arsch wie der ein Würstchen wie Sie in die Gaskammer schickt, bevor Sie auch nur drei Wörter herausbekommen. Also, am besten, Sie sagen gleich, was passiert ist, ich habe schon Papier und Stift bereit. Wenn ich hier rausgehe, ist jede Chance, Ihre Version der Geschichte zu erzählen, vertan, und dann schreibe ich alles so auf, wie ich es sehe. Und das sieht verdammt nach einem echten Mord aus, nach einem Schwerverbrechen, Mister, nein, verdammt noch mal, das war nicht bloß ein bisschen Totschlag. Aber was Sie jetzt hier sagen, kann da noch einiges retten, Freundchen. Habe ich schon erwähnt, dass Maryland eine Gaskammer hat? Ein echt scheußliches Ding im Knast in der Eager Street, keine zwanzig Blocks von hier. Ich sag Ihnen, das Ding wollen Sie nicht von innen sehen.
Ein schwacher, zittriger Laut entweicht Ihren Lippen; der Detective lehnt sich wieder zurück und schüttelt traurig den Kopf.
Was, zum Teufel, ist los mit Ihnen, mein Sohn? Sie glauben, ich verarsche Sie? He!, ich brauche mich mit Ihrem Mist hier überhaupt nicht zu beschäftigen. Im Nebenzimmer sitzen drei Zeugen, die sagen, dass Sie es waren. Ich habe ein Messer vom Tatort, das ins Labor geht, Fingerabdrücke. Und auf Ihren Air Jordans, die wir Ihnen vor zehn Minuten abgenommen haben, sind zufällig ein paar Blutspritzer. Was glauben Sie, warum wir die haben wollten? Seh ich aus, als würde ich Baseball spielen? Bestimmt nicht. Sie sind voller Spritzer, und ich bin mir sicher, wir wissen beide, was für eine Blutgruppe die haben. He!, mein Freund, ich bin nur hier, damit Sie nichts sagen, was Ihnen hilft, bevor ich dann alles so aufschreibe, wie’s mir passt.
Sie zögern.
Ach, sagt der Detective. Sie wollen darüber nachdenken. He!, Sie können in Ruhe über alles nachdenken, mein Freund. Mein Captain steht da draußen im Gang, und er hat mir den festen Auftrag gegeben, Ihnen einen richtigen fetten Scheißmord in ihren Scheißarsch zu schieben. Da gibt Ihnen einmal in Ihrem mickrigen kleinen Leben jemand eine Chance, und Sie sind so blöd, sie nicht zu nutzen. Also los, denken Sie nach, und ich sage meinem Captain, er soll sich noch zehn Minuten die Beine in den Bauch stehen. So viel kann ich für Sie tun. Wie wär’s mit ’nem Kaffee? Noch ’ne Zigarette?
Der Detective lässt Sie in dem engen, fensterlosen Raum allein. Allein mit dem unbeschriebenen Notizpapier, dem Formular Nr. 69 und … einem Mord. Einem Mord mit Zeugen, Fingerabdrücken und Blut an Ihren Air Jordans. Himmel, Sie haben das Blut auf Ihren eigenen Schuhen nicht einmal bemerkt. Schöne Scheiße. Schwerverbrechen, Mister. Mord. Wie viel Jahre, fragen Sie sich nun, wie viele Jahre wären es denn für fahrlässige Tötung?
In diesem Augenblick kehrt der Mann, der Sie in den Knast bringen will, der Mann, der nicht Ihr Freund ist, in den Raum zurück und fragt, ob der Kaffee gut ist.
Ja, sagen Sie, der Kaffee ist gut, aber was passiert, wenn ich einen Anwalt will?
Der Detective zuckt die Achseln. Dann besorgen wir Ihnen einen Anwalt, sagt er. Und ich gehe rüber und tippe die Papiere für die Mordanklage, und dann können Sie nichts, rein gar nichts dagegen sagen. Hören Sie, mein Freund, ich gebe Ihnen eine Chance. Er ist auf Sie losgegangen, stimmt’s? Sie hatten Angst. Es war Notwehr.
Sie wollen etwas sagen.
Er ist auf Sie losgegangen, stimmt’s?
»Ja«, erwidern Sie zaghaft, »er ist auf mich losgegangen.«
Stopp, sagt der Detective und hebt die Hände. Warten Sie. Wenn das so ist, muss ich Ihre Einverständniserklärung zur Hand nehmen. Wo ist das Scheißformular? Das ist wie mit den Cops, die sind auch nie da, wenn man sie braucht. Hier ist es, sagt er, schiebt das Papier über den Tisch und zeigt auf den unteren Abschnitt. Lesen Sie das vor, sagt er.
»Ich bin bereit, Fragen zu beantworten, und möchte im Moment keinen Anwalt. Es ist meine eigene freie Entscheidung, Fragen ohne die Anwesenheit eines Anwalts zu beantworten.«
Während Sie lesen, verlässt er den Raum. Kurz darauf kehrt er mit einem zweiten Detective als Zeugen zurück. Sie unterschreiben das Formular, ebenso die beiden Detectives.
Der erste Detective sieht mit dem unschuldigsten aller Blicke von dem Formular auf. »Er ist auf Sie los, was?«
»Ja, er ist auf mich los.«
Gewöhnen Sie sich schon mal an enge Räume, mein Freund, denngleich wird man Sie ins verlorene Land der U-Haft verfrachten. Eine Sache ist es
Weitere Kostenlose Bücher