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Homicide

Homicide

Titel: Homicide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Simon
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nach dem Sommermorgen in der Sozialsiedlung Hollander Ridge, wo ein Bewohner tot auf einer blutdurchtränkten Matratze liegt. Er war ganz ruhig nach oben gegangen und hatte sich ins Bett gelegt, nachdem ihn eine Freundin am Abend aufgeschlitzt hatte. Oder fragen Sie Constantine an seinem Tatort in der Jack Street, einen halben Block von den Brooklyn Homes entfernt, wo in einem Schlafzimmer mit blutbespritzten Wänden die geschändete Leiche einer Neunzigjährigen auf ihn wartet. Geprügelt, vergewaltigt und missbraucht, wurde sie gezwungen, in ein Kissen zu atmen, was ihren Qualen schließlich ein Ende bereitete.
    »
It takes two …«
    Fragen Sie Rick Requer oder Gary Dunnigan nach dem Beziehungsmord im Northeast, bei dem der Tote ein so tiefes Loch in der Kehle hat, dass man den ganzen Thorax sehen kann, und seine Freundin behauptet, er habe sie immer wieder gebeten, mit einem Küchenmesser auf ihn loszugehen, damit er seine Kampfkünste demonstrieren konnte. Oder fragen Sie Worden und James nach dem Loser, der in ein Haus in East Baltimore einbricht, wo der überraschte, aber sonst sportliche Bewohner plötzlich seine eigene Pistole auf ihn richtet. In dem Kampf fällt nur ein einziger Schuss, und plötzlich sitzt der Sterbende auf dem Wohnzimmersofa.
    »Raus hier, bevor ich dir den Kopf wegblase«, schreit der Hausbesitzer, die Waffe im Anschlag.
    »Das hast du bereits getan«, sagt der Einbrecher und verliert das Bewusstsein.
    »… to make a thing go right …«
    Im Sommer bedarf es keines Motivs; er selbst ist Grund genug. Fragen Sie nur einmal Eddie Brown nach dem Fünfzehnjährigen, der am Samstag beim Pferderennen in Cherry Hill seinen Freund mit einer kaputten 22er erschießt und dann der Polizei gegenüber grinsend die Aussageverweigert, weil er glaubt, nur zu einer Jugendstrafe verurteilt zu werden, was auch tatsächlich der Fall ist. Sie können auch Donald Kincaid nach Joseph Adams fragen, der auf dem Weg zum University Hospital verblutete, nachdem er sich mit einem Vierzehnjährigen in die Wolle gekriegt hatte, durch ein Fenster des Nachbarschaftsladens gestoßen wurde und das zerbrochene Glas seinen Hals durchtrennte wie eine Guillotine.
    »
It takes two …«
    Überall Leichen, wenn der Juni in den Juli übergeht, und selbst unter Männern, für die eine antrainierte Gleichgültigkeit gegenüber der Schwäche und dem Elend des Menschen ein unabdingbarer Selbstschutz ist, bringt der Sommer eine ganz eigene Form der Krankheit hervor. Das hier ist das CID-Morddezernat, Mister, und weder Hitze noch Regen noch die nächtliche Dunkelheit werden diese Männer von ihren Rendezvous mit der Kaltblütigkeit abhalten. Makabre Witze? Die makabersten. Schwarzer Humor? Der schwärzeste. Und wollen Sie wissen, wie das kommt? Die Masse macht’s. Genau, die Masse. Unübertroffen. Dabei verkaufen sie sich nicht unter Wert, sie lösen keinen Fall vor der Zeit.
    Man stelle sich vor, wie Garvey und Worden in der Lanvale rauchend vor einer Wohnung im ersten Stock stehen, und drinnen liegt ein alter Alkoholiker mit einem glatten Genickbruch auf dem Boden, neben sich eine leere Flasche. Aller Wahrscheinlichkeit nach lebte er noch, als er betrunken zu Boden fiel, wurde aber dann versehentlich von seiner ebenso berauschten Frau getötet, die ihm die Tür in den Nacken rammte, als sie das Zimmer betreten wollte.
    »Willst du es wirklich als Mord aufnehmen?«, witzelt Worden, während er seine Zigarre prüft und dann anzündet.
    »Wir könnten die Statistik aufbessern«, erwidert Garvey mit demselben trockenen Humor.
    »Dann mach einen Mord daraus. Was weiß ich? Ich bin nur ein unwissender kleiner Weißer aus Hampden.«
    »Es ist ein Dunker …«
    »Ich glaube nicht, dass sie die Kraft hatte, ihn umzubringen.«
    »Verdammt, was soll’s«, meint Garvey, als schätzte er die Größe einer Forelle ab. »Wir werfen sie zurück.«
    Oder Jay Landsman, der im unteren Teil des Wyman Park einen anderen Routinefall bearbeitet. Die Bewohnerin eines Seniorenheims hat sich im neunzehnten Stock kopfüber vom Balkon gestürzt. Wie es aussieht, war die alte Dame noch ziemlich unversehrt, bis sie im ersten Stock auf ein Podest prallte. Ihr Kopf und Rumpf blieben darauf liegen, während Beine und Steiß auf die Straße stürzten.
    »Sie ist getrennter Wege gegangen«, sagt Landsman zu dem Uniformierten am Tatort. »Also schreiben Sie besser zwei getrennte Berichte.«
    »Wie?«
    »Ach, nichts.«
    »Ein Typ im fünften Stock hat gesagt, er habe

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