Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Homicide

Homicide

Titel: Homicide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Simon
Vom Netzwerk:
Wochen dauern, aber sowohl Goodin als auch die Detectives vermuten, dass der Test auf Alkohol positiv ausfällt, wenn nicht auch der auf Drogen. Schließlich ist sie ein Billy-Girl und wurde an einem Sonntagmorgen tot aufgefunden. Wahrscheinlich hat die Frau am Abend zuvor mindestens ein oder zwei Bars von innen gesehen. Sperma wurde nicht gefunden; es gibt keine unmittelbaren Hinweise auf sexuelle Gewalt.
    Woher sollen wir wissen, argumentiert Goodin, dass sie nicht einfach betrunken hingefallen ist, bevor sie jemand überfuhr? Und was, wenn der Fahrer eines Sattelschleppers sie nicht gesehen hat, als er rückwärts auf die Laderampe zufuhr?
    Worden erzählt ihr von dem Unfallermittler, der die Meinung vertritt, die Reifenspuren seien eher von einem Sportwagen als von einem Lastwagen.
    »Wenn es ein Sattelzug gewesen wäre«, wirft Worden ein, »wäre sie doch noch viel schlimmer zugerichtet, meinen Sie nicht auch?«
    »Schwer zu sagen.«
    Dave Brown bringt die Sprache auf den fehlenden Schuh. Wenn sie einfach in betrunkenem Zustand gestürzt wäre, läge dann nicht irgendwo die Sandale herum? Interessanter Gedanke, räumt Goodin ein, aber sie ist immer noch nicht überzeugt und kontert, wenn die Frau betrunken gewesen sei, könnte sie die Sandale schon zwei Blocks von der Stelle ihres Sturzes entfernt verloren haben.
    »Schauen Sie, meine Herren, wenn Sie mir etwas Schlüssiges bringen, dann erkenne ich auf Mord«, sagt sie. »Im Moment habe ich keine andere Wahl, als es offen zu lassen.«
    Später kehrt Dave Brown noch einmal in die Penn Street zurück und holt die gute Frau Doktor zu einem kleinen Ausflug zum Tatort ab. Dabei erklärt er ihr noch einmal, dass die einsame Stelle einfach nicht zu einer Fahrerflucht passt. Goodin hört ihm gut zu, betrachtet eingehend den Tatort und nickt zustimmend, weigert sich aber weiterhin, den Tod als Mord anzuerkennen.
    »Ich brauche eine handfeste Spur«, beharrt sie. »Bringen Sie mir etwas Eindeutiges.«
    Brown fügt sich gnädig in die Niederlage. Er ist sich zwar immer noch sicher, dass es sich um Mord handelt, aber irgendwie begreift er auch, warum der Fall besser in der Schwebe bleiben sollte. Schließlich hat Goodin drei Wochen zuvor auf Mord erkannt und wurde dann durch neue Beweise überrascht. Und jetzt fordern dieselben Cowboys sie auf, ohne einen klaren Beweis wieder auf Mord zu entscheiden. Wahrscheinlich ist es Mord, überlegt Brown, aber im Moment sollte der Fall wohl besser unentschieden bleiben.
    Aber Goodins Urteil bringt ein anderes Problem mit sich: Solange der Befund der Rechtsmedizin uneindeutig ist, kann ein Fall aus Sicht der Detectives nicht als Mord behandelt werden. Und wenn es kein Mord ist, wird der Fall auch nicht auf der Tafel geführt. Und wenn er nicht auf der Tafel steht, existiert er eigentlich nicht. Wenn ein leitender Ermittler nicht auf eigene Verantwortung einen schwebenden Fall weiter verfolgt, fällt er höchstwahrscheinlich spätestens in dem Augenblick durchs Raster, wenn dieser Detective einen eindeutigen Mordübernimmt. Wenn der Billy-Girl-Fall jemals gelöst wird, dann nur, wenn Dave Brown es irgendwie hinkriegt, die Sache durchzuziehen. Worden bezweifelt jedoch, dass Brown das schafft.
    Bei ihrer Rückkehr ins Dezernat stellen die beiden Männer fest, dass McLarney mit dem Vorspiel bereits durch ist. Die ersten Formalitäten sind erledigt, und die beiden Billies, die die Leiche entdeckt haben, sind vernommen worden und schlafen im Aquarium. Die Frau, mit der Brown am Tatort gesprochen hat, hat angerufen: Sie habe von Nachbarn erfahren, wie die Tote ausgesehen habe, und was sie gehört habe, treffe auf ihre Tante zu. Als Brown sie nach dem Schmuck ihrer Tante fragt, kann sie sowohl die Halskette als auch die Ohrringe genau beschreiben. Brown erklärt ihr, ihre Familie müsse nicht in die Penn Street kommen, da eine Identifizierung der Toten aufgrund der Gesichtsverletzungen nicht möglich sei. Etwa eine Stunde später stellt sich bei der Analyse der Fingerabdrücke heraus, dass es sich bei dem Opfer um eine Carol Ann Wright handelt, eine jung aussehende Dreiundvierzigjährige, die zwei Blocks von der Stelle entfernt wohnte, an der sie starb. Sie hatte fünf Kinder, und ihre Familie hatte sie Samstag um kurz vor elf abends gesehen. Sie war zur Hanover Street gegangen, um per Anhalter zum Southern District zu fahren, wo ein Freund von ihr in der Zelle saß.
    Am frühen Nachmittag bekommt Brown die Bestätigung, dass sein Opfer

Weitere Kostenlose Bücher