Homogen
neugieriger Miene.
„Na bei ihrer Familie bleiben. Den Ehemann und Vater spielen, den sie von Anfang an vorgaben zu sein!“, antwortete Christian engagiert.
Die Reporterin nickte. Offenbar war die Frage nunmehr ausreichend beantwortet.
„Wie sieht es bei Ihnen mit dem Kinderwunsch aus?“
„Ich würde schon gern meine Linie fortführen, immerhin bin ich der einzige Sohn meiner Eltern. Ich sehe einfach die Verantwortung und die Moral meiner Mom die Chance kaputt zu machen Oma zu sein. Das darf nicht sein. Es ist auch ihr Leben und Eltern dürfen nicht um ihr Enkelglück gebracht werden.
Ich habe zwar derzeit nicht die Zeit, um mich für ein Kind zu sorgen, aber ich schließe den Gedanken nicht aus, irgendwann auch einmal Papa zu sein – mit dem richtigen Partner!“ Der letzte Satz brachte Christian zum Schmunzeln. In Gedanken sah er Gordon vor sich.
„Aber wie würden Sie das bewerkstelligen – ich meine in Deutschland ist doch Leihmutterschaft verboten und eine Adoption würde Ihre Linie ja nicht fortsetzen oder doch?“, unterbrach die Interviewerin Christians Fantasie.
„Ich schließe beides nicht aus, dass gebe ich offen zu. Allerdings, wenn wirklich die Gene für unsere Andersartigkeit verantwortlich sind, dann würde ich es mir vielleicht doch noch einmal überlegen ein eigenes Kind zu zeugen!“
„Weil es dann auch krank sein würde, wie Sie?“, hakte die junge Frau eifrig nach.
„Nein. Weil es dann keine Chance hätte sich für etwas anderes zu entscheiden. Es wäre quasi von vornherein dazu bestimmt, anders zu sein.“
„Also geben Sie doch zu, dass sie keine andere Wahl hatten und es keine willentliche Entscheidung ist, schwul zu sein oder nicht?“ Fast schien die junge Frau triumphieren über ihren letzten Satz zu stehen.
„Ja. Durchaus. Aber ich denke, dass es einen großen Unterschied gibt zwischen Veranlagung und Gendefekt. Letzteres bedeutet Krankheit. Veranlagung oder wie ich es nenne, Vorliebe, ist allerdings eine Ausnahmeerscheinung – Gottes Wunder. Vielleicht war ich in einem früheren Leben ja eine Frau und trage die Erinnerungen daran unbewusst auch in diesem Leben mit mir herum. Deshalb ist es auch für mich unvorstellbar mit einer Frau zu schlafen!“
„Inwieweit beeinflusst Ihre Andersartigkeit Ihre Arbeit? Was sehen Sie als Probleme in der Modewelt?“
„Gerade in Sachen Mode, sehe ich die Dinge eben aus einer anderen Perspektive. Wissen Sie, Pflege und ordentliche Kleidung ist das eine, aber dieses kitschige Gehabe und geglitzer Übertreibe der neuen Art, das ist schon bald ekelerregend. Schwule haben all das mit Stil und Respekt nach außen getragen. Die Heteros, die nun meinen gestutzte Augenbrauen haben zu müssen, einen fetten Brilli im Ohr, knallenge Hosen, Capis aufstellen statt aufsetzen und grelle Tücher um den hals - widern mich an. Das ist für mich keine Mode mehr.
Da aber die Jugend an sich dem ganzen Schrill und Klitsch nacheifert, sehen wir Homos schon nicht mehr durch, wem wir schöne Augen machen können und wo es keine Aussichten verspricht, weil nunmehr alle schwul aussehen.
Ebenso die Mädels. Sie verfetten zunehmend und kleiden sich schludrig. Lassen sich gehen und nennen es sportlich. Wo bleibt die Schönheit? Auch wenn sie im Betrachter liegen mag. Das ist nicht schön, wenn alles herausquellt. Die verstehen sich nicht mal passgenau zu kleiden. Jacken gehen nicht mehr zu, die Arme passen gerade so, wenn überhaupt in die Ärmel, alles zwickt und zwackt, das es ein Blinder erkennen würde.“
Christian schien kraftlos. Er hatte keine Lust mehr weitere Fragen zu beantworten. Ihm schien es fast so, als müsse er sich vor dieser fremden Frau irgendwie rechtfertigen.
„Es tut mir Leid, aber ich habe gleich einen weiteren Termin. Sind wir fertig?“, fragte er die junge Reporterin höflich und stand aus seinem Stuhl auf. Natürlich hatte er keinen weiteren Termin, aber er wollte die Frau wieder loswerden.
„Ja, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für mich genommen haben. Das Interview wird morgen früh abgedruckt!“ Sie stand auf und packte ihre Sachen wieder in ihre lederne Handtasche, die so groß war wie eine Aktenmappe. Christian geleitete sie noch zur Tür und verabschiedete sich höflich von ihr.
Der erfolgreiche Modedesigner hatte sich die letzten Nächte um die Ohren
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