Homogen
Gasse zu Halle 2 und starrte auf den Boden. Als Mike Richardson hinzukam, hob er die Platte etwas vom matschigen Boden ab. Es war eine Art Gullideckel, der nur halbverschlossen, dennoch unscheinbar den Weg unterbrach.
„Scheint ein unterirdisches Kanalsystem zu sein, welches unter den Hallen verläuft!“, sagte Lenny. Richardson pflichtete ihm bei und schaute erwartungsvoll in den Schacht.
„Ich bin sicher, dass er hier verschwunden ist!“, machte Lenny weiter.
Richardson nickte abermals. Dann sah er Lenny mit einer komischen Miene an. „Na dann mal los!“, und sprang mit einem Satz herunter. Lenny stand mit offenem Mund da und blickte erschrocken zu seinem Chef. Dann fasste er sich Mut und sprang ebenfalls herunter.
In den engen Gängen des unterirdischen Kanalsystems roch es gewaltig nach Abwasser. Das schien den Krabbeltieren und Ratten allerdings nichts auszumachen. Lenny folgte seinem Chef dicht und versuchte seine Abscheu gegen die unbeliebten Nager zu unterdrücken.
„Da!“, stieß Richardson plötzlich aus und wies auf eine Lichtung. Offenbar waren beide an einem weiteren Ausgang angekommen, durch welchen nun das Sonnenlicht kreisförmig hinabstrahlte. Richardson kletterte die Eisentreppe hinauf und drückte kräftig gegen den Gullideckel. Dieser hob sich schließlich auch an.
Als beide draußen waren und sich umsahen, entdeckten sie, dass sie sich weit außerhalb des Hafengeländes befanden. Es waren nur ein paar Meter bis zu einer Bushaltestelle. Sonst war diese Industriegegend eher karg. An der Bushaltestelle saß ein Mann. Er sah aus, als würde er schlafen.
Richardson musterte den Mann von Weitem. Irgendetwas schien ihm komisch vorzukommen. Dann ging er eilig auf die Bushaltestelle zu. Als der Mann die Gegenwart des FBI-Ermittlers bemerkte, schreckte er auf und machte Anstalten wegzurennen. Zu spät. Richardson war bereits angekommen und hatte seine Waffe gezückt.
„Der Bus ist wohl ausgefallen?“, sagte er hämisch und legte Gordon Barschka die Handschellen an. Lenny kam lächelnd und kopfschüttelnd hinzu.
„Wie gut, dass man sich noch immer auf die Verspätung der öffentlichen Verkehrsmittel verlassen kann!“
6. Juni 2009; 12:07 Uhr
Christian hatte sich noch Tage nach dem Gespräch mit Veronika Loos den Kopf darüber zerbrochen, wie es wohl für ihn wäre, wenn er sein ganzes Leben wegen eines verlorenen Prozesses hätte hinwerfen müssen. Er wäre außer sich vor Wut. Er wollte ihr glauben, dass sie mit der Sache abgeschlossen hatte, aber auch auf Nummer sicher gehen. Schließlich besuchte er in die ehemalige Universität des Professors und der übervorteilten Studentin.
Es war ein ehrwürdiges altes Gebäude mit einer gut erhaltenen Fassade aus dem 17. Jahrhundert. Auf dem Universitätsgelände waren viele junge Leute, sicherlich Studenten, die eilig von einem Kurs zum nächsten liefen oder sich eine kleine Pause unter den zahlreichen Birken gönnten. Christian wollte früher auch hier studieren – Astronomie und Physik. Er war Klassenbester in diesen Fächern und hatte ein reges Interesse am Universum. In einsamen Nächten stellte er sich vor sein kleines Teleskop und beobachtete die Sterne. Stundenlang konnte er hinauf schauen und sich dabei vorstellen, wie es wohl wäre, wenn gerade in diesem Augenblick ein Ufo vorbeikäme. Irgendwie war es aber nie dazu gekommen und nach seinem Praktikum in Paris, entdeckte er die Magie der Modewelt und sein Talent für Entwürfe. So entschied er sich schließlich für die farbenfrohe Welt der Stoffe und Schnitte und ließ die Träumereien von Star Trek hinter sich.
Als er sich so umschaute, fiel Christian eine kleine Gruppe junger Frauen auf, die sich über irgendetwas aufzuregen schienen. Er kam etwas näher heran und bemerkte, dass es um einen ihrer Lehrer ging. Er hatte wohl eine der Frauen ungerecht benotet und sollte nun dafür zur Rechenschaft gezogen werden. Christian gefiel die Art und Weise wie die Frauen sich unterhielten. Sie waren so geistreich und voller Esprit. Die Welt der Wissenschaftler ist schon eine ganz eigene, dachte er sich. Die Unterhaltungen sind so viel wort- und inhaltsreicher als jene aus der Modewelt. Es machte einfach Spaß ihnen zu zuhören. Doch gerade, als er dies dachte, stockte plötzlich die Konversation der Frauen und Christian bemerkte einen kühlen Schauer auf
Weitere Kostenlose Bücher