Hongkong 02 - Noble House Hongkong
wem kommt er? Und spielen wir weiß oder schwarz?«
Seine Augen verhärteten sich. »Das ist mir gleich, Casey – vorausgesetzt, wir gewinnen.« Er verließ das Zimmer.
Etwas ist im Gang, dachte sie, etwas Gefährliches, von dem er mir nichts erzählt.
»Geheimhaltung ist lebenswichtig«, hatte er ihr schon in den ersten Tagen eingeschärft. »Napoleon, Caesar, Patton – sie alle haben ihre wirklichen Pläne oft vor ihrem Stab geheimgehalten. Einfach nur, um sie – und mit ihnen auch feindliche Spione – in Ungewißheit zu lassen. Wenn ich Ihnen Informationen vorenthalte, ist das kein Mißtrauen. Sie allerdings dürfen mir nie eine Information vorenthalten.«
»Das ist nicht fair.«
»Das ganze Leben ist unfair. Der Krieg ist unfair. Das große Geschäft ist ein einziger Krieg. Ich führe mein Geschäft bewußt wie einen Krieg, und darum werde ich gewinnen.«
»Was gewinnen?«
»Par-Con Industries muß größer werden als General Motors und Exxon zusammen.«
»Warum?«
»Weil es mir Spaß macht.«
»Jetzt sagen Sie mir mal den wirklichen Grund!«
»Darum liebe ich Sie, Casey: Sie hören mir zu und wissen alles.«
»Ach, Linc, ich liebe Sie auch.«
Sie hatten beide gelacht, weil sie wußten, daß sie einander nicht liebten – nicht im herkömmlichen Sinn. Gleich am Anfang waren sie übereingekommen, um des Außergewöhnlichen willen das Gewöhnliche zurückzustellen. Sieben Jahre lang.
Zermalmen, zerstören, gewinnen. Das große Geschäft, das aufregendste Monopoly-Spiel der Welt. Aber die Zeit wird knapp, Linc, dieses Jahr, das siebente Jahr, das letzte Jahr, geht an meinem Geburtstag, dem siebenundzwanzigsten Geburtstag, am 25. November zu Ende …
Sie hörte das zaghafte Klopfen und den Hauptschlüssel im Schloß und wollte »Herein« rufen, aber der Hausboy in seiner gestärkten Uniform stand schon im Zimmer.
»Guten Morgen, Missee, ich bin Erster Hausboy Tageszeit Tschang.« Tschang war grauhaarig und benahm sich zuvorkommend. Er strahlte. »Zimmer saubermachen? Was zuerst, Zimmer von Herr oder Zimmer von Missee?«
»Meines. Mr. Bartlett war noch gar nicht in seinem Zimmer.«
Tschang grinste. Ayeeyah, hast du dich mit dem Herrn in deinem Bett gewälzt, Missee, bevor er ausgegangen ist? Aber er war nur vierzehn Minuten da, und sein Gesicht war nicht gerötet, als er ging.
Ayeeyah, zuerst sollen sich zwei männliche fremde Teufel meine Suite teilen, und dann stellt sich heraus, daß der eine eine Sie ist – festgestellt von Nachtzeit Ng, der natürlich ihr Gepäck durchsuchte und sichere Beweise fand, daß es eine wirkliche Sie war – Beweise, die heute früh mit großem Behagen vom Dritten Stubenmädchen Fung bestätigt wurden.
Goldene Schamhaare! Wie scheußlich!
Und nicht nur ist die Dame mit den goldenen Schamhaaren nicht die Hauptfrau des Herrn – sie ist nicht einmal eine Nebenfrau, und was das Schlimmste ist, sie hat auch nicht den Anstand, so zu tun! So hätte man die Hotelordnung beachten und allseits das Gesicht wahren können.
Tschang kicherte. Dieses Hotel hatte schon immer so erstaunliche Regeln, was den Aufenthalt von Damen in den Zimmern von Herren anging – du meine Güte, wozu sonst sind Betten da? Und jetzt lebt ein weibliches Wesen ganz offen in barbarischer Sünde! Oh, wie sich die Gemüter in der vergangenen Nacht erhitzt hatten! Barbaren! Dew neh loh moh auf alle Barbaren! Aber die da war ganz gewiß ein Drachen, denn wie sonst hätte sie dem eurasischen Stellvertretenden Direktor, dem eurasischen Nachtportier und sogar dem glattzüngigen Hauptgeschäftsführer, dem Großen Wind persönlich, ihren Willen aufzwingen können?
Der ehrenwerte Mong, Chefportier und der wahre Chef des Hotels, war es gewesen, der eine Lösung für das unlösbare Problem gefunden hatte. »Die Suite Duftiger Frühling hat drei Türen, heya! « hatte er den Kollegen auseinandergesetzt. »Je eine für die zwei Schlafzimmer und eine für den Wohnraum. Laßt sie durch die dazugehörige Tür in den B-Teil eintreten – es ist sowieso der schlechtere Raum. Doch die inneren Türen, die zum Wohnzimmer und von dort in das Schlafzimmer des Herrn führen, sind versperrt. Aber ein Schlüssel soll ganz in der Nähe liegen. Wenn die heuchlerische Hure die Türen selbst aufschließt – was kann man dagegen tun? Und wenn sich morgen oder übermorgen ein Durcheinander bei den Bestellungen ergibt und unser ehrenwerter Hauptgeschäftsführer den Milliardär und sein Flittchen aus dem Land der
Weitere Kostenlose Bücher