Hongkong 02 - Noble House Hongkong
werden.«
»Das sind sie sicher nicht. Nicht aktenkundig.«
»Gut. Und was ist das für ein Gauner in den Sinclair Towers?«
»Eines unserer bedeutenden Kapitalistenschweine, aber er steht im Verdacht, ein geheimer Parteigänger der Kommunisten zu sein. Sehr langweilig, aber irgendwie muß sich der SI ja seinen Lebensunterhalt verdienen, nicht wahr?«
»Kenne ich ihn?«
»Du kennst doch fast jeden. Er ist einfach ein Schurke, Ian. Tut mir leid, aber im Augenblick wird um alles ein Geheimnis gemacht.«
»Na komm schon, uns gehört doch der ganze Komplex! Wer ist es? Ich behalte es auch für mich.«
»Ich weiß. Tut mir leid, alter Knabe, aber ich kann nicht. Doch ich habe noch eine andere Hypothese für dich. Nehmen wir an, ein hypothetischer verheirateter VIP hätte eine Freundin, deren Onkel rein zufällig der im Untergrund arbeitende stellvertretende Chef der illegalen Geheimpolizei der Kuomintang in Hongkong wäre.
Nehmen wir ferner an, rein hypothetisch, die Kuomintang wüßte diesen VIP gern auf ihrer Seite. Sicher könnte er von einer solchen Dame unter Druck gesetzt werden, nicht wahr?«
»Ja, das könnte er«, hatte Dunross lässig zugegeben. »Wenn er ein Dummkopf ist.«
Er wußte schon von Wei-weis Onkel und war ihm zu wiederholten Malen auf privaten Gesellschaften in Taipeh begegnet. Der Mann war ihm sympathisch. Da gibt’s keine Probleme, hatte er gedacht, denn sie ist nicht meine Geliebte, nicht einmal meine Freundin – so schön und begehrenswert sie auch sein mag.
Er lächelte in sich hinein, während er die Magazine Gap Road hinunterfuhr. Dann mußte er warten, bis er um den Platz herum war und in die Garden Road einbiegen konnte, die in den eine halbe Meile tiefer, am Meer gelegenen Central District einmündete.
Jetzt konnte er auch schon das hochaufragende Bürohaus von Struan’s sehen. Es hatte zweiundzwanzig Stockwerke und lag nach der Cormaught Road und dem Meer zu, fast gegenüber dem Anlegeplatz der Golden Ferries, die zwischen Hongkong und Kowloon verkehrten. Wie immer fand er an diesem Anblick Gefallen.
Sein Wagen schlängelte sich durch den dichten Verkehr, so gut es ging, kroch am Hilton-Hotel und dem Cricket-Platz vorbei und bog schließlich in die Connaught Road ein. Vor dem Haupteingang blieb er stehen.
Das ist der große Tag, dachte er. Die Amerikaner sind da. Und mit etwas Glück ist Bartlett die Schlinge, die Quillan Gornt ein für allemal den Garaus machen wird.
»Guten Morgen, Sir!« Der uniformierte Pförtner grüßte stramm.
»Guten Morgen, Tom.« Dunross stieg aus dem Wagen und lief, zwei Stufen auf einmal nehmend, die Treppe hinauf, dem großen Glasportal entgegen. Ein anderer Portier fuhr den Wagen in die Tiefgarage, und wieder ein anderer öffnete ihm die Glastür, in der sich der vorfahrende Rolls spiegelte. Er warf einen Blick zurück. Casey verließ den Wagen, und unwillkürlich stieß er einen Pfiff aus. Sie trug eine Aktentasche. Ihr meergrünes Seidenkostüm war maßgeschneidert und sehr konservativ, verbarg aber doch weder die Eleganz ihrer Erscheinung noch ihren federnden Gang, und das Meergrün ließ das schimmernde Gold ihrer Haare noch attraktiver erscheinen.
Sie sah sich um und fühlte seine Augen auf sich gerichtet. Sie erkannten einander sofort und schätzten sich gegenseitig ab. Sie setzte sich als erste in Bewegung und schritt auf ihn zu. Er kam ihr auf halbem Weg entgegen.
»Guten Morgen, Mr. Dunross.«
»Guten Morgen. Wir sind uns nie begegnet, nicht wahr?«
»Nein. Aber nach Ihren Fotos sind Sie leicht zu erkennen. Ich erwartete nicht, schon jetzt das Vergnügen zu haben, mit Ihnen zusammenzutreffen. Ich bin Cas…«
»Ja«, fiel er ihr lächelnd ins Wort. »Ich bekam noch in der Nacht einen leicht verwirrten Anruf von John Tschen. Willkommen in Hongkong, Miss Tcholok! Miss ist doch richtig, nicht wahr?«
»Ja. Ich hoffe, die Tatsache, daß ich eine Frau bin, wird die Dinge nicht allzu sehr komplizieren.«
»O doch, das wird sie, und zwar nicht wenig. Aber wir werden versuchen, mit dem Problem fertigzuwerden. Würden Sie und Mr. Bartlett mir das Vergnügen machen, beim Rennen am Sonntag meine Gäste zu sein? Lunch und was noch dazugehört?«
»Das wäre reizend. Aber ich muß mich noch mit Mr. Bartlett abstimmen. Darf ich Ihnen heute nachmittag Bescheid geben?«
»Selbstverständlich.« Er blickte auf sie hinab. Sie erwiderte seinen Blick. Der Portier hielt ihnen immer noch die Tür auf.
»Na, kommen Sie mit, Miss Tcholok,
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