Hongkong 02 - Noble House Hongkong
Polizeiwagen einen Weg durch die aufgebrachte Menge, die sich auf die Straße vor der Ho-Pak ergossen hatte. Doch in East Aberdeen waren alle Straßen, wo es Bankfilialen gab, von Menschentrauben verstopft, selbst vor der Victoria, gleich gegenüber der Ho-Pak, warteten die Leute ungeduldig.
»Für den Regen können wir Gott danken«, murmelte Armstrong.
»Sir?« fragte der Fahrer. Das enervierende Kratzen der schlecht eingestellten Scheibenwischer machte seine Stimme fast unhörbar.
Armstrong wiederholte seine Worte und fügte hinzu: »Wenn es heiß und feucht wäre, gäbe es hier Mord und Totschlag. Der Regen ist ein Segen des Himmels.«
»Da haben Sie wohl recht, Sir.«
Schließlich blieb der Wagen vor dem Polizeirevier stehen. Armstrong eilte hinein.
Chief Inspector Smyth erwartete ihn schon. Er trug den linken Arm in einer Schlinge.
»Tut mir leid, daß ich mich verspätet habe«, entschuldigte sich Armstrong. »Der Verkehr ist völlig zusammengebrochen.«
»Macht nichts. Bedauere, aber ich habe zu wenig Leute. West Aberdeen hilft uns aus, Central District ebenfalls, aber die haben auch ihre eigenen Probleme. Diese verdammten Banken! Wir müssen mit einem Beamten am Hintereingang auskommen – für den Fall, daß wir einen der Verbrecher aufscheuchen – wir kommen von vorn mit Augenglas Wu«, erläuterte Smyth Armstrong seine Taktik.
»Gut. Können wir gleich gehen? Ich möchte nicht zu lange fortbleiben.«
»Selbstverständlich. Ziemlich ungemütlich draußen. Ich hoffe, der verdammte Regen hält so lange an, bis die verfluchten Banken ihren letzten Penny auszahlen. Haben Sie Ihr Vermögen gerettet?«
»Soll das ein Witz sein? Die paar Mäuse machen das Kraut auch nicht fett.« Armstrong streckte sich. »Ist Ah Tam in der Wohnung?«
»Soweit uns bekannt ist, ja. Die Familie, für die sie arbeitet, heißt Tsch’ung. Er ist Müllabfuhrmann. Könnte sein, daß sich auch einer der Verbrecher dort aufhält. Darum müssen wir schnell in die Wohnung eindringen. Ich habe die Erlaubnis des Commissioners, einen Revolver zu tragen. Wollen Sie auch einen?«
»Nein, danke. Wollen wir gehen?«
Smyth war kleiner als Armstrong, aber gut gebaut, und die Uniform saß ihm wie angegossen. Unbeholfen wegen seines Armes, nahm er den Regenmantel vom Haken und ging voran. »O verdammt, beinahe hätte ich es vergessen«, rief er und blieb stehen. »Brian Kwok vom SI bittet um Ihren Rückruf. Wollen Sie von meinem Büro aus telefonieren?«
»Wenn ich darf. Ob ich wohl einen Kaffee haben könnte?«
»Kommt sofort.«
Das Büro war sauber, farblos und zweckmäßig eingerichtet, aber Armstrong bemerkte die teuren Stühle, den prächtigen Schreibtisch und die luxuriöse Ausstattung. »Geschenke dankbarer Kunden«, bemerkte Smyth leichthin. »Ich lasse Sie jetzt ein paar Minuten allein.«
Armstrong nickte und wählte eine Nummer. »Ja, Brian?«
»Hallo, Robert! Wie geht’s? Der Alte sagt, du sollst sie ins Präsidium mitnehmen und nicht in Aberdeen verhören. Er ist sehr guter Laune. Könnte sein, wir haben heute abend einen 16/2.«
Armstrong spitzte die Ohren. 16/2 in der SI-Terminologie bedeutete, daß sie einem oder mehreren feindlichen Agenten auf der Spur waren. »Hat es etwas mit unserem Problem zu tun?« fragte er vorsichtig und dachte dabei an Sevrin.
»Vielleicht.« Es entstand eine Pause. »Erinnerst du dich, was ich dir über unseren Maulwurf gesagt habe? Ich bin jetzt noch mehr überzeugt, daß ich recht habe.« Für den Fall, daß jemand mithörte, sprach Brian Kwok auf Kantonesisch weiter. Armstrong hörte mit wachsender Unruhe zu, als sein bester Freund ihm berichtete, was er auf dem Rennplatz beobachtet hatte – das lange Privatgespräch zwischen Crosse und Suslew. »Wenn Crosse unser Maulwurf ist, würde es doch zu seinem Charakter passen, in aller Öffentlichkeit mit einem Kumpan Kontakt aufzunehmen, heya? «
»Jetzt ist nicht der geeignete Moment«, antwortete Armstrong. »Wenn ich zurückkomme, können wir uns unterhalten. Vielleicht beim Essen.«
Wieder eine Pause. »Du sollst dich beim Alten melden, sobald du mit der amah ankommst.«
»Wird gemacht. Auf bald.«
Armstrong legte auf. Smyth kam herein und stellte den Kaffee vor ihn hin.
»Schlechte Nachrichten?«
»Nichts als Scherereien«, erwiderte Armstrong verdrießlich. »Immer gibt es Ärger.«
Die Tasse war bestes Porzellan, und der Kaffee war frisch, teuer und köstlich. »Das ist guter Kaffee! Sehr gut. Crosse will, daß ich sie
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