Hongkong 02 - Noble House Hongkong
Chinesen und dann erst Kommunisten sind. Und für den Frieden in Asien ist Hongkong lebenswichtig.
»Mr. und Mrs. Jamie Kirk, Sir.«
Jamie Kirk war ein pedantischer kleiner Mann mit einem rosigen Gesicht und rosigen Händen, der mit einem wohltuenden schottischen Akzent sprach. Seine Frau, Amerikanerin, war groß und breitschultrig.
»Ich freue mich sehr, Ihre Bek …« setzte Kirk an.
»Ja, wir freuen uns sehr, Mr. Dunross«, fiel seine Frau ihm dröhnend ins Wort.
»Komm zur Sache, Jamie, Schatz! Mr. Dunross ist ein vielbeschäftigter Mann, und wir müssen Einkäufe machen. Mein Mann hat ein Päckchen für Sie, Sir.«
»Ja, es ist von Alan Medford Gr…«
»Er weiß es, Schatz«, übertönte sie ihn abermals. »Gib ihm das Päckchen!«
»Ja, und da ist auch noch …«
»Ein Brief von ihm«, sagte sie. »Mr. Dunross hat sehr viel zu tun, gib ihm den Brief, und wir können einkaufen gehen!«
»O ja. Also …« Kirk überreichte Dunross das Päckchen. Es maß etwa vierzehn mal neun Zoll und war einen Zoll dick. Der Brief war mit einem roten Siegel verschlossen. »Alan hat gesagt, ich soll …«
»… Päckchen und Brief persönlich übergeben«, sagte sie und lachte. Sie erhob sich. »Du bist so langsam, Süßer. Also vielen Dank, Mr. Dunross, komm, Schatz …«
Verdattert blieb sie stehen, als Dunross gebieterisch die Hand erhob und höflich, aber sehr bestimmt fragte: »Was möchten Sie denn gern einkaufen, Mrs. Kirk?«
»Wie? Ach, ich möchte mir ein paar Kleider machen lassen, und Schätzchen braucht Hemden …«
Wieder hob Dunross die Hand, drückte mit der anderen auf einen Knopf, und Claudia trat ein. »Führen Sie Mrs. Kirk zu Sandra Lee. Sie soll sofort mit ihr zu Lee Foo Tap hinuntergehen und ihm sagen, daß er Mrs. Kirk die besten Preise machen muß, sonst lasse ich ihn ausweisen. Mr. Kirk kommt in einer kleinen Weile nach.« Er nahm Mrs. Kirk am Arm, und bevor sie noch wußte, wie ihr geschah, war sie aus dem Zimmer.
Kirk seufzte. Es war ein tiefer, befreiender Seufzer. »Ich wollte, ich könnte das auch«, sagte er trübe, doch dann hellten sich seine Züge auf. »Tai-Pan, Sie sind wirklich so, wie Alan Sie mir beschrieben hat.«
»Aber ich habe doch nichts getan. Ihre Frau wollte einkaufen gehen, nicht wahr?«
»Ja, aber …« Und nach einer kleinen Pause fuhr Kirk fort: »Alan, äh, er hat gesagt, Sie sollten den Brief in meiner Anwesenheit lesen. Ich … ich habe ihr das nicht gesagt. Meinen Sie, ich hätte es ihr sagen sollen?«
»Nein«, antwortete Dunross freundlich. »Hören Sie, Mr. Kirk, es tut mir leid, aber ich habe eine schlechte Nachricht für Sie. Vorigen Montag kam AMG bei einem Motorradunfall ums Leben.«
Kirk blieb der Mund offenstehen. »Was?«
»Tut mir leid, daß ich es Ihnen sagen muß, aber ich dachte, Sie sollten es wissen.«
In Gedanken verloren, blickte Kirk in den Regen hinaus. »Wie schrecklich«, sagte er schließlich. »Diese verdammten Motorräder! Richtige Todesfallen sind das. Wurde er überfahren?«
»Nein. Er lag neben seinem Rad tot auf der Straße. Tut mir aufrichtig leid.«
»Entsetzlich! Der arme alte Alan! Ich bin nur froh, daß Sie es nicht vor Frances erwähnt haben, sie, äh, sie konnte ihn gut leiden … Vielleicht möchten Sie jetzt seinen Brief lesen … der arme alte Alan!« Er betrachtete seine Hände. Seine Fingernägel waren abgekaut.
Um Kirk Zeit zu lassen, seine Fassung wiederzugewinnen, öffnete Dunross den Brief. »Mein lieber Mr. Dunross! Ich darf Ihnen einen alten Schulfreund, Jamie Kirk, und seine Frau Frances vorstellen. Das Päckchen, das er Ihnen mitbringt, öffnen Sie bitte erst, wenn Sie allein sind! Ich wollte, daß es sicher in Ihre Hände gelangt, und Jamie hat sich bereit erklärt, in Hongkong Station zu machen. Er ist vertrauenswürdig, soweit man heute überhaupt noch jemandem vertrauen kann. Und stoßen Sie sich bitte nicht an Frances, sie ist kein schlechter Kerl, sie ist gut zu meinem alten Freund, und aus früheren Ehen recht wohlhabend; das gibt Jamie die Muße, in Ruhe zu denken – heutzutage ein seltenes Privileg. Jamie ist Geologe, Hydrogeologe, einer der besten der Welt. Fragen Sie ihn nach seiner Arbeit, womöglich, wenn Frances nicht dabei ist – nicht daß sie nicht über alles Bescheid wüßte, aber sie gibt ein bißchen an. Er hat einige interessante Theorien, die möglicherweise dem Noble House und Ihren wirtschaftlich-politischen Notstandsplanungen von Nutzen sein könnten. Herzliche
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