Hongkong 02 - Noble House Hongkong
»Wir sind die Victoria Bank of Hongkong and China! Wir sind alte Freunde Chinas. Ohne uns würde die Kolonie auseinanderfallen und damit Struan’s und der Großteil Asiens. Wir sind seit Jahren Chinas Handelspartner.«
»Dann gehen Sie doch selbst zu Tiptop!«
»Das kann ich nicht.« Johnjohn reckte das Kinn hoch. »Wußten Sie, daß die Moskauer Handelsbank abermals um eine Konzession angesucht hat, in Hongkong eine Filiale zu eröffnen?«
»Der Aufsichtsrat wird sich dagegen aussprechen.«
»Das ist ja gerade der Witz: Wenn Sie nicht mehr dabei sind, kann der Aufsichtsrat tun und lassen, was ihm beliebt«, hielt Johnjohn ihm entgegen. »Dann könnten auch der Gouverneur und der Kolonialrat leicht überredet werden. Warum sollte man diesen niedrigen Preis nicht zahlen, um unseren Dollar zu retten? Und sobald sich einmal eine sowjetische Bank hier etabliert hat, fallen den Brüdern bestimmt noch einige andere Teufeleien ein, meinen Sie nicht auch?«
»Sie sind schlimmer als dieser verdammte Havergill!«
»Nein, alter Freund, besser!« Johnjohn machte ein ernstes Gesicht. »Jede einschneidende Veränderung würde genügen, und wir werden zum Noble House, ob es Ihnen gefällt oder nicht. Viele unserer Direktoren würden Sie recht gern im Abseits sehen. Vergessen Sie nicht, Ian: Die Victoria wird nicht vor die Hunde gehen.« Er wischte sich ein paar Schweißtropfen von der Stirn. »Ich stoße keine Drohung aus, Ian, aber ich bitte Sie um eine Gefälligkeit. Vielleicht bin ich eines Tages Vorsitzender, und ich werde es nicht vergessen.«
»So oder so?«
»Jawohl, alter Freund«, sagte Johnjohn und ging zur Anrichte hinüber. »Noch ein Glas auf den Weg? Brandy?«
Zusammen mit Hugh Guthrie und Julian Broadhurst saß Robin Grey im Fond von Dunross’ Rolls-Royce, Dunross selbst neben seinem uniformierten Fahrer auf dem Vordersitz. Die Fenster waren von Nebel beschlagen. Lässig wischte Grey den Dunst weg und genoß den Luxus des süß duftenden Leders.
Bald werde ich auch so einen haben, dachte er. Dann werden alle diese Bastarde vor mir kriechen, Ian Dunross eingeschlossen. Und Penn! O ja, meine hochnäsige Schwester, du wirst mitansehen, wie die Hoffärtigen gedemütigt werden!
»Wird es wieder regnen?« fragte Broadhurst.
»O ja«, antwortete Dunross. »Man fürchtet, es könnte noch ein ausgewachsener Taifun aus diesem Sturm werden.«
»Wird uns dieser Taifun hier heimsuchen?« wollte der liberale Abgeordnete Guthrie wissen.
»Das kann man nie mit Sicherheit sagen. Ein Taifun kann direkt auf einen zukommen und im letzten Moment abdrehen.«
»Ich erinnere mich, daß ich über Wanda gelesen habe. Taifun Wanda. Voriges Jahr. Der hatte sich gewaschen!«
»Es war der schlimmste, den ich je erlebt habe. Mehr als zweihundert Tote, Tausende Verletzte, Zehntausende Obdachlose! Bei Sha Tin auf den New Territories trieb der Sturm eine riesige Flutwelle den Kanal hinauf, durchbrach die Dämme, schleuderte Fischerboote eine halbe Meile landeinwärts und überschwemmte das ganze Dorf. Tausende Fischerboote verschwanden, acht Frachter liefen auf Grund – der Schaden betrug Millionen Dollar.« Dunross zuckte die Achseln. »Joss! Aber gemessen an der Gewalt des Sturmes war der Seehandel überraschend wenig betroffen. Wie auch immer: Ein Taifun zeigt uns, wie unbedeutend wir in Wirklichkeit sind.«
»Wenn das so ist«, äußerte sich Grey, bevor er sich zurückhalten konnte, »bedaure ich, daß wir nicht jeden Tag einen Taifun erleben. Wäre nicht schlecht, die Hoffärtigen in Whitehall zweimal täglich zu demütigen.«
»Sie gehen mir wirklich auf die Nerven, Grey«, sagte Guthrie. »Müssen Sie bei jeder unpassenden Gelegenheit eine witzlose Bemerkung machen?«
Grey fing wieder an, vor sich hinzubrüten, und verschloß seine Ohren vor dem Gespräch der anderen. Soll sie doch alle der Teufel holen! dachte er.
Bald hielt der Rolls vor dem »Mandarin«, und Dunross stieg aus. »Der Wagen bringt Sie ins V and A zurück. Wir sehen uns alle Sonnabend, wenn nicht früher. Gute Nacht!«
Der Wagen setzte sich in Bewegung. Er umkreiste das riesige Hotel und rollte auf die Autofähre zu. Eine lange Reihe von Autos und Lkw wartete. Grey stieg aus. »Ich werde mir ein wenig die Beine vertreten«, erklärte er mit gezwungener Liebenswürdigkeit. »Ich gehe zu Fuß zur Golden Ferry zurück. Gute Nacht!«
Eilig schritt er die Connaught Road hinauf. Verdammte Dummköpfe, dachte er, und seine Erregung nahm zu. Na ja, es wird
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