Hongkong 02 - Noble House Hongkong
Am besten wäre, sie würden Tiptop selbst delegieren. Was meinen Sie, Ian, wäre das denkbar?«
»Ich weiß es nicht. Und was machen wir mit Yu?«
»Wir können keine Schmuggelgeschäfte finanzieren«, sagte Havergill.
»Hören Sie, Paul, Sie wissen verdammt gut, daß das ein Teil des Abkommens ist – wenn ein Abkommen getroffen wird. Wozu sonst hätten sie es so eingerichtet, daß ich ihn kennenlerne?«
Johnjohn schaltete sich ein. »Lassen wir das doch für später, Ian! Wenn es so weit ist, werden wir alles dazu tun, um Sie zu unterstützen. Sie sind doch auch Yu gegenüber keine festen Verpflichtungen eingegangen, nicht wahr?«
»Aber ihr erklärt euch bereit, mir in jeder Hinsicht Beistand zu leisten?«
»Soweit es diese Transaktionen und das Thorium betrifft.«
»Und was ist mit meinem Kredit?«
»Es ist mir nicht gestattet, Ihnen einen Kredit einzuräumen, Ian«, antwortete Havergill. »Das haben wir doch schon durchgesprochen.«
»Dann berufen Sie doch eine Vorstandssitzung ein!«
»Ich werde es in Erwägung ziehen. Mal sehen, wie die Dinge laufen, hm?« Paul Havergill drückte auf einen Knopf. »Die Börse bitte!« Sekunden später kam über den Lautsprecher eine Stimme, die sich vor dem Hintergrund eines höllischen Lärms kaum verständlich machen konnte. »Ja, Mr. Havergill?«
»Wie sieht es aus, Charles?«
»Der Index ist um 28 Punkte gefallen …« Die beiden Bankiers wurden blaß. »… eine Panik hat eingesetzt. Die Bank hat um sieben Punkte nachgegeben, Struan’s notiert mit 11,50 …«
»Mein Gott!« murmelte Johnjohn.
»… Rothwell-Gornt hat um sieben Punkte nachgegeben, Hongkong Power um fünf, Asian Land um elf … es ist alles ins Rutschen gekommen. Alle Bankenkurse purzeln. Ho-Pak wurde bei zwölf gestrichen. Die Far East and India zahlt jedem Kunden maximal nur 1.000 HK aus.«
Havergill wurde immer nervöser. Die Far East war eine der größten in der Kolonie.
»Ich möchte nicht in Pessimismus machen, aber es sieht aus wie in New York anno 1929! Ich …« Die Stimme wurde von tobendem Geschrei übertönt. »Entschuldigung. Da ist wieder ein tolles Verkaufsangebot, 200.000 Stück Struan’s …«
»Mein Gott, wo kommen die nur alle her?« wunderte sich Johnjohn.
»Von jedem Hinz und Kunz in Hongkong«, sagte Dunross. »Einschließlich der Vic.«
»Wir mußten unsere Einleger schützen«, rechtfertigte sich Havergill und sagte dann ins Mikrofon: »Danke, Charles! Rufen Sie bitte um ein Viertel vor drei zurück!« Er schaltete ab. »Da haben Sie Ihre Antwort, Ian. Ich kann dem Vorstand nicht mit gutem Gewissen empfehlen, Sie mit einem weiteren ungesicherten Hundertmillionenkredit zu sanieren.«
»Wollen Sie unverzüglich eine Vorstandssitzung einberufen oder nicht?«
»Ihr Kurs ist in den Keller gefallen. Montag oder Dienstag wird Gornt zurückkaufen und die Kontrolle über Struan’s haben.«
»Sie werden zulassen, daß Gornt uns übernimmt? Das nehme ich Ihnen nicht ab. Sie werden sich einkaufen, noch bevor er es tut. Oder haben Sie schon untereinander abgesprochen, sich Struan’s aufzuteilen?«
»Das habe ich nicht. Noch nicht. Aber wenn Sie jetzt sofort zurücktreten, sich schriftlich verpflichten, uns zu dem Montag bei Börsenschluß notierten Kurs so viel Aktien aus Ihrem eigenen Bestand zu verkaufen, wie wir wünschen, und sich einverstanden erklären, einen neuen, vom Vorstand vorgeschlagenen Tai-Pan zu bestimmen, dann werden wir bekanntgeben, daß wir Struan’s hundertprozentig unterstützen.«
»Wann würden Sie das bekanntgeben?«
»Montag um 3 Uhr.«
»Mit anderen Worten, Sie werden mir nichts geben.«
»Sie haben immer gesagt, das Beste an Hongkong sei, daß es ein freier Markt ist, wo die Starken überleben und die Schwachen zugrunde gehen. Warum haben Sie Sir Luis nicht dazu überredet, die Kursnotierung von Struan’s auszusetzen?«
»Er hat es mir vorgeschlagen. Ich habe es abgelehnt.«
»Warum?«
»Weil Struan’s so stark ist wie eh und je.«
»War der wahre Grund nicht vielleicht Ihr törichter Stolz? Tut mir leid, ich kann nichts tun, um das Unvermeidliche zu verhindern.«
»Quatsch!« brauste Dunross auf, und Havergill stieg das Blut ins Gesicht. »Sie können eine Sitzung einberufen. Sie …«
»Nein!«
Johnjohn versuchte, die Feindseligkeit zwischen den beiden Männern zu entschärfen. »Paul, ein Vorschlag zur Güte. Wenn wir durch Ians Vermittlung das Geld von den Chinesen bekommen, berufen Sie noch heute eine
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