Hongkong 02 - Noble House Hongkong
lachte. L’eung behielt seinen abweisenden Ausdruck bei. »Wenn weder Ihre Bank noch alte Freunde dem Noble House helfen«, fuhr Tiptop nach einer kleinen pause fort, »wie wollen Sie dann das Noble House bleiben?«
»Als mein Vorfahr, der Grünäugige Teufel, von seinen Feinden, Tyler Brock und seinem Gesindel, hart bedrängt wurde, stellte ihm der große und ehrenwerte Jin-qua die gleiche Frage. Dirk Struan lachte nur und antwortete: › Neng ehe to lao ‹ – ein tüchtiger Mann hat viele Bürden. Da ich tüchtiger bin als die meisten anderen, muß ich mehr schwitzen als die meisten anderen.«
Tip Tok-toh erwiderte sein Lächeln. »Und schwitzen Sie, Mr. Dunross?«
»Lassen Sie es mich so formulieren«, gab Dunross heiter zurück. »Ich versuche der Vierundachtzigsten auszuweichen. Wie Sie wissen, hat Buddha gesagt, alle Menschen hätten vierundachtzig Bürden. Wenn es uns gelingt, eine abzuwerfen, belasten wir uns automatisch mit einer anderen. Das Geheimnis des Lebens besteht darin, sich auf dreiundachtzig einzustellen und die vierundachtzigste zu vermeiden.«
»Haben Sie daran gedacht, einen Teil Ihres Konzerns abzugeben, vielleicht sogar 51 Prozent?«
»Nein, Mr. Tip. Der alte Grünäugige Teufel hat uns das verboten. Er wollte, daß wir schwitzen.«
»Wollen wir hoffen, daß Sie nicht allzu sehr schwitzen müssen.« Tiptop drückte seine Zigarette aus. »In schweren Zeiten wäre es vorteilhaft für die Bank of China, eine enge Verbindung mit Ihrem Bankensystem aufrechtzuerhalten. Dann würden diese Krisen nicht so kontinuierlich auftreten.«
Dunross ging sofort darauf ein. »Ich frage mich, ob die Bank of China willens wäre, einen ständigen Kontaktmann in die Victoria abzustellen und vice versa.« Er sah den Schatten eines Lächelns und begriff, daß er richtig getippt hatte. »Damit wäre eine peinlich genaue Überwachung jedweder Krise, aber auch Beistand für den Fall gewährleistet, daß Sie einer Unterstützung auf internationaler Ebene bedürfen sollten.«
»Der Vorsitzende Mao rät zur Selbsthilfe, und genau das tun wir auch. Aber Ihr Vorschlag könnte überlegenswert sein. Ich werde ihn gern weiterleiten.«
»Die Bank wäre Ihnen sicher verbunden, wenn Sie jemanden vorschlagen würden, der als Kontaktmann zu der großen Bank of China fungieren könnte.«
»Ich werde auch das gern weitergeben. Was meinen Sie: Könnte die Blacs oder die Victoria die nötigen Devisen für Mr. Ngs Importe vorschießen?«
»Ich zweifle nicht daran, daß sie entzückt sein würden, zu Diensten zu sein, die Victoria ganz sicher. Schließlich kann die Victoria auf mehr als hundert Jahre fruchtbarer Zusammenarbeit mit China zurückblicken. War Sie Ihnen nicht bei der Beschaffung eines Großteils Ihrer Auslandskredite behilflich?«
»Woran sie nicht schlecht verdient hat«, bemerkte Tiptop trocken.
»Ganz recht«, bestätigte Dunross. »Sie müssen uns Kapitalisten entschuldigen, Mr. Tip. Unsere einzige Rechtfertigung ist vielleicht der Umstand, daß viele von uns alte Freunde des Reichs der Mitte sind.«
In einem Dialekt, den Dunross nicht verstand, sprach L’eung kurz mit Tiptop, der zustimmend nickte. »Ich bitte Sie, mich jetzt zu entschuldigen, Mr. Dunross, aber ich muß mich jetzt einer medizinischen Behandlung unterziehen. Vielleicht rufen Sie mich nach dem Mittagessen an, sagen wir gegen halb drei?«
Dunross stand auf und streckte ihm die Hand entgegen. Er wußte nicht, ob seine Mission von Erfolg begleitet war; sicher war er nur, daß er sehr rasch in puncto Thoriumoxid tätig werden mußte, wenn möglich noch vor halb drei. »Ich danke Ihnen, daß Sie mich empfangen haben.«
»Wie steht es mit dem fünften Rennen?« fragte Tiptop, während er ihn zur Tür begleitete.
»Noble Star ist eine Wette wert.«
»Und Pilot Fish?«
Dunross lachte. »Der Hengst ist gut, aber nicht in derselben Klasse.«
Wieder sprach L’eung in dem Dialekt, den Dunross nicht verstand, und wieder nickte Tiptop zustimmend. Sogleich ging L’eung davon, ein Stück den Hang hinunter, wo auf einem Tennisplatz vier Personen, zwei Herren und zwei Damen, ein gemischtes Doppel austrugen.
»Ich möchte Sie gern mit einem Freund, einem neuen Freund, bekanntmachen, Mr. Dunross«, sagte Tiptop. »Er könnte in Zukunft vielleicht große Geschäfte mit Ihnen machen, wenn Sie wollen.«
Dunross sah die harten Augen, und seine gute Laune verflog. Der Chinese, der mit L’eung zurückkam, war gut gebaut, in ausgezeichneter
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