Hongkong 02 - Noble House Hongkong
Information von einer hochgestellten Persönlichkeit in der Regierung erhalten. »Wir wollen nur die Sicherheit haben, daß Sinders auch wirklich Sinders ist.«
»Mary McFee ist eine uns freundlich gesinnte Dame«, antwortete Sinders zögernd.
»Tut mir leid, das genügt mir nicht. Wie heißt sie mit ihrem richtigen Namen?«
Kreideweiß nahm Sinders Dunross am Arm und ging mit ihm ans Ende des Raumes. Er kehrte Crosse und dem Gouverneur den Rücken zu und hob seine Lippen an Dunross’ Ohr. »Anastasia Kekilova, Erste Sekretärin der tschechischen Botschaft in London«, flüsterte er.
Dunross nickte zufrieden, aber Sinders hielt seinen Arm fest und flüsterte noch leiser: »Vergessen Sie den Namen wieder! Sollte das KGB je Verdacht schöpfen, wird man Sie zum Reden bringen. Dann ist sie tot, Sie sind tot und ich bin tot.«
Dunross nickte. »Geht in Ordnung.«
Sinders holte tief Atem, drehte sich um und nickte Crosse zu. »Wollen wir die Sache jetzt hinter uns bringen, Oberinspektor? Exzellenz?«
Gespannt folgten sie ihm. Johnjohn wartete beim Aufzug. Drei Stockwerke tiefer befanden sich die Tresore. Zwei Polizeibeamte in Zivil standen in dem kleinen Gang vor den schweren Stahltoren. Johnjohn schloß sie auf, ließ alle bis auf die Wachen durch und schloß wieder ab. »Das ist hier in der Bank so üblich.«
»Hatten Sie hier schon einen Einbruch?« fragte Sinders.
»Nein. Aber die Japaner sprengten die Tore, als die Schlüssel, äh, verlorengingen.«
»Waren Sie auch da, Sir?«
»Nein, ich hatte Glück.« Nach der Kapitulation Hongkongs zu Weihnachten 1941 ordneten die Japaner die Liquidation der zwei großen britischen Banken, der Blacs und der Victoria, an. Die leitenden Beamten wurden gezwungen, sich an den Verfahren zu beteiligen. Die ganzen Jahre hindurch standen sie ständig unter stärkstem Druck. Man nötigte sie, ungesetzliche Zahlungsmittel auszugeben. Und dann hatte sich die Kampeitei, die gefürchtete und gehaßte Geheimpolizei, eingeschaltet. »Die Kampeitei exekutierte einige unserer Kollegen und machte den anderen das Leben zur Hölle«, erzählte Johnjohn. »Das übliche: nichts zu essen, Prügel, Entbehrungen, Einsperren in Käfige. Einige starben an Unterernährung – mit andern Worten, sie verhungerten.« Johnjohn schloß ein weiteres Gitter auf, hinter dem sich Reihen von Schließfächern in mehreren miteinander verbundenen Kellern befanden.
»Ian?«
Dunross holte seinen eigenen Schlüssel heraus. »Es sind die Nummern 15, 85 und 94.«
Johnjohn ging voran. Beunruhigt steckte er seinen Bankschlüssel in eines der Schlösser. Dunross tat das gleiche mit seinem. Beide Schlüssel drehten sich. Das Schloß sprang auf. Johnjohn nahm seinen Schlüssel wieder an sich. »Ich … ich warte vorn«, sagte er, froh, daß es vorbei war, und ging. Dunross zögerte. »Es sind auch noch andere Dinge da drin, private Papiere. Wenn Sie so freundlich wären?«
Crosse rührte sich nicht. »Tut mir leid, aber entweder Mr. Sinders oder ich sollten sicherstellen, daß uns alle Berichte übergeben werden.«
Dunross sah den Schweiß auf den Gesichtern der beiden Männer, und auch sein eigener Rücken war feucht. »Würden Eure Exzellenz so freundlich sein, mir zuzusehen?«
»Selbstverständlich.«
Widerstrebend zogen sich die beiden Männer zurück. Dunross wartete, bis sie sich weit genug entfernt hatten; dann öffnete er das Schließfach. Es war groß, und Sir Geoffreys Augen weiteten sich, denn außer den blau eingeschlagenen Akten war das Fach leer. Es waren acht Stück, die er stumm entgegennahm. Dunross klappte das Fach zu.
Die Hand ausgestreckt, kam Crosse auf sie zu. »Darf ich sie an mich nehmen, Sir?«
»Nein.«
Überrascht verhielt Crosse den Schritt. »Aber, Exz…«
»Der Minister hat eine Vorgehensweise festgelegt; unsere amerikanischen Freunde haben sie gebilligt, und ich habe ihr zugestimmt«, erklärte Sir Geoffrey. »Wir fahren jetzt alle in mein Büro. Dort werden zwei Fotokopien hergestellt. Eine für Mr. Sinders, eine für Mr. Rosemont.«
Dunross zuckte die Achseln. »Wenn es der Minister so haben will, soll es mir recht sein. Und bitte verbrennen Sie die Originale, Sir, sobald Sie die Fotokopien haben!«
Er beobachtete Crosse und glaubte den Ausdruck der Befriedigung auf seinen Zügen zu entdecken. »Wenn die Berichte etwas so Besonderes sind, ist es wohl besser, sie verschwinden – sofern sie nicht in die bewährten Hände der MI-6 und der CIA gelangen. Sind sie aber
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