Hongkong 02 - Noble House Hongkong
ausfällt? Auf Tom Wong kann ich mich nicht verlassen. Aber ich brauche den Sieg. Noble Star muß das Rennen machen!«
Travkin sah, wie Dunross Buccaneer nachdenklich betrachtete. »Nein, Tai-Pan, Sie dürfen Noble Star nicht reiten. Die Bahn ist schlecht, sehr schlecht, und sehr gefährlich, und wenn sie das Geläuf aufhacken, wird sie noch schlechter werden!«
»Von diesem Rennen könnte meine Zukunft abhängen – und das Gesicht von Noble House.«
»Ich weiß.« Ärgerlich schlug der knorrige alte Russe die Gerte, die er immer bei sich trug, gegen seine alte Reithose. »Und ich weiß, Sie sind besser als alle anderen Jockeys zusammen, aber die Bahn …«
»Heute verlasse ich mich auf keinen, Alexei. Ich kann mir keinen Fehler leisten.«
Dunross senkte seine Stimme. »Wissen Sie etwas von einer Schiebung im ersten Rennen?«
Travkin sah ihn freimütig an. »Die Pferde waren nicht gedopt, Tai-Pan. Meines Wissens nicht. Der Polizeiveterinär hat allen, die sich versucht fühlen könnten, die Hölle heiß gemacht. Aber mein Rennen war es nicht, Tai-Pan. Ich interessiere mich nur für meine Pferde und meine Rennen. Ich habe gar nicht hingeschaut. Hören Sie, Tai-Pan: Ich habe einen Jockey für Sie. Mich. Ich werde Noble Star reiten.«
Dunross kniff die Augen zusammen. Er richtete den Blick zum Himmel. Es war dunkler geworden. Es wird bald regnen, dachte er, und bis der Regen anfängt, gibt es noch viel zu tun. Ich oder Alexei? Alexeis Beine sind gut, seine Hände die besten, aber er denkt mehr an das Pferd als an den Sieg. »Ich werde es mir überlegen«, antwortete er. »Nach dem vierten Rennen entscheide ich mich.«
»Ich werde siegen«, versicherte ihm der alte Mann, der verzweifelt nach einer Möglichkeit suchte, sich aus seiner Abmachung mit Suslew herauszuwinden. »Ich werde siegen, und wenn ich Noble Star dabei draufgehen lassen müßte.«
»Das müssen Sie nicht, Alexei. Ich habe das Pferd recht gern.«
»Hören Sie, Tai-Pan, ob Sie mir vielleicht einen Gefallen tun könnten? Ich habe ein Problem. Kann ich Sie heute abend treffen, heute oder Sonntag oder Montag abend, sagen wir in Sinclair Towers?«
»Warum gerade dort?«
»Dort haben Sie mich unter Vertrag genommen. Ich würde gern dort mit Ihnen reden. Aber wenn es Ihnen nicht paßt, dann eben einen Tag später.«
»Wollen Sie kündigen?«
»Aber nein, das ist es nicht. Wenn Sie Zeit haben. Bitte.«
»Na schön, aber es geht weder heute noch Sonntag noch Montag. Ich fliege nach Taipeh. Es ginge Dienstag um zehn Uhr abends. Einverstanden?«
»Ja, ja, sehr gut, vielen Dank!«
Dunross ging zu den Aufzügen hinüber. Travkin war den Tränen nahe. Er empfand eine überwältigende Zuneigung für den Tai-Pan. Seine Augen suchten Suslew, der in der Nähe auf der Tribüne saß. Mit einer Handbewegung, die lässig erscheinen sollte, hielt er die verabredete Zahl von Fingern hoch: einen für heute abend, zwei für Sonntag, drei für Montag, vier für Dienstag. Er sah Suslew nicken. Matyeryebets, dachte er. Verräter an Mütterchen Rußland und allen Russen, du und alle deine KGB-Verbrecher! Ich verfluche dich im Namen Gottes, in meinem und im Namen aller Russen! Genug davon! Ich werde Noble Star reiten, so oder so.
Inmitten von noch mehr Glückwünschen und viel Neid betrat Dunross den Aufzug.
Oben warteten Gavallan und Jacques auf ihn. »Ist alles bereit?«
»Ja«, antwortete Gavallan. »Gornt ist da und auch die anderen, die du dabei haben wolltest. Was hast du vor?«
»Kommt mit, und ihr werdet es erleben! Übrigens, Andrew, ich tausche Jacques gegen David MacStruan aus. Jacques geht für ein Jahr nach Kanada und David …«
Jacques’ Miene erhellte sich. »O danke, Tai-Pan, danke! Ich werde dafür sorgen, daß Kanada viel Gewinn macht, das verspreche ich.«
»Ich freue mich schon, den alten David wiederzusehen«, sagte Gavallan nachdenklich. Er konnte David MacStruan gut leiden, fragte sich aber doch, was hinter dieser Rochade steckte und ob das bedeutete, daß Jacques im Hinblick auf das Amt des Tai-Pan aus dem Rennen und David an seine Stelle getreten war und ob sich seine eigene Position verändert hatte.
Joss, gab er sich selbst die Antwort. Es kommt, wie es kommen muß.
»Geht schon mal vor, ihr beiden«, sagte Dunross, »ich hole Philip.« Er betrat die Loge der Familie Tschen. Nach altem Brauch war der Comprador von Noble House automatisch auch Steward. Aber heute vielleicht zum letzten Mal, dachte Dunross grimmig. Wenn er bis
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