Hongkong 02 - Noble House Hongkong
Peter?«
»Aber ja!« Er blickte über den Platz. »Vor hundert Jahren war das alles ein malariaverseuchter Sumpf. Dirk ließ ihn trockenlegen.« Er paffte seine Zigarette. »Ich werde einmal über Hongkong schreiben.«
»Wenn Sie so weiterrauchen, werden Sie nie mehr etwas schreiben.«
»Da mögen Sie recht haben. Okay, ich höre auf. Für heute. Weil Sie so hübsch sind.«
Er drückte die Zigarette aus. »Ich könnte Ihnen Geschichten erzählen über die Leute, die Sie heute kennengelernt haben, aber ich tu’s nicht.« Sie lachte mit ihm und ließ ihre Blicke über die Tribüne schweifen. Unwillkürlich sperrte sie den Mund auf. Auf dem Mitgliederbalkon saß Orlanda und dicht neben ihr Linc. Selbst aus dieser Entfernung konnte man sehen, daß sie glücklich waren.
»Was ha…«, setzte Marlowe an, dann sah auch er sie. »Oh! Kein Grund zur Sorge!«
Nach einer Weile wandte sie die Augen ab. »Der Gefallen, Peter. Darf ich Sie jetzt um diesen Gefallen bitten?«
»Was soll das für ein Gefallen sein?«
»Ich möchte über Orlanda Bescheid wissen. Um Linc vor ihr zu schützen.«
»Vielleicht will er gar nicht geschützt werden.«
»Ich verspreche, daß ich nie von meinem Wissen Gebrauch machen werde, wenn es nicht unbedingt nötig ist.«
Marlowe seufzte. »Tut mir leid«, sagte er mit großem Mitgefühl, »aber nichts, was ich Ihnen erzählen könnte, würde Sie oder Linc schützen. Doch selbst, wenn ich kann, ich werde es nicht tun. Das wäre nicht fair, oder?«
»Nein, aber ich bitte Sie trotzdem. Ich bin gekommen, als Sie Hilfe brauchten. Jetzt brauche ich Ihre Hilfe. Bitte!«
Er sah sie lange an. »Was wissen Sie von ihr?«
Sie sagte ihm, was sie wußte – daß Gornt sie aushielt, von Macao, von ihrem Kind.
»Dann wissen Sie alles, was ich weiß, außer vielleicht, daß sie Ihnen leidtun sollte.«
»Leid?«
»Sie ist Eurasierin, und sie ist allein. Gornt ist ihr einziger Rückhalt – und ein sehr prekärer. Sie lebt auf des Messers Schneide. Sie ist jung, schön und verdient eine Zukunft. Hier gibt es keine für sie.«
»Außer Linc?«
»Außer Linc oder jemandem seiner Art. Und von seiner Warte aus gesehen wäre das vielleicht gar nicht so schlecht.«
»Weil sie Asiatin ist und ich nicht?«
»Weil sie eine Frau ist, und das sind Sie auch, aber Sie halten alle Trümpfe in der Hand, und eigentlich müssen Sie nur entscheiden, ob Sie diesen Krieg wirklich wollen oder nicht.«
»Seien Sie offen zu mir, ich bitte Sie! Was raten Sie mir? Ich habe einfach Angst. So, jetzt wissen Sie’s.«
»Na gut, aber das ist nicht die Gefälligkeit, die ich Ihnen schulde«, sagte er. »Gerüchten zufolge sind Sie und Linc kein Liebespaar, obwohl Sie ihn offensichtlich lieben. Gerüchten zufolge leben sie seit sechs oder sieben Jahren in unmittelbarer Nähe voneinander, aber ohne … körperlichen Kontakt. Er ist ein toller Mann, Sie sind eine tolle Frau, und Sie würden ein tolles Paar abgeben. Die Betonung liegt auf Paar . Vielleicht liegt Ihnen mehr an Geld und Macht und Par-Con als an ihm. Ich glaube nicht, daß Sie beides haben können. Entweder Sie entscheiden sich für Par-Con, Macht und Geld, oder Sie werden Mrs. Linc Bartlett und die liebende Gattin, die Orlanda ihm ganz ohne jeden Zweifel sein würde. Denn Sie müßten es zu hundert Prozent sein; Sie und Linc sind starke Charaktere und kennen einander zu gut, um sich täuschen zu lassen. Er ist schon einmal geschieden und wird auf der Hut sein. Und weil Sie über das Alter einer Julia hinaus sind, werden auch Sie auf der Hut sein.«
»Sind Sie auch Psychiater?«
Er lachte. »Nein, und auch kein Beichtvater. Ich weiß gern Bescheid über Menschen und höre ihnen gern zu, aber ich predige nicht und gebe keine Ratschläge – das ist das undankbarste Geschäft der Welt.«
»Es gibt also keinen Kompromiß?«
»Ich glaube nicht, aber ich bin nicht Sie. Sie haben Ihr eigenes Karma. Unabhängig von Orlanda – ist sie es nicht, ist es eine andere, eine bessere oder schlechtere, hübscher oder auch nicht, denn, wie immer Sie es sehen, Orlanda hat alles, was man braucht, um einen Mann glücklich und zufrieden zu machen und ihm das Gefühl zu geben, daß er ein Mann ist. Tut mir leid, ich wollte Sie nicht verletzen, aber Sie haben mich gefragt.«
Gavallan kam in Shiteh Ttschungs Loge gestürzt und eilte auf den Tai-Pan zu. »Guten Tag«, begrüßte er die alten Herrschaften höflich. »Tut mir leid, Tai-Pan, aber die Herren, die du sprechen
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