Hongkong 02 - Noble House Hongkong
und fragte sich, was sie wohl sagen würde, wenn er ihr ihren Spitznamen verriete – der ihm von vier verschiedenen chinesischen Freunden zugetragen worden war. »Ja, ja, die Damen hier, zumindest einige, ziehen alle Register. Sehen Sie da drüben – der Mann im Blazer. Er trägt einen grünen Hut, und das bedeutet hier, daß er ein Hahnrei ist, daß seine Frau einen Liebhaber hat – in seinem Fall einen chinesischen Freund von ihm.«
»Darum der grüne Hut?«
»Ja. Die Chinesen haben einen erstaunlichen Sinn für Humor. Vor einigen Monaten ließ er in einer chinesischen Zeitung eine Anzeige erscheinen, darin hieß es: ›Ich weiß, daß ich einen grünen Hut trage, aber zwei Söhne des Mannes, der mir die Hörner aufgesetzt hat, sind nicht von ihm.‹«
»Ist das wahr?«
Peter Marlowe zuckte die Achseln. »Das spielt keine Rolle. Das Selbstgefühl des anderen Mannes war gröblich verletzt, und seine Frau hatte auch nichts zu lachen.«
»Das war aber gar nicht fair.«
»Im Falle dieser Frau doch.«
»Was hat sie gemacht?«
»Sie bekam zwei weitere Söhne von einem anderen M … He, da kommt Dr. Tooley, er schaut nicht sehr glücklich drein.«
»Ich hoffe, Travkin geht es einigermaßen. Dr. Tooley war unten, um ihn zu untersuchen. Das war ein schrecklicher Sturz!«
»Ja, furchtbar!«
Beide hatten Tooleys bohrende Fragen über ihren Gesundheitszustand über sich ergehen lassen, denn sie wußten, daß das Damoklesschwert Typhus, Cholera und Leberentzündung immer noch über ihren Häuptern schwebte.
»Joss«, hatte Peter Marlowe die Sache abgetan.
»Joss«, hatte sie ihm nachgesprochen, bemüht, sich wegen Linc keine Sorgen zu machen. Dr. Tooley hatte gesagt: Hepatitis kann ein chronisches Leberleiden hervorrufen und zum Leberzerfall führen.
»Die Menschen scheinen hier interessanter zu sein«, bemerkte Casey nach einer kleinen Pause. »Ist das der Einfluß Asiens?«
»Wahrscheinlich. Die Sitten und Gebräuche sind so andersartig. Für mich ist Asien der Mittelpunkt der Welt und Hongkong der Kern.« Peter Marlowe winkte einem Mann in einer anderen Loge zu, der Casey zugewinkt hatte. »Noch ein Bewunderer von Ihnen.«
»Lando Mata? Er ist ein faszinierender Mann.«
Casey hatte sich in den Pausen zwischen den Rennen mit ihm unterhalten.
»Sie müssen nach Macao kommen, Miss Tcholok. Vielleicht können wir morgen zu Abend essen. Würde Ihnen halb acht passen?« Mata hatte sich mit seinem weltmännischen Charme an sie herangemacht, und Casey war sich über die Botschaft keinen Augenblick im unklaren gewesen.
Beim Lunch hatte Dunross sie diskret vor ihm gewarnt. »Eine quai loh, noch dazu eine so hübsche wie Sie, sollte sich darüber im klaren sein, daß Großjährigkeit allein unter Umständen nicht genug ist.«
»Kapiert, Tai-Pan«, hatte sie ihm lächelnd gedankt. Doch an diesem Nachmittag, im Schutz der Struan’s-Loge, ließ sie sich von Mata bezaubern. »Hängt davon ab, Mr. Mata«, hatte sie geantwortet. »Ich nehme Ihre Einladung zum Dinner gern an, aber es hängt davon ab, wann ich von der Bootsfahrt zurückkomme.«
»Mit wem fahren Sie, mit dem Tai-Pan?«
»Mit Freunden.«
»Ach ja. Nun, wenn nicht Sonntag, dann vielleicht Montag. Es gibt eine Anzahl von geschäftlichen Möglichkeiten, hier oder in Macao, für Sie oder Mr. Bartlett, wenn Sie es wünschen, oder Par-Con. Darf ich Sie morgen um sieben anrufen, um zu erfahren, ob Sie Zeit haben?«
Ich werde mit ihm fertig, so oder so, sprach sie sich Mut zu, aber auf den Wein muß ich aufpassen – man könnte ja etwas hineingetan haben.
»Sagen Sie mal, Peter, die Männer hier, die Schürzenjäger, sind die auch mit der Methode vertraut, einem Mädchen etwas ins Glas zu schütten?«
Er kniff die Augen zusammen. »Sie meinen Mata?«
»Nein, nur so im allgemeinen.«
»Daß ein Chinese oder ein Eurasier das mit einer quai loh machen würde, bezweifle ich – wenn Sie das wissen wollen.« Er runzelte die Stirn. »Trotzdem sollten Sie vorsichtig sein. Grob gesagt, würden Sie natürlich auf ihren Listen ganz oben stehen. Sie haben alles, um solche Typen in orgiastisches Entzücken zu versetzen.«
»Vielen Dank!« Erfreut über das Kompliment, beugte sie sich über die Brüstung. Ich wollte, Linc wäre da. Nur Geduld! »Wer ist denn das«, fragte sie, »dieser alte Mann mit dem jungen Mädchen? Unten auf dem ersten Balkon. Sehen Sie doch, er hat die Hand auf ihrem Po!«
»Ach, das ist einer unserer modernen Piraten – Vierfinger
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