Hongkong 02 - Noble House Hongkong
erkannt und bekam einen unauffälligen Tisch nahe der Bar. Während Sinders Drinks und Kaffee bestellte, beorderte Crosse telefonisch zwei Beamte – einen Briten und einen Chinesen – ins Restaurant.
Kurz vor eins traf Dunross ein, und Crosse und Sinders beobachteten, wie er vom Empfangschef und einem Schwarm von Kellnern zum besten Tisch geleitet wurde.
Der Champagner stand schon in einem Eiskübel bereit.
»Unser Freund hält die Leute ganz schön auf Trab, he?«
»Würden Sie das an seiner Stelle nicht auch tun?« Crosse sah sich im Saal um. »Da ist ja Rosemont. Zufall?«
»Was meinen Sie?«
»Und sehen Sie nur dort drüben! Das ist Vincenzo Banastasio. Der Chinese an seinem Tisch ist Vee Cee Ng. Vielleicht beschattet er die beiden.«
»Vielleicht.«
»Rosemont ist tüchtig«, sagte Crosse. »Bartlett war auch bei ihm.« Armstrong hatte ihm über Bartletts Auseinandersetzung mit Banastasio berichtet. »Übrigens hat er für Montag einen Hubschrauber für einen Flug nach Macao gechartert.«
»Den sollten wir streichen.«
»Ist schon geschehen. Motorschaden.«
»Gut. Nachdem Bartlett uns über sein Gespräch mit Banastasio informiert hat, scheidet er wohl als Verdächtiger aus, nicht wahr?«
»Vielleicht.«
»Ich glaube immer noch, ich sollte Montag zurückfliegen. Ja. – Mann, ist das eine flotte Biene!«
Das Mädchen folgte dem Empfangschef. Beide Männer waren überrascht, als sie vor Dunross stehenblieb, lächelte, sich verneigte und sich dann setzte.
»Jesus! Mrs. Gresserhoff ist Chinesin«, stieß Sinders hervor. Crosse konzentrierte sich auf ihre Lippen. »Keine Chinesin wird sich so verbeugen. Sie ist Japanerin. Aber vielleicht erwartet Dunross noch einen anderen Gast. Vielleicht … Oh, verd…«
»Was ist denn?«
»Sie sprechen nicht Englisch. Muß Japanisch sein.«
»Dunross spricht Japsisch?«
Crosse sah ihn an. »Ja, Japanisch. Und Deutsch, Französisch, drei chinesische Dialekte und ein annehmbares Italienisch.«
Sinders erwiderte seinen Blick. »Sie brauchen mich nicht so mißbilligend anzusehen. Auf der HMS Prince of Wales habe ich einen Sohn verloren, und mein Bruder ist auf der Birma-Straße verhungert. Trotzdem ist die Dame eine flotte Biene.«
»Womit Sie ein gewisses Maß an Toleranz erkennen lassen.« Crosse richtete seine Augen wieder auf Dunross und seine Begleiterin.
»Sie haben Ihren Krieg in Europa geführt, nicht wahr?«
»Mein Krieg, Mr. Sinders, höret nimmer auf.« Crosse lächelte, angetan vom Klang seiner Worte. »Für mich ist der Zweite Weltkrieg schon Geschichte. Tut mir leid wegen Ihrer Familie, aber jetzt sind die Japaner unsere Verbündeten, die einzigen, die wir in Asien haben.«
Sie warteten eine halbe Stunde. »Sie muß die Gresserhoff sein«, meinte Sinders.
Crosse nickte. »Wollen wir gehen? Es hat keinen Sinn, noch länger zu warten.«
Sie verließen das Restaurant. Die beiden herbeigerufenen Beamten blieben, warteten geduldig und beneideten Dunross wie viele andere im Saal …
»Werden Sie fliegen?« Sie schaute ihn fragend an.
»Nach Japan, Rikosan? Aber ja! Übernächste Woche. Wir übernehmen einen neuen Supertanker von Toda Shipping. Haben Sie gestern mit Hiro Toda geplaudert?«
»Ja, ja, ich hatte die Ehre. Die Todas sind in Japan sehr bekannt. Bis zur Meiji-Restauration, nach der die Samurai ihre Privilegien einbüßten, diente meine Familie den Todas.«
»Waren Ihre Familienangehörigen Samurai?«
»Ja, aber eines niedrigen Grades. Ich habe ihm gegenüber nichts von meiner Familie erwähnt. Ich möchte nicht, daß er es weiß.«
»Wie Sie wünschen«, sagte er; sein Interesse war geweckt. »Hiro Toda ist ein interessanter Mann.«
»Toda- sama ist sehr klug, sehr einflußreich, sehr bekannt. Doch auch Struan’s ist in Japan bekannt.«
»Aber nicht wirklich.«
»Doch. Wir haben Prinz Yoshi nicht vergessen.«
Als Commodore Perry 1854 den Shogun Yoshimitsu Tokugawa zwang, Japan für den Handel zu erschließen, war »die Hexe«, von ihrem Vater und Feind Tyler Brock verfolgt, von Hongkong nach Norden gesegelt. Ihren Bemühungen war es zu danken, daß Struan’s als erste ausländische Gesellschaft in Japan Fuß faßte, Land für eine Niederlassung erwarb und Handel trieb. In den ersten Jahren lernte sie einen jungen Prinzen kennen, einen Verwandten des Kaisers und Vetter des Shogun, ohne dessen Wissen und Einverständnis in Japan nichts lief. Auf ihren Vorschlag hin und mit ihrer Hilfe fuhr der Prinz mit einem
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