Hongkong 02 - Noble House Hongkong
Erregtheit mischten sich mit ihrer Wut, ihrer Angst und ihrem Verlangen.
Er lockerte seinen Griff. Sofort ging sie zum Angriff über. Trotz ihres Verlangens war sie zum Kampf entschlossen. Sein Griff verstärkte sich wieder. Sie fühlte sich erdrückt, wollte überwältigt werden, wollte es nicht. Seine Lenden waren hart, das Bett weich. Und dann, so plötzlich, wie er begonnen hatte, gab er sie frei und rollte lachend zur Seite. »Wie wär’s mit einem Drink?« fragte er ohne Groll.
Sie rang nach Atem. »Sie gemeiner Kerl! Der Teufel soll Sie holen!«
Seine Stimme klang beherrscht und ein wenig spöttisch. »Das wird er noch früh genug tun.«
Wütend, daß er so ruhig sein konnte und sie selbst nicht, stürzte sie sich auf ihn, um ihm ihre Nägel ins Gesicht zu krallen. Mühelos packte er ihre Hände und hielt sie fest. »Beruhigen Sie sich, Ciranoush«, sagte er freundlich. »Vergessen Sie nicht, daß wir beide über einundzwanzig sind, daß ich Sie schon fast nackt gesehen habe und daß, wenn ich Sie wirklich vergewaltigen wollte, es ein ungleicher Kampf sein würde. Sie könnten sich die Seele aus dem Leib schreien, und meine Leute würden nichts hören.«
»Sie verd…«
»Stop!« Gornt fuhr fort zu lächeln, aber sie witterte Gefahr und verstummte.
»Mit dem Gebalge wollte ich Sie nicht erschrecken, nur amüsieren«, sagte er sanft.
»Es war ein Schelmenstück, nichts weiter. Ehrlich.« Wieder gab er sie frei, und, immer noch schwer atmend, kletterte sie vom Bett herunter.
Zornig ging sie zum Spiegel, um ihr Haar zu richten, sah im Spiegel, wie er lässig auf dem Bett lag und sie beobachtete, und wirbelte herum. »Ein richtiger Bastard sind Sie!«
Gornt stimmte ein dröhnendes, homerisches, ansteckendes Gelächter an, und als ihr das Läppische der Situation zum Bewußtsein kam, mußte auch sie lachen. Sekunden später bogen sich beide vor Lachen, er ausgestreckt auf dem Bett, sie am Toilettentisch.
Wie gute Freunde tranken sie dann an Deck Champagner, der in einem silbernen Eiskübel bereitstand und ihnen von einem schweigsamen Steward serviert wurde.
In Kowloon, auf dem Pier, küßte sie ihn noch einmal. »Danke für einen wunderschönen Tag! Auf Dienstag, wenn nicht früher!« Sie winkte dem Schiff lange nach, bevor sie eilig ins Hotel zurückkehrte.
Auch Augenglas Wu eilte heimwärts. Er war müde, bedrückt und mit Sorge erfüllt.
Der Aufstieg durch das Labyrinth von Baracken und Hütten in der Siedlung hoch über Aberdeen war beschwerlich, rutschig und gefährlich. Er atmete schwer. Da der Abfluß der Entwässerungsgräben durch Schlamm und Geröll verstopft war, quoll das Wasser an vielen Stellen über, hatte viele Wohnstätten weggeschwemmt und schwere Zerstörungen verursacht. Er machte einen Umweg um die tiefe Rutschung, wo Fünfte Nichte vorgestern beinahe den Tod gefunden hätte. Neue Erdrutsche hatten in dieser Gegend hundert und mehr Hütten zerstört.
Der Süßwarenstand war verschwunden und mit ihm die alte Frau, die hier verkauft hatte. »Wo ist sie?« fragte er.
Der Fledderer zuckte die Achseln und suchte weiter nach gutem Holz, Karton oder Wellblech.
»Wie schaut es oben aus?«
»So wie unten«, antwortete der Mann. »Teils gut, teils schlecht. Joss.«
Wu dankte ihm. Er war barfuß und trug die Schuhe in der Hand, um sie zu schonen.
Jetzt stieg er aus dem Wassergraben und keuchte den Pfad empor, der sich nach oben schlängelte. Als der Rundfunk abermals über katastrophale Erdrutsche in dieser Gegend berichtete, hatte Armstrong ihm erlaubt, heimzugehen und Nachschau zu halten. »Aber kommen Sie zurück, so schnell Sie können! Für sieben Uhr ist wieder eine Befragung angesetzt.«
»Natürlich komme ich zurück«, murmelte er laut vor sich hin.
Die Verhöre waren sehr ermüdend gewesen, hatten ihm aber viel Lob von Armstrong und dem Chef des SI eingetragen. Seine Versetzung zum SI war jetzt sicher.
Er hatte nur wenig geschlafen. Teils weil die Befragungen in keiner Beziehung zu Tag und Nacht standen, teils weil er sich bewähren wollte. Der Kunde wechselte ununterbrochen von Englisch zum Ningtok-Dialekt und weiter zu Kantonesisch und wieder zurück. Es war nicht leicht, seinen weitschweifigen Reden zu folgen. Aber wenn seine Finger das wunderbare Bündel Geldscheine in seiner Tasche berührten, seinen Gewinn beim Rennen, ergriff eine unbeschwerte Zuversicht von ihm Besitz und half ihm über die schweren Stunden hinweg. Wieder berührte er das Geld und dankte den
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