Hongkong 02 - Noble House Hongkong
verständnisvoll sein, wenn seine Kräfte nachlassen, denn dann wird er ja schon viel älter und nicht mehr so aktiv sein. Und wenn ihn die erste nicht mehr reizt, werde ich eine andere für ihn finden; gemeinsam werden wir unser Leben zu Ende leben, Yang und Yin, das Yin stets das Yang beherrschend! Ja, ich werde taitai sein.
Eines Tages wird er nach Portugal fahren wollen, um meine Tochter zu sehen. Das erste Mal werde ich mich weigern, und das zweite und dritte Mal auch, und dann werden wir fahren – wenn ich meinen Sohn im Arm halte! Dann wird er sie sehen und sie liebgewinnen, und dieses Schreckgespenst wird seine Schrecken für immer verloren haben.
Orlanda seufzte wohlig. Sie fühlte sich herrlich, schwerelos, mit seinem Kopf an ihrer Brust. Einander zu lieben, ohne Vorsichtsmaßregeln zu treffen, ist viel, viel schöner, dachte sie. Es ist so wunderbar, wenn man weiß, man ist jung und fruchtbar und bereit, ein neues Leben hervorzubringen.
Aber war das klug von dir? Nimm an, er verläßt dich. Das einzige Mal in deinem Leben, wo du dich bewußt nicht geschützt hast, das war in jenem Monat mit Quillan.
Aber du hattest die Erlaubnis. Diesmal hast du keine.
Nimm an, Linc verläßt dich. Nimm an, er wird wütend und verlangt, daß du das Kind abtreiben läßt!
Das wird er nicht, sagte sie sich, und ihr Vertrauen war ungetrübt. Linc ist nicht Quillan. Du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Überhaupt keine. Heilige Muttergottes, hilf mir! Helft mir, ihr Götter! Laßt seinen Samen aufgehen. Ich bitte euch von ganzem Herzen.
Bartlett bewegte sich und schlug die Augen auf. »Orlanda?«
»Ja, mein Liebling, ich bin da. Was bist du doch für ein wunderbarer Mann!« Beglückt umfing sie ihn. Wie gut, daß sie ihrer amah den Tag und die Nacht freigegeben hatte. »Schlaf weiter, wir haben unendlich viel Zeit!«
»Ja, aber …«
»Schlaf! In einer kleinen Weile werde ich etwas zu essen …«
»Vielleicht möchtest du …«
»Schlaf, Liebster, es ist alles vorbereitet!«
9
19.30 Uhr:
Drei Stockwerke tiefer, auf der anderen Seite des Wohnblocks, gegenüber der Berglehne, saß Vierfinger Wu, die Schuhe ausgezogen, die Krawatte gelockert, in einen Lehnsessel hingelümmelt in Venus Poons Apartment vor ihrem Fernseher. Die alte amah hockte auf einem harten Stuhl neben ihm, und beide wieherten über die Späße von Laurel und Hardy.
» Iiiiii , der Dicke wird mit seinem Scheißfuß hängenbleiben«, kicherte er, »und …«
»Und der Dünne wird ihm das Brett über den Schädel hauen! Iiiiiii ! «
Sie lachten über die Darbietungen, die sie schon Hunderte von Malen gesehen hatten. Dann endete der Film, und Venus Poon erschien, um das nächste Programm anzusagen. Vierfinger seufzte. Sie sah ihm direkt in die Augen, und so wie jeder andere männliche Zuschauer war er ganz sicher, daß ihr Lächeln nur ihm allein galt. Er verstand ihr Englisch nicht und verstand sie doch recht gut. Seine Augen hafteten an ihren Brüsten, die ihn immer wieder fasziniert hatten.
»Ich gebe es dir schriftlich, deine Titten sind makellos und ganz sicher die größten und schönsten, die ich je berührt habe«, hatte er in der vorigen Nacht, noch auf ihr reitend, begeistert ausgerufen.
»Du sagst das nur, um deiner verarmten Tochter eine kleine Freude zu machen.«
»Verarmt? Daß ich nicht lache! Hat Bankier Kwang dir nicht gestern diesen fiesen Pelz geschenkt? Und wie ich höre, hat er deinen Monatswechsel um 1.000 erhöht! Und ich, habe ich dir nicht gesagt, wer das erste, dritte und fünfte Rennen gewinnen wird? 30.000 hat dir das eingebracht!«
»Na wenn schon! Die 30.000 sind doch gar nicht der Rede wert. Ich muß für meine Garderobe aufkommen. Jeden Tag ein neues Kleid! Mein Publikum verlangt das. Ich muß an mein Publikum denken.«
Sie hatten hin und her geredet, bis er den Augenblick der Wahrheit näherkommen fühlte und sie bat, ihr Hinterteil kraftvoller zu bewegen … So begeistert war sie seinem Ersuchen nachgekommen, daß er als leere Hülse zurückblieb. » Ayeeyah, du kleines Hürchen«, stieß er hervor, als er endlich wie durch ein Wunder aus der großen Leere zurückgekehrt war, »wenn du das noch einmal schaffst, bekommst du einen Brillantring. Nein – nicht jetzt, um aller Götter willen! Bin ich ein Gott? Nicht jetzt und auch nicht morgen, erst übermorgen …«
Und jetzt war dieses Übermorgen. Im Geist sah er sie schon die Fernsehstation verlassen und auf den wartenden Rolls zueilen; sicher
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