Hongkong 02 - Noble House Hongkong
erzählt … ich hielt es für besser. Reg dich nicht auf, Ian! Das ist mindestens vier Jahre her. Ich antwortete ihm, daß es noch zu früh sei. Adryon sei ja erst vierzehn, aber wenn sie erst mal einundzwanzig werde, dann ganz bestimmt …«
»Heiliger Strohsack! Er hat dich gefragt, ob er …«
»Er hat wenigstens gefragt, Ian. Das war doch schon was.« Sie stand auf und schenkte beide Gläser nach. »Dein Leidensweg dauert nur noch zehn Jahre – dann kommen die Enkelkinder. Alles Schöne und Gute zum Hochzeitstag!« Sie stieß mit ihm an, trank und lächelte.
»Du hast recht«, sagte er, erwiderte ihr Lächeln und fand sie besonders liebenswert.
So viele gute Jahre! Ich hatte Glück, dachte er, an jenem ersten Tag seligen Angedenkens. Es geschah auf dem RAF-Stützpunkt Biggin Hill, an einem warmen, sonnigen Augustmorgen 1940 während der Luftschlacht um England, und sie war eine der seit kurzem dort stationierten WAAFs. Für ihn war es der erste Kriegstag, sein dritter Einsatz an diesem Tag und sein erster Abschuß. Seine Spitfire war von Kugeln durchsiebt, die Tragfläche zum Teil abgetrennt, das Höhenleitwerk verklemmt.
Nach allen Regeln des Joss sollte er tot sein, war es aber nicht. Tot war der Pilot der Messerschmitt, er aber wohlbehalten und in Sicherheit, trunken vor Angst, Scham und Erleichterung, weil er zurückgekehrt war.
»Guten Tag, Sir«, hatte Penelope Grey ihn begrüßt, »willkommen daheim! Hier.«
Sie hatte ihm eine Tasse heißen süßen Tee gereicht und nichts weiter gesagt, nur gelächelt und ihm Zeit gelassen, aus dem Himmel des Todes ins Leben zurückzukehren. Er hatte ihr nicht einmal gedankt, nur den Tee getrunken. Es war der beste Tee, den er je getrunken hatte.
»Ich habe eine Messerschmitt erledigt«, hatte er gesagt, als er wieder reden konnte; seine Stimme zitterte wie seine Knie. Er konnte sich nicht erinnern, sein Gurtzeug abgeschnallt zu haben, aus dem Cockpit geklettert und zusammen mit den anderen Überlebenden auf den LKW gestiegen zu sein. »Es war eine 109.«
»Ja, Sir, Squadron Leader Miller hat den Abschuß bereits bestätigt, und er sagt, Sie mögen sich bereit halten, Sie werden jeden Augenblick wieder los müssen. Diesmal sollen Sie Poppa Mike Kolo mitnehmen. Oh, wie wünschte ich mir, ich könnte mit Ihnen fliegen und mithelfen, diese Monster zu töten …«
Aber es waren keine Monster, dachte er, zumindest der erste Pilot, den er abgeschossen hatte, war keines – ein junger Mann wie er selbst, vielleicht gleichaltrig – der brennend, einer flammenden Fackel gleich, in die Tiefe gestürzt war.
»Ist Tommy zurückgekommen, Tom Lane?«
»Nein, Sir, tut mir leid, Sir. Er … Der Squadron Leader hat gesagt, Lane sei über Dover abgeschossen worden.«
»Ich habe schreckliche Angst, in einer brennenden Maschine abzustürzen«, hatte er ihr gestanden.
»Das wird Ihnen nicht passieren, Sir, Ihnen nicht. Sie wird man nicht abschießen.
Ich weiß es. Sie nicht, Sir, nein, Sie nicht.« Sie war noch nicht achtzehn, dieses Mädchen mit den blaßblauen Augen, dem blonden Haar und dem hellen Gesicht, aber stark, sehr stark und sehr sicher.
Er hatte ihr geglaubt, und ihre Zuversicht war ihm durch weitere vier an Einsätzen überreiche Monate und noch mehr Abschüsse eine Stütze gewesen. Und doch hatte sie sich geirrt: Er blieb zwar am Leben, wurde aber später doch vom Himmel gepustet und erlitt dabei leichtere Verbrennungen. Als er dann, für immer mit Flugverbot belegt, aus dem Lazarett kam, hatten sie geheiratet.
»Mir ist, als wäre es gestern gewesen«, sagte er.
Die Tür ging auf. Penelope seufzte, als Ah Tat, kantonesisch schwatzend, als ob sie Brabbelwasser getrunken hätte, ins Zimmer marschiert kam. » Ayeeyah, mein Sohn, du bist ja noch nicht fertig angezogen; unsere verehrten Gäste werden jeden Augenblick eintreffen, und deine Schleife ist noch nicht gebunden, und dieser mutterlose Fremde aus Nord-Kwantung, der unnötigerweise in unser Haus gebracht wurde, um heute abend zu kochen … dieser übelriechende Abkömmling einer Ein-Dollar-Hure aus Nord-Kwantung bildet sich ein, ein Koch zu sein … Ha! … Dieser Mann und seine ebenso verachtenswerten Gehilfen beschmutzen unsere Küche und rauben uns den Frieden. Oh ko «, fuhr die runzelige kleine Greisin ohne Atem zu holen fort, während ihre krallenartigen Finger automatisch hinauflangten und ihm geschickt die Schleife banden. »Doch das ist noch nicht alles! Tochter Nummer Zwei will einfach
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