Honig
sich mit ihm in London?«
»Meistens in Brighton. Am Wochenende. Hören Sie, er weiß von nichts. Er hat mich nicht im Verdacht.«
»Ach wirklich.« Wieder dieses tonlose Nuscheln.
»Und selbst wenn, würde er der Presse kaum davon erzählen wollen.«
Sie beobachteten mich, lauerten darauf, dass ich mehr sagte. Ich wusste, sie hielten mich für dumm, und allmählich fühlte ich mich auch so.
Tapp sagte: »Ihnen ist klar, dass Sie in ernsthaften Schwierigkeiten stecken?«
Eine angemessene Frage. Ich nickte.
»Erklären Sie mir, warum.«
»Weil Sie meinen, ich könne den Mund nicht halten.«
»Sagen wir, wir haben Vorbehalte, was Ihre Professionalität angeht«, erwiderte Tapp.
Peter Nutting schlug eine Mappe auf seinem Schoß auf. »In Ihrem Bericht an Max haben Sie die Empfehlung abgegeben, dass wir ihn nehmen sollen.«
»Ja.«
»Als Sie das geschrieben haben, waren Sie bereits Haleys Geliebte.«
»Das stimmt nicht.«
»Aber er hat Ihnen gefallen.«
»Nein. Das kam erst später.«
[410] Nutting ließ mich sein Profil betrachten, während er nach einer anderen Möglichkeit suchte, mich als eigennützig hinzustellen. Schließlich sagte er: »Wir haben diesen Mann auf Ihr Wort hin in das Programm aufgenommen.«
Meiner Erinnerung nach hatten sie mir Haley präsentiert und mir das Dossier in die Hand gedrückt. Ich sagte: »Ich hatte Haley noch nie gesehen, da hat Max mich beauftragt, nach Brighton zu fahren und ihn anzuheuern. Soweit ich weiß, waren wir zeitlich im Rückstand.« Ich hätte auch sagen können, dass Tapp und Nutting die Verzögerung verursacht hatten. Nach einer Pause fügte ich hinzu: »Aber ich hätte ihn auf jeden Fall genommen, wenn die Entscheidung bei mir gelegen hätte.«
Max sah auf. »Das stimmt sogar. Ich fand ihn auf dem Papier gut genug, habe mich jedoch offensichtlich getäuscht. Wir brauchten dringend einen Romanautor. Aber mein Eindruck war, dass sie von Anfang an ein Auge auf ihn geworfen hatte.«
Es regte mich auf, wie er von mir in der dritten Person sprach. Aber dasselbe hatte ich bei ihm gerade auch getan.
»So war’s nicht«, sagte ich. »Ich mochte seine Erzählungen, und das machte es, als ich ihn dann kennenlernte, leichter, auch den Mann zu mögen.«
Nutting sagte: »Mir scheint, wir sind uns alle mehr oder weniger einig.«
Ich versuchte, mich nicht in die Defensive drängen zu lassen. »Er ist ein brillanter Schriftsteller. Ich sehe keinen Grund, warum wir nicht stolz darauf sein sollten, ihn zu unterstützen. Auch öffentlich.«
»Wir müssen uns von ihm trennen«, sagte Tapp. »Es geht [411] nicht anders. Das ganze Programm könnte in Mitleidenschaft gezogen werden. Und dieser Roman, aus Cornwall oder wie er schon wieder heißt –«
»Völliger Quatsch«, sagte Peter Nutting und schüttelte verwundert den Kopf. »Innere Widersprüche des Kapitalismus bringen die Zivilisation zu Fall. Na, großartig.«
»Mir hat es gar nicht gefallen, muss ich sagen.« Max sprach mit dem Eifer des Klassenstrebers. »Unglaublich, dass er diesen Preis bekommen hat.«
»Er schreibt schon an einem neuen Roman«, sagte ich. »Klingt sehr vielversprechend.«
»Nein, danke«, sagte Tapp. »Er ist draußen.«
Der kleine Herr erhob sich mit einem unwilligen Seufzer und ging zur Tür. »Ich möchte keine Zeitungsartikel mehr sehen. Heute Abend spreche ich mit dem Chefredakteur des Guardian. Sie kümmern sich um den Rest. Bis Mittag will ich den Bericht auf meinem Schreibtisch haben.«
Als er weg war, sagte Nutting: »Damit sind Sie gemeint, Max. Setzen Sie uns auf die Verteilerliste. Und fangen Sie am besten gleich an. Harry, die Redakteure teilen wir uns auf wie gehabt.«
»Hinweis auf nationale Sicherheitsinteressen?«
»Zu spät, wir wollen uns doch nicht zum Affen machen. Und jetzt…«
Sein »Und jetzt« war an mich gerichtet, aber wir warteten zuerst, bis Max weg war. Der drehte sich im letzten Moment um und suchte nochmals meinen Blick, ehe er rückwärts durch die Tür entschwand. In seiner leeren Miene glaubte ich so etwas wie Triumph zu lesen, aber vielleicht täuschte ich mich.
[412] Während seine Schritte im Korridor verklangen, fuhr Nutting fort: »Man munkelt hier – und Sie haben jetzt Gelegenheit, das richtigzustellen –, Sie seien der Grund, dass seine Verlobung in die Brüche gegangen ist. Und dass Sie uns überhaupt, hübsch wie Sie sind, mehr Ärger einbringen, als dass Sie uns nützen.«
Dazu fiel mir nichts ein. Tapp, der eine Zigarette nach der
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